Guten Morgen! Es ist Dezember, das erste Türchen geht auf, für zwei Teams die WM-Tür dafür heute zu.
Die Szene des Vortages
Man kann sich schlechter aus einer WM verabschieden als Luis Chávez. Sein Freistoß zum 2:0 der Mexikaner gegen Saudi-Arabien war eines der schönsten Turniertore. Und es machte Hoffnung: Mexiko, vor dem Spieltag Gruppenletzter, war plötzlich ganz nah dran am Achtelfinale, nur ein weiteres Törchen wäre nötig gewesen, um die punktgleichen Polen zu überflügeln. Mexiko traf auch noch zweimal, allerdings aus dem Abseits. Im Achtelfinale steht nun Polen mit Robert Lewandowski. Und Chávez scheidet vorzeitig aus. Das hätte es in Venezuela nicht gegeben.
Kroatien gegen Belgien. Rund ein Jahrzehnt lang nannten Fußballfans vor jedem großen Turnier eine dieser beiden Mannschaften als möglichen Überraschungssieger, und Kommentatoren, die bei einer Belgien-Übertragung nicht zehnmal “goldene Generation” sagten, wurde vermutlich das Gehalt gekürzt. Mittlerweile ist das Edelmetall ganz schön angelaufen. Oder wie Belgiens bester Kicker Kevin de Bruyne es formulierte: “Keine Chance, wir sind zu alt.” Schön anzuschauen wird das Spiel dennoch sein, wie ein Besuch im Antiquitätenladen.
Stéphanie Frappart oder "der Beweis, dass die Qualität und nicht das Geschlecht zählt". So kommentiert der Fifa-Schiedsrichterboss Pierluigi Collina die Tatsache, dass Frappart heute als erste Frau ein Spiel der Männer-WM leiten wird. Bei Deutschland gegen Costa Rica kann sie gleich über Wohl und Wehe der DFB-Elf richten. Wobei Flicks Mannschaft ja vor allem selbst in den Beinen hat, wie es für sie weitergeht: Ein 2:0-Sieg reicht, solange Spanien nicht gewinnt. Um ganz, ganz sicher weiterzukommen, bräuchte es allerdings ein 8:0. Fragt sich, wer die ganzen Tore schießen soll. Kai Havertz war zuletzt erkältet, Thomas Müller harmlos und Niclas Füllkrug wollen wir mal nicht überfordern. Aber wenn das Geschlecht nicht zählt, könnte Flick ja noch schnell Alexandra Popp nachnominieren.
Eine LAN-Party feiern! Wissen Sie noch, das waren diese Veranstaltungen, bei denen sich ungeduschte junge Männer um einen Internetanschluss und einen Kabelsalat versammelten, um gemeinsam Videospiele zu spielen. Durch das kabellose Internet wirken derlei Events heutzutage zwar etwas anachronistisch, für einen WM-Boykott eignen sie sich aber hervorragend. Der Kern des Rudelzockens ist schließlich der gleiche wie beim Rudelgucken: gemeinsam auf einen Bildschirm starren. Und der zentrale Unterschied zwischen Fifa-WM und Fifa 23 ist mittlerweile doch, dass man bei Letzterem das bessere Gewissen hat. Es geht sogar auch ohne Fifa: Aktuell kann man bei Call of Duty mit Messi zocken.
Neues aus Doha
Meinem Kollegen Nico Horn wird langsam schwindelig, er schreibt:
“In Doha kann man endlos Schlangenlinien laufen. Man muss sogar. Zum Beispiel in der Metro. Geradeaus zur Rolltreppe geht nicht, man muss zuvor ein paar Mal um die Kurve, Gitterzäune stecken den Parcours ab. Die Serpentinen von Doha. Einige Katarer sagen, sie hätten Angst gehabt, dass am Ende nicht alles glattläuft, besonders im öffentlichen Nahverkehr (wenn sie wüssten!). Deshalb haben sie alles etwas überreguliert. Im Zweifel wird einem der Weg mit diesen riesigen Schaumstoffhandschuhen gewiesen, bei denen der Zeigefinger besonders lang ist. Damit sich ja niemand verläuft.”
Der Kaiser. Auch Franz Beckenbauer hat während seiner Zeit als Mitglied im Exekutivkomitee ein paar kuriose Geschichten produziert. Wie die von den 6,7 Millionen Euro, die im Jahr 2002 von einem Konto, das ihm und seinem Manager Robert Schwan gehörten, Richtung Katar flossen. Wofür das Geld war, kann leider niemand mehr sagen: Schwan ist verstorben – und Beckenbauer verweist auf Schwan. Der habe ihm ja alles abgenommen, “vom Auswechseln der Glühbirne bis hin zu wichtigen Verträgen”. Nur merkt man es doch zumindest, wenn die Glühbirne kaputt ist. Oder wenn fast sieben Millionen Euro fehlen. Im Raum steht: Die Katarer sollten für Deutschland Stimmen für die WM 2006 kaufen. Ob Beckenbauer sich 2010 revanchiert hat? Man weiß es nicht. Sepp Blatter behauptet, Beckenbauer habe sein Votum damals an die Australier verkauft. Die waren allerdings schnell ausgeschieden. Und Beckenbauer, der in Katar nie einen Sklaven gesehen hat, hatte in den nächsten drei Wahlgängen ja auch eine Stimme.
Dudley House, die vielleicht protzigste Privatunterkunft Großbritanniens. Auf 400 Millionen Dollar schätzte das Magazin Vanity Fair den Wert des Anwesens, über das Queen Elizabeth II bei einem Besuch gesagt haben soll: “Dieser Ort lässt den Buckingham Palace ziemlich öde wirken.” Gut, nach fast sieben Jahrzehnten hätte ich Buckingham Palace vielleicht auch über. Hoffen wir für Hamad bin-Abdullah al-Thani, dass es ihm mit seinem aufgemotzten Herrenhaus nicht irgendwann ähnlich ergeht.
Das Zitat des Tages
“Ich finde, dass das das Normalste der Welt ist. Also ich habe noch nie vor dem Spiel drauf geachtet, ob bei uns eine Frau oder ein Mann pfeift.”
Lukas Klostermann über die Unparteiische beim Spiel gegen Costa Rica.
Wir wünschen einen guten Tag!
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Herzliche Grüße
Ihr Tammo Blomberg
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