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Liebe/r Leser/in,

erinnern Sie sich noch, wie Armin Laschet seinem Konkurrenten Friedrich Merz um 90 Minuten zuvorkam? Das war im Februar 2020, Merz wollte in einer Pressekonferenz um elf Uhr seine Bewerbung um den CDU-Vorsitz verkünden, da traten schon um 9.30 Uhr Armin Laschet und Jens Spahn vor die Presse und ließen wissen, sie seien fortan ein politisches Tandem. Knapp ein Jahr später wurde Laschet Parteichef: Er hatte den Moment genutzt.

Erinnern Sie sich noch an den vorvergangenen Sonntag? Nach monatelangem Mantra „Mein Platz ist in Bayern“ erklärte Markus Söder der erstaunten Öffentlichkeit plötzlich, dass er Kanzlerkandidat werden wolle. Auch er hatte den Moment genutzt.

Warum ist der Union das Gefühl für den Moment danach entglitten? Warum hat sie die Wähler über eine Woche lang warten lassen?

Die Union hat den Fokus auf das Wesentliche verloren. Tagelang schwiegen die Vorsitzenden der beiden Parteien, die maßgeblich die Regierung tragen. Sie haben ihre Mitglieder rätseln lassen und – viel schlimmer noch – ihre möglichen Wähler. Die mussten eine Woche lang den Eindruck gewinnen, dass eine K-Frage wichtiger ist als die alles entscheidende C-Frage: Wie kommt Deutschland aus der Corona-Pandemie?

Ungewohnt debattierzahm und vor allem leise diesmal die Grünen: Seit Wochen war bekannt, dass sie sich heute äußern würden. Robert Habeck und Annalena Baerbock entschieden gemeinsam, ohne Gremien- oder Basisbefragung: Annalena Baerbock wird Kanzlerkandidatin. Im Gegensatz zur Union hinterlassen sie keine gespaltene Partei. Wie gern die Grünen allerdings intern bis in die Kreisverbände über Verbote, Quoten und Ideologie debattieren, davon bekommen Sie einen Eindruck, wenn Sie das Interview mit Manfred Güllner im aktuellen Heft lesen (siehe auch These 1). In dieser Woche beginnt der Wahlkampf. Er wird spannend.

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Start in die Woche!

Mit vielen Grüßen

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Robert Schneider
Chefredakteur FOCUS-Magazin

Drei Thesen um drei

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Attraktive Grüne

Er war einer der Ersten, die eine grüne Kanzlerkandidatur vorausgesehen haben: Forsa-Chef Manfred Güllner erklärt im FOCUS-Interview, warum die neuen Grünen beim Wähler so gut ankommen. Er warnt zugleich vor grünem Interventionismus. „Die Grünen“, sagt er, „sind nach wie vor eher eine Verbots- und Verzichtspartei.“ Das gesamte Interview lesen Sie im neuen FOCUS.

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Wie frei macht die Impfung?

Die USA melden, jeden zweiten Erwachsenen wenigstens einmal geimpft zu haben. Ähnlich gut ist die Quote in Großbritannien, in Israel noch besser, und selbst im Schwellenland Chile haben gut 40 Prozent bereits eine Spritze erhalten. Die Freiheit aber kehrt erst zaghaft zurück. Manche Bundesstaaten der USA verzeichnen weiterhin steigende Ansteckungsraten, Israel hebt die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes nur im Freien auf, auf den britischen Inseln darf man sein Bier noch immer nicht am Pub-Tresen trinken, und Chile unterwarf seine Bevölkerung zuletzt wieder zahlreichen Beschränkungen, weil sich das pandemische Virus weiter ausbreitete.

Während die Entwicklung in dem Andenstaat weitgehend mit einem mäßig wirksamen chinesischen Impfstoff zu tun hat, legen die Impf-Champions eine auch für Deutschland relevante Lehre offen. Das Virus bestraft die ungestüme Rückkehr zum alten Leben. Studien deuten darauf hin, dass ein unvollständiger Impfschutz in der Bevölkerung Mutationen erleichtert, wenn nicht sogar erzwingt. Deutschland ist beim Impfen auf einem leidlich guten Weg (aktuelle Quote: 20 Prozent). Nur führt er, um im Bild zu bleiben, über einen schmalen Steg. Man muss die Balance halten.

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Bewegt sich diese Woche etwas in der Ukraine-Frage?

Wenn an diesem Donnerstag Joe Biden zum virtuellen Klimagipfel lädt, wird dort eine beachtliche Zahl an Staats- und Regierungschefs zusammenkommen. 40 stehen auf der Gästeliste, darunter auch Chinas Staatspräsident Xi Jinping und sein russischer Amtskollege Wladimir Putin. Die USA wollen bei dem Treffen angeblich die Halbierung der Emissionen von Treibhausgasen bis 2030 verkünden, auf der Basis der Werte von 2005. Es wäre ein sehr ehrgeiziges Ziel, aber auch notwendig, um die Ernsthaftigkeit der neuen US-Administration zu unterstreichen. Der Kampf gegen den Klimawandel, so scheint es, ist eines der wenigen Themen, bei denen es noch so etwas wie einen Konsens gibt in der internationalen Gemeinschaft, selbst zwischen den USA, China und Russland. Denn sonst stimmt ziemlich wenig in den Beziehungen der drei Großmächte.
 
Alle drei Staaten überziehen sich derzeit mit Sanktionen und Gegensanktionen. Washington droht wegen des russischen Truppenaufmarsches an der Grenze zur Ostukraine und des Gesundheitszustandes von Alexej Nawalny, Putins inhaftiertem Erzfeind, mit weiteren Konsequenzen. Moskau hat Kriegsschiffe ins Schwarze Meer Richtung Krim entsandt. Und Peking zündelt am anderen Ende der Welt, schickt mit wachsender Frequenz Kampfjets in den taiwanesischen Luftraum. Es gibt ernst zu nehmende Experten, die das Vorgehen der beiden US-Kontrahenten als koordinierte Aktion betrachten. Sie glauben, dass Xi und Putin künftig eine strategische Sicherheitspartnerschaft eingehen, die USA also de facto in die Zange nehmen. Vielleicht sollte Biden beim Gipfel diese Woche nicht nur über den meteorologischen Klimawandel reden. Der politische könnte kurzfristig dringlicher sein.

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