Die immer weiter steigenden Zinsen für Staatsanleihen üben Druck auf die Bewertungsniveaus aus, weil Anleihen als Anlageklasse zunehmend attraktiver werden. Gleichzeitig verteuern sie Investitionen und die Refinanzierungen für Firmen. Von fallenden Bewertungsniveaus besonders betroffen sind dabei hoch bewertete Aktien. Das hat einen simplen Grund: Die für die Zukunft (also für die nächsten Jahre) erwarteten (steigenden) Cashflows, die ja der Grund für die hohen Bewertungen von Wachstumsfirmen sind, müssen stärker abdiskontiert werden. Je weiter die (prognostizierten) Cashflows in der Zukunft liegen, desto weniger sind sie wert. Anleger legen Wert auf die Gewinne, die jetzt vorhanden sind. Man könnte sagen: „Der Spatz in der Hand ist ihnen lieber, als die Taube auf dem Dach.“ Für das ewige Tauziehen zwischen Value- und Wachstums-Aktien bedeutet das – zumindest in der Theorie – dass Value-Aktien wieder stärker gefragt sind. Mithin also die Aktien, die niedrige Multiples bei den fundamentalen Bewertungskennzahlen wie KGV, KUV, KCV, KBV oder auch eine hohe Dividendenrendite aufweisen. Deshalb dürfte eine Liste mit den 5 günstigsten DAX-Aktien für viele von euch besonders interessant sein. Hier ist sie: Die 5 günstigsten DAX-Unternehmen (Stand 27.10.2023) | |
Für die Interpretation dieser Tabelle sind allerdings einige Dinge wichtig: – Zunächst mal gibt es keine mathematische Formel oder Kennzahlen-Kombination, mit der sich objektiv die am günstigsten bewerteten Aktien ermitteln lassen. – Jede Branche und auch jedes einzelne Unternehmen hat ihre Eigenheiten. Die Porsche Auto Holding z.B. weist in ihren Geschäftsberichten keine eigenen Umsätze aus, weil sie nicht operativ tätig ist. Der Wert der Aktie ergibt sich aus den Beteiligungen an den operativ agierenden Volkswagen AG und Porsche AG und den anteiligen Gewinnansprüchen, die sich daraus ergeben. – Deshalb ist hier logischerweise das Kurs-Umsatz-Verhältnis (KUV) nicht relevant bzw. lässt sich gar nicht erst ermitteln. – Bei Banken z.B. ist das Kurs-Cashflow-Verhältnis oder das hier verwendete Enterprise Value (EV) zu EBITDA auf Grund des Geschäftsmodells wenig aussagekräftig. – Bei Immobilien-Bestandshaltern wie Vonovia ist das Kurs-Umsatz-Verhältnis ebenfalls nicht sonderlich aussagekräftig. Hier geht es mehr um den Net Asset Value (NAV), der sich wiederum aus dem Wert der Immobilien abzüglich der Verschuldung ergibt. – Bei zyklischen Aktien ist es wiederum so, dass das KGV oft keine hohe Aussagekraft hat, weil die niedrigsten KGVs häufig in zyklischen Hochphasen gegeben sind, wo die Aktien dann nur scheinbar günstig erscheinen, weil deutliche Gewinnrückgänge in den folgenden Jahren möglich sind, die dann das KGV wieder erhöhen. – Hier kann es sinnvoll sein, mit dem Shiller-KGV zu arbeiten, bei dem der aktuelle Kurs mit dem durchschnittlichen Gewinn pro Aktie in den letzten 10 Jahren verglichen wird. Damit soll ein um zyklische Schwankungen bereinigtes KGV ermittelt werden. Deshalb habe ich auch das Shiller-KGV in die Tabelle aufgenommen. – Der Enterprise Value wiederum berücksichtigt im Gegensatz zur Marktkapitalisierung auch die Nettoliquidität bzw. Nettoverschuldung eines Unternehmens und ist daher gerade bei Firmen mit hoher Nettoliquidität oder hoher Nettoverschuldung aussagekräftiger als das Kurs-Cashflow-Verhältnis. Das sind nur ein paar der Besonderheiten, die es bei der Erstellung einer solchen Liste zu berücksichtigen gibt. Das Ergebnis ist daher letztlich immer auch subjektiv, weil es davon abhängt, welche Kennzahlen zur Beurteilung herangezogen werden und wie diese dann gewichtet werden. Ich habe versucht darauf zu achten, hier ausgewogen vorzugehen und bei der Auswahl auch die Besonderheiten der jeweiligen Branche zu berücksichtigen. Hier meine Kurz-Kommentare zu den einzelnen Aktien: Porsche Auto Holding (ISIN: DE000PAH0038) | |
Wie bereits oben angesprochen hält die Holding Beteiligungen an VW und Porsche. Wir haben die Aktie in früheren Ausgaben bereits ausführlich besprochen, auch im Zusammenhang mit dem Börsengang der Porsche AG. Die Aktie war schon zum Zeitpunkt des Porsche-Börsengangs mit einem hohen Abschlag auf den inneren Wert bewertet worden, der sich nun noch weiter erhöht hat. Gleichzeitig haben die Notierungen von Volkswagen und der Porsche AG auf Grund des Rückgangs der Verkaufszahlen in der Autobranche und auch auf Grund von starken Problemen bei VW in der Elektroauto-Sparte – und speziell bei der Technologie- und Software-Tochter Cariad – weiter nachgegeben. Zumindest die Bewertung der Porsche Holding AG ist damit historisch günstig. Die Aktie ist für Ultra-Schnäppchenjäger, die selbst die günstige VW-Aktie noch mit Abschlag kaufen möchten, damit eine interessante Option. Vonovia (ISIN: DE000A1ML7J1) | |
Der heftige Kursverfall des größten börsennotierten deutschen Immobilien-Unternehmens wird aus dem 12-Monats-Chart nur bedingt ersichtlich. Das Gros der Verluste gab es bereits in den 12 Monaten zuvor. Über weite Teile des Jahres 2021 hatte Vonovia noch zwischen 50 und 60 Euro notiert. Die Aktie hat seither also massiv verloren und taucht vor allem auch auf Grund des scheinbar extremen Bewertungsabschlags zum Nettovermögenswert (NAV) in diesem Ranking auf. Offiziell wird der Nettovermögenswert von Vonovia nämlich auf 46 Mrd. Euro taxiert. Die aktuelle Marktkapitalisierung liegt aber nur bei 17 Mrd. Euro. Ich bin hier am 2. April auf meinem YouTube-„Aktien-Kanal“ ausführlich auf Vonovia eingegangen. Mein Fazit bleibt im Prinzip das Gleiche: Die „offiziellen Präsentationen“ und vielen Kaufempfehlungen, die eine dramatische Unterbewertung bei der Aktie sehen – die basieren auf diesem angeblich hohen Abschlag zum NAV. Das Problem: Der angegebene Buchwert der Vonovia-Wohnungen ist stark geschönt. Die angesetzten Bewertungen sind viel zu hoch. Vonovia ist ein Papier für spekulative Anleger, die darauf spekulieren, dass das Zinsniveau bald wieder deutlich zurückkommt. Dann hat die Aktie Potenzial. Deutsche Bank (ISIN: DE0005140008) | |
Die nach wie vor größte deutsche Bank hat einen sehr schlechten Ruf bei Anlegern – und das zurecht. Die Aktie notiert allerdings aktuell zwei Drittel unterhalb ihres Buchwerts, was selbst für Deutsche Bank-Verhältnisse sehr attraktiv ist. Gleiches gilt für das KGV von momentan nur 5,8 (für 2023). Dabei wussten die Dritt-Quartalszahlen durchaus zu überzeugen. Die Kapitalausstattung ist besser als erwartet. Dadurch ergeben sich Möglichkeiten, künftig die Dividenden zu erhöhen. Eine kurzfristige Kurserholung um 15-20% ist daher durchaus drin. Strukturelle Probleme bleiben allerdings, so dass die Aktie als Mittel- bis Langfrist-Investment eher weniger taugt. BMW Stämme (ISIN: DE0005190003) | |
BMW ist aus meiner Sicht neben der Porsche Holding die am attraktivsten bewertete Auto-Aktie, wobei die Unterschiede zu Mercedes-Benz bewertungstechnisch nicht groß sind – und letztere sogar über eine höhere Dividenden-Rendite (8,0%) verfügen. Auf Basis der Kombination verschiedener Bewertungskennzahlen, u.a. dem zyklisch adjustierten KGV hat BMW aber die Nase vorn. Fresenius (ISIN: DE0005785604) | |
Zum Fresenius-Konzern gehören vier Unternehmen, die weltweit eigenverantwortlich wirtschaften und handeln: Fresenius Medical Care, Fresenius Kabi, Fresenius Helios und Fresenius Vamed. Fresenius Medical Care ist der weltweit führende Anbieter von Produkten und Dienstleistungen für Patienten mit chronischem Nierenversagen. Fresenius Kabi ist Marktführer in der Infusions-Therapie und in der klinischen Ernährung in Europa. Die Helios Kliniken Gruppe ist eines der größten und medizinisch führenden Klinikunternehmen Europas und auf den Betrieb und das operative Management von Krankenhäusern spezialisiert. Vamed ist weltweit im Projekt- und Managementgeschäft von Gesundheitseinrichtungen tätig. Dazu zählen Krankenhäuser, Gesundheitszentren sowie Thermen- und Wellnesscenter. Fresenius war lange einer der Top-Performer auf dem deutschen Kurszettel und eine klassische Wachstumsstory. Durch die Zunahme von Diabetes und anderen Erkrankungen, die zu Nierenschäden führen, entwickelte sich vor allem Fresenius Medical Care zur absoluten Cash-Cow. Einschränkungen bei den Erstattungssätzen in den USA sowie zuletzt die Erfolge von Novo Nordisk und Eli Lilly bei ihren Diabetes-Medikamenten, die auch zur Gewichtsabnahme genutzt werden können, brachten den Kurs deutlich unter Druck. Die „Befürchtung“ des Marktes ist, dass das Marktpotenzial für Dialyse sinken könnte, wenn es weniger Übergewichtige gibt. Ob diese These wirklich valide ist, ist alles andere als sicher. Die Bewertungskennzahlen sind massiv zurückgekommen. Fresenius ist inzwischen bewertet wie eine astreine Value-Aktie, obwohl das Unternehmen weiter Wachstumspotenzial hat. Meine neuesten Videos
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