von Christian Spiller Ressortleiter Sport ZEIT ONLINE
Hallo zum Sommermailchen am Samstag. Sie werden es im Zweifel durch jubelnde Nachbarn oder die ersten Autokorsos mitbekommen haben. 5:1 hat die deutsche Elf das EM-Eröffnungsspiel gegen Schottland gewonnen. Ja, 5:1.
Die Szenen des Vortags
Am Ende war es ein Kinderspiel. Nach Abpfiff trug Niclas Füllkrug seine Tochter huckepack über den Platz, İlkay Gündoğan ließ seinen Sohn hochleben. Augenblicke, die in ihrer Unbeschwertheit für den überraschend mühelosen 5:1-Auftaktsieg der deutschen Elf gegen Schottland standen. Aller Anfang ist leicht. Schon nach zehn Minuten traf Florian Wirtz, ihm machten es Jamal Musiala nach, Kai Havertz, Niclas Füllkrug, Emre Can – und sogar Antonio Rüdiger, der allerdings ins eigene Tor köpfelte. Es war der beste Auftritt einer DFB-Elf seit Jahren, schreibt mein Kollege Oliver Fritsch. Ob das Ergebnis tatsächlich Ausdruck deutscher Brillanz oder doch schottischer Überforderung war, wird sich allerdings erst in den kommenden Spielen zeigen.
Italien gegen Albanien. Auf dem Papier ist das Duell des Titelverteidigers gegen einen der äußeren Außenseiter eine eindeutige Angelegenheit. Doch Italiens Trainer Luciano Spalletti hat einen gefährlicheren Gegner: Videospiele. Spalletti hat sich vor der EM beschwert, seine Spieler seien süchtig nach Zocken. “Man kommt zum Nationalteam, um die EM zu gewinnen und nicht, um bei Call of Duty zu gewinnen”, schimpfte er. Die Konsole ist nun dennoch erlaubt im italienischen Teamhotel, nur eben nicht nachts. Dass solche pädagogischen Eingriffe aber nichts bringen, zeigt ein Blick in die jüngere Fußballhistorie: Angeblich wurde auch der deutschen Mannschaft 2018 während der WM wegen exzessiver Daddelei das WLAN abgestellt. Sie schied in der Vorrunde aus.
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Wer wird heute wichtig?
Was haben Sie mit 16 so gemacht? Über Hausaufgaben gestöhnt? Die erste Zigarette ausgehustet? Lamine Yamal will Europameister werden. Wenn Spanien gegen Kroatien spielt (18 Uhr, ARD), wird Yamal mit 16 Jahren und 338 Tagen zum jüngsten Spieler der EM-Geschichte. Mit Zahnspange und linkem Wunderfuß könnte der Spanier seine Gegner schnell so alt aussehen lassen, wie sie aus seiner Sicht auch sind. Dass Yamal raucht, bezweifeln wir. Um die schulischen Pflichten kommt aber auch er im EM-Trainingslager nicht rum. Er habe seine Hausaufgaben dabei und Onlineunterricht, sagte er. Und: “Ich hoffe, der Lehrer fragt mich nicht ab.” Könnte ganz aufs Ergebnis ankommen.
das Erste, wonach mich der kroatische Barkeeper in dem kroatischen Restaurant in Berlin-Spandau fragt, ist die Aufstellung für morgen. “Was wollen Sie trinken?”, wäre mir die liebere Frage gewesen nach der 20-stündigen Fahrt. Die Stadt ist voller kroatischer Fans, auch vieler in Deutschland lebender. Es sind Arbeiter, die vor fünf Jahrzehnten auf der Suche nach einem besseren Leben als sogenannte Gastarbeiter nach Deutschland gekommen sind und ihre Kinder und Kindeskinder. Den Unterschied zwischen der Diaspora und den Besuchern aus Kroatien spürt man. Die Kroaten, die zu Besuch kommen, drängen den anderen die heimischen Bräuche auf; die Gastgeber, die die karierten Trikots tragen, versorgen die Reisenden mit wichtigen Informationen, etwa über Biere und lokale Speisen. Es wird für alle also eine besondere Art “Heimturnier”.
Wörtlich übersetzt: einen Burek holen schicken. Meint einen Move, bei dem der Gegenspieler höchst offensichtlich ausgespielt, also weggeschickt wird, um sich lieber ein herzhaft gefülltes Teiggericht zu holen. Falls Sie nicht losgehen wollen: Hier unser Rezept für Börek, die türkische Variante. Kinderleicht. Schaffen Sie noch locker bis zum Anpfiff. (von Juraj Vrdoljak)
Wer ist schon Europameister?
Wien. Sandra Kaider und Andreas Kainrad, zwei Straßenbahnprofis aus der österreichischen Hauptstadt, konnten die jüngste Tram-EM im rumänischen Oradea für sich entscheiden. Weil sich bei so einer Straßenbahn-Europameisterschaft eine klassische Wettfahrt mangels Überholmöglichkeiten eher schwierig gestaltet, mussten die Tramler sich unter anderem in den Disziplinen Notfallbremsung, Feuer löschen und Tram-Bowling messen. Dabei stupst die Straßenbahn einen großen aufblasbaren Ball an, der möglichst viele große aufblasbare Kegel umwerfen soll. Die nächste EM steigt im Oktober in Frankfurt am Main. Die Weichen für den Sieg aber werden natürlich jetzt schon gestellt.
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Was war das Zitat des Tages?
“Zwei Teufel auf freiem Fuß in München.”
(Die spanische AS über Jamal Musiala und Florian Wirtz, taugt auch als Titel für einen bayerischen Western.)
Das war die zweite Spezialausgabe unseres Was-jetzt?-Newsletters zur Fußball-EM 2024. Sie erscheint an allen Spieltagen zusätzlich zur Morgenausgabe. Keine Lust auf Fußball? Um 20 Uhr singt Rod Stewart in der Berliner Uber Arena. Der Sohn schottischer Eltern könnte ein paar tröstende Worte gebrauchen.