von Christian Spiller Ressortleiter Sport ZEIT ONLINE
Guten Morgen. Spät wurde es gestern. Wir haben das erste Elfmeterschießen dieser EM erlebt – und einen der berühmtesten Menschen des Planeten, der einen bewegten Arbeitstag hatte.
Die Szene des Vortags
Die Tränen des Ronaldo. Heutzutage müssen sich auch 39-jährige Männer ihrer Gefühle zum Glück nicht mehr schämen. Und so weinte Cristiano Ronaldo in der Pause der Verlängerung gegen Slowenien hemmungslos. Gerade hatte er einen Elfmeter verschossen. Schon zuvor war ihm einfach gar nichts gelungen. Er timte Kopfbälle falsch, kloppte Freistöße in den Himmel, und nun das. Wir Küchenpsychologen sind uns sicher, Ronaldo weinte nicht nur über seinen Lapsus, sondern auch über die Ahnung, dass es zu Ende geht. Immerhin: Im Elfmeterschießen gegen die tapfer verteidigenden Slowenen trat Ronaldo wieder an, zielte dieses Mal perfekt ins Eck. Und weil Portugals Torwart Diogo Costa einfach alle drei slowenischen Elfer hielt, steht Ronaldo im Viertelfinale. Aber ob er sich und seinem Team einen Gefallen tut, dort aufzulaufen?
Österreich gegen die Türkei (21 Uhr, MagentaTV), weil: Austria is coming home. Das mag zunächst etwas seltsam klingen, schließlich wird in Leipzig gespielt. Aber eben dieses Leipzig ist nicht nur bekannt für Johann Sebastian Bach, als Geburtsort der Kaulitz-Brüder und für fieses Deutsch ("Ei verbibbsch!"). Leipzig wurde auch von einem österreichischen Brausehersteller gekapert. Hier formte Ralf Rangnick einst den Red-Bull-Fußball, bei dem die Spieler so aufgedreht wirken, als hätten sie vor jedem Spiel in dem Gesöff gebadet. Einen ähnlichen Stil mit einigen ehemaligen (und vielleicht ein paar zukünftigen) Leipzigern spielt nun die österreichische Nationalelf, wenn auch noch ohne das RB im Namen. So überwältigten sie den heutigen Gegner Türkei in einem Testspiel im März mit 6:1. So viele Tore müssen es dieses Mal gar nicht sein, um das erste Viertelfinale der österreichischen EM-Geschichte zu erreichen. Dann wäre auch der Almdudler als Nationalgetränk abgelöst.
Ianis Hagi, der Junge mit dem Nachnamen. Sein Vater Gheorghe ist ein rumänischer Volksheld, sie nannten ihn "Karpaten-Maradona", sein Tor bei der WM 1994 gegen Kolumbien ist ikonisch. Ianis lernte das Fußballspielen in einer nach seinem Vater benannten Akademie – und immer wieder quatschte Papa in die Karriere des Filius hinein. Den Durchbruch schaffte der Sohn noch nicht. Väterliche Ansagen wie jene, dass der Sohn talentierter sei als er selbst und ihn an Zinédine Zidane erinnere, könnten da auch nur bedingt geholfen haben. Auch in der Nationalelf, die nun gegen die Niederlande ranmuss, forderte der Vater schon mehr Spielzeit für seinen Sohn. Der Trainer Eduard Iordănescu konterte das mal mit dem typischsten aller Jugendtrainersätze: "Ich kann nicht auf jeden Elternteil hören."
Wenn ein Spieler, meist ein Verteidiger, von seinem Gegner durch einen Richtungswechsel komplett ausgespielt wird und auf dem Rasen liegen bleibt, dann wird er von ihm auf den Markt geschickt. Verhandeln zwecklos.
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Wer ist schon Europameister?
Deutschland, im Unterwasserrugby. Dabei geht es darum, einen Ball in einen Metallkorb zu stopfen, der auf dem Boden eines Pools steht. Spielerinnen und Spieler tauchen und rangeln um die Wette, müssen aber natürlich gelegentlich auftauchen. Nur Schiedsrichter werden mit Sauerstoff versorgt. Warum das alles? Na ja, warum nicht? Bei der letzten EM 2022 im norwegischen Stavanger jedenfalls hatte das deutsche Team den längsten Atem.
(Cristiano Ronaldo nach dem Spiel gegen Slowenien. Immerhin hat er erkannt, dass er kein Benjamin Button ist.)
Das war die Spezialausgabe unseres Was-jetzt?-Newsletters zur Fußball-EM 2024. Sie erscheint an allen Spieltagen zusätzlich zur Morgenausgabe. Wir lesen uns also am Freitag wieder. Keine Lust auf Fußball? In Berlin spielen die Heavy-Metal-Legenden von Judas Priest. Wer erleben will, was Mittsiebziger noch so alles aus ihren Saiteninstrumenten und Stimmbändern (Rob Halfords Stimme umfasst 4,5 Oktaven samt der charakteristischen Screams) rausholen können, muss in die Max-Schmeling-Halle. Grüße an den Tinnitus.