Lieber Herr Do,
verdankt Donald Trump ausgerechnet illegalen Einwanderern sein Leben? Dass der vormalige US-PrĂ€sident und aktuelle PrĂ€sidentschaftskandidat der Republikaner durch die SchĂŒsse des 20-jĂ€hrigen AttentĂ€ters Thomas Matthew Crooks nicht schwerer verletzt wurde, erklĂ€rte Trump in einem Interview der Boulevard-Zeitung „New York Post“ mit einem glĂŒcklichen Umstand. So habe er unmittelbar vor dem Attentat seinen Kopf zur Seite gewandt, um eine Grafik ĂŒber illegale Migration zu lesen. Genau in diesem Moment habe die Kugel sein rechtes Ohr durchschlagen.
Wurde am Wochenende Ziel eines Angreifers: Donald Trump, PrÀsidentschaftskandidat der Republikaner   
Collage: Phil Ninh fĂŒr Handelsblatt
Eine zufĂ€llige Kopfbewegung und wenige Zentimeter haben wohl nicht nur ĂŒber Leben und Tod des 78-jĂ€hrigen PrĂ€sidentschaftskandidaten entschieden, sondern mit großer Wahrscheinlichkeit auch die US-Wahl im November. Das glauben nicht nur Wahlforscher, die Trump inzwischen mit deutlichem Vorsprung gegenĂŒber Biden sehen, sondern offenbar auch immer mehr Mitglieder der demokratischen Partei. So zitiert das US-Portal „Axios“ einen ranghohen demokratischen Abgeordneten mit den Worten: „Wir haben uns alle mit einer zweiten Trump-PrĂ€sidentschaft abgefunden.“ 

Wie so hĂ€ufig in der jĂŒngeren Geschichte spielen Bildzeugnisse bei historischen Ereignissen eine entscheidende Rolle. Das Foto, das Donald Trump wenige Sekunden nach dem Attentat in kĂ€mperischer Pose, mit blutverschmiertem, aber grimmig-entschlossenem Gesicht und der gen Himmel gestreckten, zum Kampf geballten Faust zeigt, ist lĂ€ngst ikonisch. Das inzwischen millionenfach publizierte Bild zeigt einen Mann, der durch das gerade Erlebte nicht eingeschĂŒchtert oder verĂ€ngstigt wirkt, sondern vielmehr wild entschlossen scheint, den Kampf gegen seine Widersacher – und jene, die sogar nach seinem Leben trachten – nur noch entschiedener auszutragen. Donald Trump, der Unbeugsame. „Fight! Fight! Fight!“ Das sind nicht nur die Worte, die der blutende Trump Richtung Publikum feuerte, als er sich instinktiv aus der Umklammerung des Secret Service zu lösen versuchte. „Fight! Fight! Fight!“, skandieren seine AnhĂ€nger jetzt auch auf dem Nominierungsparteitag der Republikaner in Milwaukee, der grĂ¶ĂŸten Stadt im US-Bundesstaat Wisconsin. Donald Trump, der Fighter – Donald Trump, der  AnfĂŒhrer.
In heroischer Pose: Das ikonische Bild des US-amerikanischen Presse-Fotografen Evan Vucci erinnert an historische Vorbilder. Es erzÀhlt von einem Helden der amerikanischen Geschichte, der sich nicht unterkriegen lÀsst
Credit: Evan Vucci/AP/dpa
WĂ€re Trump bei dem Mordanschlag allerdings ums Leben gekommen, hĂ€tte dies möglicherweise gravierende Folgen fĂŒr die innere StabilitĂ€t der Vereinigten Staaten gehabt. „Amerika ist um Zentimeter an einem BĂŒrgerkrieg vorbeigeschrammt“, sagt Experte Arie Perliger, 51, Professor an der UniversitĂ€t Maryland gegenĂŒber der „Bild“-Zeitung. Perliger erforscht politische Gewalt und Attentate. Er sei sich sicher: WĂ€re Trump tot, wĂŒrden sich rechtsextreme Gruppen militarisieren und zur Tat schreiten. Der Sturm auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021, bei dem Hunderte AnhĂ€nger Trumps mit großer BrutalitĂ€t in das Kongress-GebĂ€ude eindrangen, gilt vielen Amerikanern noch heute als warnendes Beispiel fĂŒr die Gewaltbereitschaft der Gefolgsleute des vormaligen und möglicherweise kĂŒnftigen US-PrĂ€sidenten.
Sturm auf das Kapitol: Das gewaltsame Eindringen Hunderter Trump-AnhĂ€nger am 6. Januar 2021 in das Kongress-GebĂ€ude forderte fĂŒnf Menschenleben 
Credit: Imago
Aber auch hierzulande ist die Stimmung aufgeheizt. So mĂŒssen sich aktuell zahlreiche Aktivisten aus der sogenannten ReichsbĂŒrgerszene rund um RĂ€delsfĂŒhrer Heinrich XIII. Prinz Reuß, einem aus einer Adelsfamilie stammenden Immobilienunternehmer, vor Gericht verantworten. Der rechtsextremen Gruppe wird vorgeworfen, einen bewaffneten Umsturz geplant und dafĂŒr bereits konkrete Vorbereitungen getroffen zu haben.

Gestern wurde nun bekannt, dass Bundesinnenministerin Nancy Faeser das rechtsextreme „Compact“-Magazin verbieten lĂ€sst. Die von dem ehemaligen Kommunisten und heute offen rechtsradikalen Herausgeber JĂŒrgen ElsĂ€sser verantwortete Zeitschrift war laut Faeser das „zentrale Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene“ und wurde seit lĂ€ngerem vom Verfassungsschutz beobachtet. 

Das AfD-nahe Magazin, das seit 2010 monatlich erschien, fiel in der Vergangenheit immer wieder durch polarisierende BeitrĂ€ge und seine regierungskritische Aufmachung auf. Auf der Titelseite ist da schon mal von der „Asylbombe“ die Rede oder von der „Impfdiktatur“. Regierungsvertreter um Karl Lauterbach werden als „Verbrecher an der Macht“ tituliert, und die Redaktion warnt vor einem „Weltkrieg gegen Putin“. So behauptet das Magazin in seiner jĂŒngsten Ausgabe etwa, dass „deutsche GenerĂ€le den Angriff auf Russland planen“. Chefredakteur ElsĂ€sser macht in Interviews keinen Hehl aus seinen Überzeugungen. So sei er „kein Putin-Versteher, sondern ein Putin-UnterstĂŒtzer“. Und den Vorwurf, dass er es mit Fakten oder der Wahrheit ohnehin nicht so genau nehme, will er gar nicht erst bestreiten. Das „Compact“-Magazin – alles in allem also ein ordentliches Drecksblatt. Fake-News, rechte Hetze und menschenverachtende Stimmungsmache inklusive.
Warum jetzt aber das Verbot? 

Das Innenministerium sei zu dem Schluss gekommen, dass Menschen durch Publikationen und Veranstaltungen von „Compact“ aufgewiegelt und „zu Handlungen gegen die verfassungsmĂ€ĂŸige Ordnung animiert werden“ könnten. Dabei verweist die Behörde von Nancy Faeser auf „antisemitische, rassistische, minderheitenfeindliche, geschichtsrevisionistische und verschwörungstheoretische Inhalte“. Das Medienunternehmen agitiert nach EinschĂ€tzung des Verfassungsschutzes nicht nur gegen die Bundesregierung, sondern auch „allgemein gegen das politische System“. Laut dem Ministerium bedient sich „Compact“ einer „Widerstands- und Revolutionsrhetorik“ und nutzt „verzerrende und manipulative Darstellungen“. So war im vergangenen Jahr auf der Website des „Compact“-Magazins zu lesen: „Wir wollen dieses Regime stĂŒrzen.“ Rechtlich soll es sich bei dem Verbots-Schritt aber nicht um einen Eingriff in die staatlich garantierte Pressefreiheit handeln, sondern um ein Vereinsverbot. Das Verbot richtet sich gegen die Compact-Magazin GmbH, die das Magazin veröffentlicht, sowie die mit ihr verbundenen Unternehmungen. Davon sind nicht nur das gedruckte Heft, sondern auch alle Websites und Social-Media-KanĂ€le – etwa auf YouTube, Telegram, WhatsApp, dem russischen Netzwerk VKontakte und Facebook – betroffen.

Kritik an dem Verbot kommt allerdings nicht nur aus dem rechten Lager wie der AfD. Auch FDP-Politiker wie der BundestagsvizeprĂ€sident Wolfgang Kubicki zeigen sich irritiert: „Das Verbot eines Publikationsorgans, und sei es auch ein so abscheuliches wie ‚Compact‘, ĂŒber das Vereinsrecht wirft Fragen auf.“ Sollte das Verbot scheitern, sei der RĂŒcktritt der Innenministerin „unvermeidlich“, schreibt Kubicki auf „X“.

Und auch der Verfassungsrechtler Volker Boehme-Neßler kritisiert Faeser scharf. Presseorgane können nur nach einer akribischen AbwĂ€gung und PrĂŒfung der VerhĂ€ltnismĂ€ĂŸigkeit verboten werden. „Faeser spart sich eine solche AbwĂ€gung einfach, indem sie ,Compact‘ kurzerhand als Verein definiert. Einen Verein zu verbieten, ist rechtlich nicht so schwierig“, sagt Boehme-Neßler. Die Innenministerin bediene sich also eines „bösen Tricks“.
Vom einstigen Linken zum einflussreichen Verbreiter rechtsextremer Propaganda: Chefredakteur JĂŒrgen ElsĂ€sser
Credit: Imago
Ich halte JĂŒrgen ElsĂ€sser fĂŒr einen skrupellosen Brandstifter und sein rechtsextremistisches Hetzblatt „Compact“ fĂŒr ein menschenverachtendes Schundheft. Doch wenngleich die Medienmarke ĂŒber ihre Printausgabe nach eigenen Angaben rund 40.000 Exemplare unters rechte Volk bringt und allein ihr YouTube-Kanal 345.000 Abonennten zĂ€hlt: Ein generelles Veröffentlichungsverbot ist ein gravierender Eingriff in die Presse- und Meinungsfreiheit. 

Mag unsere Demokratie gerade auch durch rechtsextremistische KrĂ€fte immer stĂ€rker unter Druck geraten – umso mehr gilt doch: Ohne das staatlich garantierte und geschĂŒtzte Grundrecht auf freie MeinungsĂ€ußerung ist unsere Demokratie am Ende. Aus unserer eigenen leidvollen Geschichte wissen wir auch: Nicht die Vielfalt der Meinungen (und mögen sie noch so unertrĂ€glich sein) ist eine Gefahr fĂŒr unsere demokratische Grundordnung, sondern ein ĂŒbergriffiger Staat.

Apropos: Nehmen auch Sie das Recht auf freie MeinungsĂ€ußerung wahr und schreiben Sie mir Ihre Gedanken und Ansichten zu den Themen meines Newsletters. Einfach hier per Mail an boitin@playboy.de .

Ich wĂŒnsche Ihnen eine verboten gute Woche,

Ihr
Florian Boitin, Chefredakteur
boitin@playboy.de
 
 
 

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