Das Wort zum Sonntag

Liebe "Wort zum Sonntag"-Freunde,

das "Wort zum Sonntag" vom 19.11.2016 zum Thema ""Tot und vergessen?"" wurde von Alfred Bu gesprochen.

"Tot und vergessen?"

Manche Menschen gehren einfach zum Straenbild. Auch, wenn man sie gar nicht kennt. So ging es mir mit einem lteren hageren Mann, der mit seinem bepackten Fahrrad regelmig durch die Stadt zog. Kurierdienste erledigte er oder Hilfsarbeiten. Ganz oft durchsuchte er auch Mlleimer nach Brauchbarem. Dass er keinen festen Wohnsitz hatte und Otto hie, erfuhr ich erst, als er gestorben war. Woher er kam? Otto hatte es selber nicht gewusst. Er war wohl Waisen- oder Findelkind. So manches Mal berfielen ihn Wahnvorstellungen. Die konnten ihn treiben – bis in Todesnot. Er suchte dann Zuflucht bei der Polizei oder in der Kirchengemeinde.

Doch richtig stolz war er, wenn er sich in der Gemeinde ntzlich machen konnte. "Jetzt fehlt hier einer," sagte der Bezirkspolizist. "Otto ist nicht mehr da." Otto. Kein Mensch ist ein anonymes Wesen. Allein schon sein Name sagt, dass er ein einzigartiger Mensch ist. Und es auch bleibt, wenn er tot ist! Am heutigen Totensonntag werden alle noch einmal bei Namen genannt, die im letzten Jahr verstorben sind – so ist es Tradition in den evangelischen Kirchen. Und vielerorts werden Kerzen angezndet – als heller Schein aus Gottes Ewigkeit. So auch bei Ottos Beerdigung. Die Kirchengemeinde hatte zum Trauergottesdienst eingeladen. Und mehr als hundert Leute kamen: Mitarbeiterinnen der Bckerei, Polizisten, Bedienstete der Stadt, Ottos Freunde von der Strae, Gemeindeglieder und manche einfach so.

Alles keine gebten Gottesdienstbesucher, aber alle erstaunlich offen und bewegt. Eine wunderbare Gottesdienstgemeinschaft. All das hatte Otto geschafft. Es entstand eine Atmosphre, wie sie wohl bei den ersten Christen war. Ja, bei den frhen Christen hatten alle einen Namen, alle gehrten dazu, egal, welcher Herkunft, ob sie Sklaven waren oder Freie, egal auch, welchem Volk sie angehrten. Alle gehrten zu Christus. Sowohl im Leben als auch im Tod. Als dies wurde mir wieder bewusst, als ich dieser Tage ber den Hauptfriedhof einer Grostadt ging.

Und Stelen fand mit Tontfelchen dran. Eingeritzt darin Namen von Toten, Es sind Namen von Sowjetbrgern, Polen, Jugoslawen. Neben den Namen der Geburtstag und der Todestag. Und ich erfuhr: Hier sind auf dem Hauptfriedhof ber 5000 Zwangsarbeiter aus der Sowjetunion, Polen und Jugoslawien in Massengrbern verscharrt worden. Sie wurden Opfer des Bombenkrieges unter der Naziherrschaft, starben unter der Drangsal oder wurden ermordet. Nun hatten die Schlerinnen und Schler einer Schule alle Namen recherchiert, die noch zu finden waren, und sie in die Tontfelchen geritzt. Diese kleinen Tfelchen zeigen: Kein Mensch ist ein anonymes Wesen. Er ist und bleibt ein einzigartiger Mensch. Auch die Toten gehren zu Gott. Alle. Wie auch Otto. Sie sind aufgehoben in Gottes Gedchtnis. Fr immer und ewig. Gott sei Dank.

Sprecher

Alfred Bu
 

Alfred Bu (ev.)

Alfred Bu engagiert sich als Vorstandvorsitzender der Stiftung "Umwelt und Entwicklung NRW", als Beiratsvorsitzender des Martin-Luther-Forums Ruhr Gladbeck und er ist Mitglied des Beirates Seelsorge in der Bundeswehr der EKD. [mehr]

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