Kranke Profite

Investmentfirmen kaufen Arztpraxen auf. Sie machen damit Profite, wir Patient*innen leiden. Teure Medikamente, unnötige Untersuchungen oder sogar überflüssige Operationen: Nach der Übernahme verschreiben Ärzt*innen immer wieder Behandlungen, die lukrativ sind – aber nicht notwendig. Mit einem Appell fordern wir von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD): Stoppt den Ausverkauf von Arztpraxen!

Hallo John,

Du bekommst ein neues Kniegelenk – nicht weil es medizinisch notwendig ist, sondern weil es Geld bringt. Unnötige Operationen passieren schnell, wenn Investment-Riesen Arztpraxen aufkaufen.[1][2] Dann sehen Ärzt*innen sich gezwungen, nach Rendite zu entscheiden, statt nach Patientenwohl. Ob in der Orthopädie, beim Hausarzt oder der Gynäkologin: Investmentfonds wittern hohe Gewinne. Allein bei Augenarztpraxen hat sich die Zahl der Übernahmen in den letzten drei Jahren verdreifacht.[2]

Langsam erkennt auch die Regierung das Problem. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) arbeitet gerade an einem Gesetz, um Investmentfirmen den Kauf von Arztpraxen zu untersagen.[3]Aber die milliardenschwere Investoren-Lobby will eine Regelung mit aller Kraft verhindern. Prompt startet sie eine PR-Offensive: Mit Pressekonferenz, offenem Brief und gefälligen Artikeln will sie das Gesetz verhindern.[4][5] Wenn eine finanzstarke Branche so viel Aufruhr macht, hinterlässt das auch bei Lauterbachs Ministerium Eindruck.

Damit sich die Finanzhaie nicht durchsetzen, müssen wir Patient*innen jetzt für unsere Arztpraxen einstehen. Gemeinsam fordern wir von Lauterbach, den Ausverkauf unserer Gesundheit zu stoppen. Die Zeit drängt: Jede Woche greifen Investmentfirmen nach weiteren Praxen. Wenn mehr als 100.000 Menschen unterzeichnen, übergeben wir die Unterschriften direkt an den Gesundheitsminister. Deshalb brauchen wir jetzt Dich, John. Bitte mache Dich stark für unabhängige Arztpraxen.

Anonym gesteht eine Zahnärztin: Sie bohrte Zähne an, die eigentlich noch gesund waren. Kurz zuvor hatte sie ihre Praxis an einen Investor verkauft.[2] Anderswo ist es eine Augenoperation, wenn auch eine neue Brille reichen würde.[2] Um dem Gewinndruck der Investmentfirmen zu genügen, verschreiben Ärzt*innen immer wieder unnötige Behandlungen.[6]

Wir Patient*innen sind dem ausgeliefert – und können uns den Investmentfirmen kaum entziehen: In Städten wie Kiel oder Augsburg gehören fast alle Augenarztpraxen demselben Investor, Sanoptis.[7] Ähnlich wie bei Google oder Facebook bauen sie Monopole auf. Eine unabhängige Zweitmeinung zur Operation ist dann quasi unmöglich.

Dass sich die Versorgung von Kranken rechnen muss, zieht sich fast durch das gesamte Gesundheitswesen. Auch Krankenhäuser sollen Profite abwerfen – als wären sie Unternehmen. Was nicht genug Geld bringt, fliegt raus. Kinderkliniken? Geburtshilfe? Rentiert sich nicht und wird deshalb oft geschlossen.[8][9]Ein zynischer Umgang mit der Gesundheit von Menschen. Gegen das Rendite-Denken muss Lauterbach jetzt vorgehen.

Es geht um das Wichtigste, was wir haben: unsere Gesundheit. Auch viele Ärzt*innen wehren sich gegen den Ausverkauf der Praxen – obwohl sie selbst daran ordentlich verdienen könnten.[1] An der Seite solcher Ärzt*innen stellen wir uns den Spekulationen mit Praxen entgegen und fordern von Lauterbach: Gesundheit statt Profite! Schließ auch Du Dich dem Appell an.

Herzliche Grüße
Friederike Gravenhorst, Campaignerin

PS: Finanzhaie kaufen Arztpraxen auf. Ist Deine Hausarztpraxis betroffen? Das ist schwer zu erkennen.[2] Denn die Investmentfirmen verhüllen ihre Übernahmen. Deshalb muss die Regierung Transparenz herstellen! Unterzeichne auch Du für eine Gesundheitsversorgung, die Patient*innen in den Mittelpunkt stellt – nicht Profite.

[1]„Der Arzt Ihres Vertrauens“, Süddeutsche Zeitung Online, 16. Februar 2023

[2]„Spekulanten greifen nach Arztpraxen“, Panorama Online, 7. April 2022

[3]„Lauterbach will Gesetz gegen ‚Heuschrecken‘“, Tagesschau Online, 15. Dezember 2022

[4]„Gutachten warnt vor Folgen von Lauterbach-Gesetz gegen Investoren“, Handelsblatt Online, 15. Februar 2023

[5]„Offener Brief an das Präsidium der Bundesärztekammer und die Vorstände der Kassenärztlichen Bundesvereinigung“, Homepage des Bundesverbandes der Betreiber medizinischer Versorgungszentren e.V., eingesehen am 1. März 2023

[6]„Medizin als Waren – Spekulanten greifen nach Arztpraxen“, NDR Nachrichten Online, eingesehen am 1. März 2023

[7]„Spekulanten greifen nach Arztpraxen“, Tagesschau Online, 5. April 2022

[8]„Eltern geschockt: Plötzlich standen wir ohne Klinik da“, Hamburger Abendblatt, 2. Februar 2023

[9]„Aus von Geburtsstationen: Landtag debattiert über Maßnahmen“, NDR Online, 30. September 2022