Demokratie und Wechsel | Zitterpartie für Wüst? | Sachlichkeit
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Rheinische Post

Morgenausgabe

Stimme
des Westens

Christian Sieben

27. Oktober 2021

Liebe Frau Do,

dass die Demokratie vom Wechsel lebt, ist keine sonderlich originelle Einsicht, deshalb aber nicht weniger wahr. Gestern Abend erhielt Angela Merkel ihre Entlassungsurkunde, zuvor im Bundestag saß sie bereits auf der Besuchertribüne. Die Regierung führt sie nur noch kommissarisch. Heute ab 14 Uhr wird es dann im Düsseldorfer Landtag spannend. Hendrik Wüst von der CDU soll im ersten Anlauf zum neuen Ministerpräsidenten gewählt werden. Doch es kommt auf jede Stimme an, die Mehrheit der Regierung ist hauchdünn. Wechsel, Abschiede und neue Anfänge – das sind die großen Themen in dieser Ausgabe der „Stimme des Westens“. Schön, dass Sie wieder dabei sind! 

Heute wichtig:

Wüsts großer Tag: 100 Stimmen braucht der Verkehrsminister, um im ersten Wahlgang zum Nachfolger von Armin Laschet als Ministerpräsident gewählt zu werden. Schon ein Abweichler bei CDU und FDP macht dem 46-Jährigen vorerst einen Strich durch die Rechnung. CDU-Fraktionschef Bodo Löttgen lässt im Interview mit Kirsten Bialdiga und Maximilian Plück aber keine Zweifel gelten: „Gegen 14.30 Uhr werden wir einen neuen Ministerpräsidenten haben!“ 

Neuer Bundestag: Bei der Eröffnungssitzung des neuen Bundestags fanden sich viele Politikerinnen und Politiker in neuen Rollen wieder. Das gilt auch für die Duisburgerin Bärbel Bas, die neue Bundestagspräsidentin. Wie sich die SPD-Politikerin dabei schlug, hat Tim Braune beobachtet.

Kinder-Impfen: In den USA wird es wohl bald eine Notfallzulassung des Corona-Impfstoffs von Biontech auch für Kinder ab fünf Jahren geben. Das hat nun ein Beratergremium empfohlen. Aber wie sieht es in Deutschland aus? Antje Höning und Jana Wolf haben bei Stiko-Chef Thomas Mertens nachgefragt und den aktuellen Stand zusammengetragen.

Noch mehr aktuelle Nachrichten gibt es zum Hören – von Montag bis Samstag jeden Morgen ab 5 Uhr in unserem „Aufwacher“-Podcast.

Meinung am Morgen:

Herausforderungen: Die Union geht aller Wahrscheinlichkeit nach in die Opposition, die SPD führt die neue Regierung. Der Machtwechsel zeugt vom Funktionieren der parlamentarischen Demokratie. Doch Gregor Mayntz warnt in seinem Leitartikel vor Gefahren: „Demokratie bleibt nur, wenn Demokraten an ihr arbeiten. Jeden Tag.“

Das liebe Geld: Wenn es um Finanzen geht, ist gern von der schwäbischen Hausfrau die Rede, die diszipliniert das Geld der Familie zusammenhält. Doch nimmt eine Mutter keinen Kredit auf, um ihrer Tochter eine gute Ausbildung zu finanzieren? Dies fragt Grünen-Chef Robert Habeck mit Blick auf die Ampelverhandlungen. Mein Kollege Martin Kessler (Kind schwäbischer Eltern, aufgewachsen in Baden) gibt in seinem Leitartikel eine Antwort.

Joshua Kimmich: Heute Abend spielt Bayern München im Pokal bei Borussia Mönchengladbach. Für viel Gesprächsstoff sorgte in den vergangenen Tagen Bayern-Spieler Joshua Kimmich, der sich noch nicht impfen lassen will. Warum in der Debatte auch eine große Chance liegt, analysiert Julia Rathcke

So gesehen:

Dass Angela Merkel in ihren 16 Jahren als Kanzlerin nie eine große Rednerin war, ist kein Geheimnis. Und über Olaf Scholz schrieb die „Süddeutsche Zeitung“ einmal, er sei als Redner „von auffälliger Unauffälligkeit“. Doch erwarten die Menschen heute wirklich noch die mit großer Geste vorgetragene Brandrede? Der Kölner Germanist Karl-Heinz Göttert ist da skeptisch. Die Bürger schätzen vor allem Authentizität, also Echtheit und Glaubwürdigkeit, sagte der Rhetorik-Experte der Katholischen Nachrichtenagentur. Dem schließe ich mich weitgehend an, bei Politikern schätze ich Sachlichkeit. Gut gefallen haben mir die letzten Worte der Abschiedsrede von Wolfang Schäuble als Bundestagspräsident: „Ich danke Ihnen. Bringen Sie mich bitte nicht zu sehr in Rührung.“ Starten Sie gut in den Tag, bis morgen!

Herzlich,

Christian Sieben

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