Liebe Leserin, Lieber Leser,
es ist wieder Corona! Nein, keine Sorge – nicht mit neuen Toten oder zittrigem Blick auf die Sieben-Tage-Inzidenz. Aber pünktlich zum fünften Jahrestag des Pandemie-Ausbruchs müsse nun die Aufarbeitung starten, heißt es von den Kassenärzten bis zum Bundespräsidenten. Offenbar soll das mindestens mit derselben Verve geschehen, die damals auch Impfskeptiker stigmatisierte.
Fast auf den Tag genau vor fünf Jahren hielt Angela Merkel ihre erste Ansprache: „Es ist ernst. Nehmen Sie es auch ernst.“ Danach wurde mit dem Infektionsschutzgesetz alles wegdesinfiziert, was an Widerspruch auftauchte. Ich weiß, wovon ich spreche, obwohl ich mich früh impfen ließ. Schon im Frühjahr 2020 schrieb ich ein paar Kommentare, weil mir die allzu saloppe Einschränkung diverser Grundrechte Sorgen machte. Jetzt müsse man Regierungskritik zurückstellen, warfen mir sogar Journalisten-Kollegen vor.
Nein, im Gegenteil: Gerade wenn’s existenziell wird, braucht Demokratie Widerspruch. Aber so sind wir Deutschen: Erst machen wir ziemlich viel falsch, um uns dann mit umso mehr Akribie in die Ursachenforschung zu stürzen. Brauchen wir aber wirklich Stuhlkreise wie zuletzt bei Frank-Walter Steinmeier in Schloss Bellevue? Bleiben wir höflich: Während Corona und Impfpflichtkrach gehörte er nicht gerade zu denen, die für Toleranz und Meinungsvielfalt warben.
Aus gleich drei Gründen halte ich weitere Betroffenheits-Inszenierungen deshalb für wenig hilfreich. Erstens: Die Aufarbeitung läuft ja längst. In Medien, Wissenschaft, Politik und vor Gericht, wo Korruption und Betrug rund um kriminelle Maskendeals und dubiose „Testzentren“ abgeurteilt werden. Daneben gibt es jene Irrtümer, die dem anfänglichen Druck eines noch unbekannten Virus geschuldet waren. Nur: Wen soll man etwa für das sinnlos-einsame Sterben in Alten- und Pflegeheimen heute zur Verantwortung ziehen?
Und dann gibt es jene Maßnahmen, in die man sich noch stürzte, als deren Wirkungslosigkeit längst klar war. Etwa die monatelangen Schulschließungen. Als berittene Polizei Spaziergänger von Parkbänken scheuchte und gefühlt nur noch fünf Kinder aus 2,8 Haushalten unter Wahrung der 3G-Regeln Geburtstagspartys feiern durften – da wussten wir doch alle, dass etwas sehr schieflief im Land. |