Der Goldpreis steht an einer entscheidenden Marke
Der Goldpreis steht an einer entscheidenden Marke von Sven WeisenhausDer Goldmarkt hat das vergangene Jahr 2017 mit einer starken Nachfrage abgeschlossen. So stieg der Bedarf im 4. Quartal gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 6 % auf 1.095,8 Tonnen (t). Dieser Anstieg reichte jedoch nicht aus, um insgesamt auch ein starkes Gesamtjahr zu erreichen. Denn unter dem Strich fiel die Nachfrage 2017 um 7 % auf 4.071,7 t. (Quelle: World Gold Council) Diesen Rückgang konnten auch die Zuflüsse in Gold-ETF nicht ausgleichen. Zumal die ETF-Investitionen nicht an die starke Nachfrage des Vorjahres heranreichten. Hier sank die Nachfrage von 547 t in 2016 auf nur noch 203 t in 2017. Das ist ein Rückgang um 63 %. Zwar erhöhten auch die Zentralbanken weiter ihre Bestände - die offiziellen Goldreserven stiegen um 371,4 t - doch auch hier blieben die Käufe unter dem Niveau des Vorjahres (-5 %). Und auch die Nachfrage nach Barren- und Münzgeld ging um 2 % auf 1.029,2 t zurück. Wenigstens die Nachfrage nach Schmuck zog um 4 % auf 2.135,5 t an. Doch insgesamt bleibt der Schmucksektor im historischen Kontext schwach. Steigende Zinsen machen Gold unattraktiver Die Schwäche in der physischen Goldnachfrage ist hauptsächlich durch einen starken Rückgang der US-Nachfrage begründet, die auf ein 10-Jahres-Tief von 39,4 t fiel (Vorjahr: 93 t). Und da gerade in den USA die Zinsen deutlich angestiegen ist, zeigt dies sehr deutlich, dass es Gold bei steigenden Renditen klassischer Geldanlagen sehr schwer hat, Käufer anzuziehen. Denn Gold erwirtschaftet keine Zinsen oder Gewinne. Und wenn ich mein Geld in Gold stecke, statt es in verzinsliche Anlagen zu investieren, dann lasse ich mir diese Marktzinsen entgehen. Ökonomen sprechen in diesem Fall von Opportunitätskosten der Gold-Anleger. Je höher der Zins, desto höher diese Kosten. Für den, der keine Krise erwartet und mit seinem Geld (relativ leicht) attraktive Renditen erzielen kann, wird Gold bei steigenden Zinsen also unattraktiver. Angebot übersteigt die Nachfrage um 8 % Und belastend für den Goldpreis ist auch, dass die Minenproduktion in 2017 auf ein Rekordhoch von 3.268,7 t stieg. Zwar ging das Recycling um 10 % von 1.295,1 auf 1.160,0 t zurück, weshalb auch das Gesamtangebot um 4% sank, doch mit 4.398,4 t war es immer noch deutlich höher als die Gesamtnachfrage (4.071,7 t). (Quelle: World Gold Council) Es lag also in 2017 ein Überangebot von 326,7 t bzw. 8 % vor. Da verwundert es auch kaum, dass sich der Goldpreis schon seit 5 Jahren nur seitwärts bewegt (siehe gelbes Rechteck im Chart). Es besteht aber Grund zur Hoffnung. Denn man kann seit dem Tief von Ende 2015 auch eine klare Aufwärtstendenz erkennen, die eine zunehmende Dynamik aufweist (grüne Linien im Chart). Aktienmarktkorrektur beflügelte den Goldpreis Diese Entwicklung ist sehr interessant. Denn in meiner vorangegangenen Gold-Analyse hatte ich am 20. Dezember 2017 geschrieben, dass „eine Korrektur am Aktienmarkt den Goldpreis kurzzeitig beflügeln“ könnte. Nun, ich war etwas zu spät mit dieser Aussage. Denn der Euro STOXX 50 (und der DAX) begann seine Korrektur bereits Anfang November. Und am 12. Dezember, also nur 8 Tage vor der damaligen Analyse, markierte der Goldpreis ein Tief bei 1.235,9 USD. Zum Zeitpunkt der Analyse stand er dann bei knapp über 1.260 USD. Aber bis heute hat er noch einmal rund 100 USD zugelegt. Zwar konnte der horizontale Widerstand bei 1.350 USD noch nicht nachhaltig überwunden werden, aber der Druck auf diese Hürde nimmt wegen der höheren Tiefs kontinuierlich zu. Es könnte also in Kürze ein bulisher Ausbruch anstehen, durch den der Goldpreis seine Gewinne ausbauen würde. Hoffen auf die nächste Krise Unterstützung erhält er dabei auch von fundamentaler Seite. Denn auch wenn das Jahr 2017 den Goldpreis aufgrund eines ungünstigen Angebots-Nachfrage-Verhältnisses bremste, so muss sich das ja nicht in die Zukunft fortsetzen. Denn der Anstieg der Minenproduktion scheint auf ein Ende zuzusteuern. Seit 2009 nimmt das Produktionsplus recht kontinuierlich ab (siehe Grafik). (Quelle: World Gold Council) Setzt sich dieser Trend fort und nimmt die Nachfrage nach Gold bald wieder zu, dürfte sich das Überangebot auflösen. Und das wird dazu führen, dass der Goldpreis einen kräftigen Satz nach oben macht. Fragt sich nur noch, woher dieser Nachfrageanstieg kommen soll, wenn die Zinsen doch nach allem, was wir aktuell wissen, weiter steigen werden. Vielleicht ist die nächste Rezession ja doch nicht so weit entfernt, wie es die meisten Institutionen derzeit noch glauben (siehe gestrige Börse-Intern)?! Oder die Anleger setzen verstärkt auf einen stärkeren Anstieg der Inflation, der ja das erklärte Ziel der Geldpolitik ist und in den USA sogar durch die zusätzlich expansiven Maßnahmen der Regierung angeheizt wird. Fazit Gold bleibt eher ein Kriseninvestment. Ziehen bald dunklere Wolken am Konjunkturhimmel auf oder zeichnet sich ein stärkerer Inflationsanstieg ab, könnte es einen bullishen Ausbruch beim Goldpreis begünstigen. Ob dieser dann nachhaltig sein wird, muss sich herausstellen. Denn bei steigenden Zinsen zeigt sich Gold eher belastet. Und wenn sich der Wirtschaftsaufschwung fortsetzt und die Zinsen weiter zulegen, könnte es zu einem Fehlausbruch kommen - oder statt eines Ausbruchs zu einem Bruch der Aufwärtslinien und einer Fortsetzung der Seitwärtsrange. In jedem Fall steht der Goldpreis derzeit an einer entscheidenden Marke. Und einen dynamischen Ausbruch nach oben kann man durchaus mit einer Long-Position begleiten. Und wer an eine Fortsetzung der Seitwärtsbewegung glaubt, könnte auf aktuellem Niveau einen Short-Einstieg wagen. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Geldanlage Ihr Sven Weisenhaus www.stockstreet.de
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