Liebe/r Leser/in, wollen Sie den Puls Ihrer Mitmenschen hochjagen, dann habe ich einen sicheren Tipp: Bringen Sie das Gespräch auf die drei Buchstaben „SUV“, das Kürzel für Geländewagen aller Art, und schon kommt Leben in die Bude, garantiert!
Kaum ein Thema erregt die Gemüter mehr. Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich rede. Schließlich habe ich es selbst erlebt, als ich vor Jahren über die Liebe der Deutschen zum SUV berichtet habe. Meine Quelle war damals eine Untersuchung, wonach Grünen-Wähler durchaus empfänglich sind für die Verlockungen von Geländewagen und sie die SUV sich – dank tendenziell höherem Einkommen – auch besser leisten können als manch andere Bevölkerungsgruppe.
Oh, oh, da war aber was los! Die Öko-Klientel fühlte sich verleumdet (oder auch nur ertappt), die Grünen-Hasser im Publikum wiederum ätzten über die Scheinheiligkeit der weltanschaulichen Gegner, die „im Porsche Cayenne zum Biobäcker“ rauschen. Und der Ton in der Debatte hat sich seither noch verschärft. Rangeleien im Straßenverkehr sind nichts gegen die verbalen Keilereien.
Wer in einem „Monster-SUV“ sitzt, hat in manchen Kreisen das Recht auf gesellschaftliche Akzeptanz verwirkt. Kein Wunder, dass mir eine prominente Klimaaktivistin nur unter dem Siegel absoluter Verschwiegenheit anvertraute, dass sie gelegentlich in ein SUV steige; „wegen der Kinder und der Pferde“.
Den Namen verrate ich nicht, das wäre grob geschäftsschädigend für eine Person, die mit Verzichtspredigten durch die Talkshows zieht. Ihr Verhalten jedoch offenbart den Zwiespalt zwischen Zeitgeist und nackten Zahlen. Draußen bei den Kunden ist der Siegeszug der Geländewagen nicht aufzuhalten. SUV sind die mit Abstand beliebteste Fahrzeugklasse, in Deutschland sowieso, aber auch global. 48 Prozent aller Neuwagenkäufer weltweit haben sich laut offiziellen Statistiken voriges Jahr für SUV entschieden.
In Paris hat sich nun die sozialistische Bürgermeisterin Anne Hidalgo heldenhaft gegen die SUV gestellt: Sie hat in einem Referendum vorigen Sonntag das Volk beschließen lassen, dass diese Art Auto nichts in der Innenstadt verloren hat. Damit das jeder und jede kapiert, werden die Parkgebühren für SUV verdreifacht, 18 Euro kostet demnächst die Stunde.
Es haben zwar nicht mal sechs Prozent der Pariser Bürger abgestimmt, und selbst von dieser Minderheit stellten sich nicht mal 55 Prozent auf die Seite der SUV-Feinde. Trotzdem wurde die Entscheidung in der einschlägigen Szene gefeiert als Triumph für die ökologische Vernunft, als Durchbruch für die Mobilitätswende. Wie zu erwarten hat die Idee zumindest schnell Anhänger unter deutschen Bürgermeistern gefunden. Mehr Geld aus den Geldbeuteln der Bürger ist für notorische klamme Kommunen immer gut, und SUV sind ein dankbares Feindbild.
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