seltsam leer ist es in der Stadt. Viel weniger Autos als sonst, auch die Fußgänger machen sich rar. Normalerweise gleicht die Vorweihnachtszeit in Berlin einer verlängerten Rushhour, die Menschen drängen sich in den Geschäften, und der von unserer Redaktion nur drei Gehminuten entfernte Kurfürstendamm ist bevölkert von Besuchern aus aller Welt. Dieses Jahr ist alles anders, seit gestern herrscht Lockdown. Gespenstische Leere überall. Es mag ja sein, dass die Eindämmungsmaßnahmen einen zur Ruhe kommen lassen, dass dies eine erzwungene Gelegenheit ist, sich darauf zu besinnen, dass Weihnachten eben kein Fest des Konsums sein sollte. Trotzdem fehlt mir etwas, nämlich diese allgemeine Beschwingtheit in den letzten Tagen vor Heiligabend. Ich kann es nicht genießen, finde es bedrückend. Vielleicht ändert sich das ja noch. Ein letzter Glühwein Vorgestern Abend war ich mit meinem Kollegen Moritz Gathmann nochmal kurz auf dem Weihnachtsmarkt vor der Gedächtniskirche. Einen letzten Glühwein trinken. Auch dort eine seltsame Atmosphäre, als ob sich ein dunkler Fatalismus über den Ort gelegt hätte, wo vor vier Jahren ein islamistischer Attentäter elf Menschen mit einem LKW tötete und 64 weitere Besucher zum Teil schwer verletzte. Am Dienstagabend kam uns dort jemand entgegen, der in einem Mickymaus-Kostüm steckte und seine überdimensionierte Mausepfote zum Gruß erhob. Warum auch immer. Ich gebe zu, dass Weihnachtsmärkte noch nie so mein Ding waren. Trotzdem freue ich mich darauf, wenn es nächstes Jahr vor Weihnachten wieder anders aussieht. Hoffentlich. Ihr Alexander Marguier, Chefredakteur |