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Liebe/r Leser/in,

in Zeiten von Krieg, Populismus und Protektionismus ist es nötig, an liberale Errungenschaften zu erinnern: Globalisierung und freier Welthandel sind ein großartiges Programm zur Steigerung des Wohlstands auf der Welt. Die Einsicht fällt immer dann schwer, wenn Wahlkämpfer auf den schnellen Profit aus sind. Nur so ist es zu verstehen, warum Amerikas Präsident Joe Biden die nächste Stufe im Handelskrieg gegen China zündet. Unter Verweis auf unfaire Praktiken der Volksrepublik verhängt er Strafzölle ausgerechnet in jenen Schlüsselbranchen, welche er selbst massiv mit staatlichen Mitteln päppelt – was genau er nun den Chinesen vorwirft.

Verrückter geht es kaum, kommentiert die „FAZ“. Betroffen von Bidens Bann sind Elektroautos und Stahl, Halbleiter und Hafenkräne, Batterien und Solarzellen; insgesamt geht es um ein ­Importvolumen von 18 Milliarden Dollar; kein Klacks, aber auch nicht gewaltig angesichts eines 25-mal so hohen Gesamtimportvolumens aus China. Besonders drastisch, da besonders symbolträchtig, sind die Einfuhrzölle auf chinesische E-Autos, mit 100 Prozent Zoll zieht Biden da praktisch die Grenzen hoch. Donald Trump hatte bereits mit ­Zöllen von 200 Prozent auf die China-Konkurrenz gewunken, verbunden mit der Warnung, es drohe den amerikanischen Herstellern ein „Blutbad“, sollte er nicht als Präsident in Weiße Haus einziehen.

So oder so, der Handelskrieg ist keine Sache zwischen Peking und Washington, der Konflikt schädigt auch uns. Direkt getroffen sind europäische Autohersteller, die in China fertigen lassen, wie die Bayerischen Motorenwerke, die kleine E-Minis wie mittelgroße SUV dort produzieren, aus bayerischen Autos werden damit aus US-Blick schnell strafwürdige chinesische Modelle.

Zudem geraten die Europäer auf ihrem Heimatmarkt unter Druck, wenn die Chinesen gezwungen sind, dorthin auszuweichen. Eine Gegenreaktion erscheint da zwangsläufig. Brüssel hat die Strafmaschinerie bereits angeworfen. Die Welt könne Chinas Überproduktion nicht absorbieren, man werde marktverzerrende Praktiken nicht akzeptieren, rüstet Kommissionspräsidentin Ursula vonder Leyen schon mal auf, sehr zum Gefallen ihres Förderers Emmanuel Macron (an dem ihr Spitzenamt hängt) und in Kontrast zur deutschen Position, vertreten von Bundeskanzler Olaf Scholz wie der heimischen Automobilindustrie. Der Widerspruch lässt sich leicht erklären: Die französischen Hersteller müssen die chinesischen Wettbewerber stärker ­fürchten als die deutschen Premiummarken, die höherpreisig unterwegs sind.

Zudem haben die Franzosen von etwai­gen Gegenmaßnahmen in China kaum Unheil zu erwarten: Wer dort nicht vertreten ist, hat nichts zu verlieren. Deutschland dagegen ist hochgradig verletzlich. Jede zweite in Deutschland gebaute S-Klasse wird in China verkauft. Trotz dieser Einwände wird Brüssel in der ersten Juni-Woche, pünktlich zur Europawahl, aller Voraussicht nach Strafzölle beschließen. Die Frage ist nur, wie hoch die ausfallen. Die nächste Stufe der Eskalation ist damit programmiert. Und am Ende bleibt es dabei: Der Protektionist schadet nicht nur den anderen, sondern auch sich selbst. Handelskriege kennen nur Verlierer.

Herzlich Ihr

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Georg Meck,
Chefredakteur FOCUS-Magazin

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