wie halten Sie es mit dem Impfen? Pardon, dass ich diese indiskrete Frage stelle – und natürlich erwarte ich keine Antwort. Aber beklemmend ist es durchaus, wie sehr die Diskussion über Sinn und Wirkung von Vakzinen schon seit Wochen unseren Alltag bestimmt. Ob man sich schon habe spritzen lassen, und wenn ja, womit: Das ist offenbar zum unverzichtbaren Smalltalk-Thema unter Freunden, Bekannten und Kollegen geworden. Dabei geht es eigentlich um eine recht intime Angelegenheit, zu der sich aus gutem Grund nicht jeder äußern möchte. Doch irgendwie scheint ein persönliches Bekenntnis zu Pfizer, Moderna, Astra & Co. inzwischen zum guten Ton zu gehören. Und auch viele Politiker machen jetzt unmissverständlich deutlich, dass sie von jeder Bürgerin, von jedem Bürger eine Impfbereitschaft erwarten. Was ist von dieser Übergriffigkeit zu halten? Unser Autor Alexander Grau ist jedenfalls der Meinung: Der Staat sollte sich davor hüten, das Private zum Öffentlichen zu machen. Denn ansonsten könnte die Frage nach dem Impfen erst der Anfang eines zunehmend illiberalen Gesellschaftsverständnisses gewesen sein. Vielerorts haben die Ferien schon begonnen – endlich durchatmen! Dennoch finden Sie heute bei uns noch einen lesenswerten Beitrag zur Bildungsdebatte. Der Schule wird ja immer wieder vorgeworfen, sie vertiefe die Kluft zwischen den Kindern aus dem Bildungsbürgertum und aus bildungsfernen Schichten. Doch Kritiker lassen außer Acht, dass die Weichen für eine erfolgreiche Schulkarriere im Elternhaus gestellt werden, analysiert der ehemalige Berliner Gymnasiallehrer Rainer Werner in einem Essay. Eine seiner Schlussfolgerungen: Der persönliche Faktor im Unterrichtsgeschehen wurde jahrelang unterschätzt, weil man das Heil immer nur in Strukturreformen gesehen hat. Etwas weniger Staatsgläubigkeit und ein bisschen mehr Vertrauen in die Wirksamkeit persönlicher Verantwortung können eben auch auf diesem Feld nicht schaden. Ihr Alexander Marguier, Chefredakteur |