Der wöchentliche Überblick zur Lage in den USA
Was jetzt, America?
Der wöchentliche Überblick zur Lage in den USA
von Rieke Havertz
Internationale Korrespondentin

Good morning! Los Angeles brennt, das Internet bald vielleicht auch, wenn Facebook und Instagram ihre Faktenchecks beenden, und Donald Trump ist, wie man im Amerikanischen sagt, auch schon vor seiner offiziellen Amtsübernahme im Weißen Haus “on fire” – er fabuliert darüber, Grönland zu kaufen und Kanada zum 51. Bundesstaat zu machen. Die US-Expertinnen fassen Ihnen die wichtigsten Ereignisse der Woche zusammen. Folge 25 erreicht Sie aus Washington, D.C.

10 Tage bis zur Amtseinführung

Das Jahr 2025 ist noch keine zwei Wochen alt und schon macht in meiner Bubble in den Sozialen Netzwerken ein Witz die Runde, dass man das Jahr doch lieber wieder zurückgeben würde. Ihr Galgenhumor überdeckt die Sorgen, die viele Menschen schon früh im Jahr verspüren, wenn sie auf diese Welt blicken – nicht nur die US-amerikanische. In den wenigen ruhigen Tagen zwischen den Jahren habe ich viel darüber nachgedacht, ob ich dieses Land, das ich seit 20 Jahren meine zweite Heimat nenne, noch wiedererkenne. Ob es mein Amerika überhaupt noch gibt? Um Antworten auf diese Fragen zu finden, bin ich an meine alte Universität nach Ohio zurückgekehrt.   

In dieser Woche bleibt in Washington für solche Gedanken keine Zeit. Man weiß gerade gar nicht, welche Nachrichtenlage man zuerst verfolgen soll und wie diese Ereignisse das Land verändern werden: In Los Angeles kämpfen Feuerwehrkräfte gegen zerstörerische Waldbrände, es sind apokalyptische Bilder. Eines davon beschreibt meine Kollegin Tina Ahrens in diesem Letter. Donald Trump und seine Anhänger sprechen, während Zehntausende ihr Hab und Gut verlieren, nicht über die Folgen des Klimawandels, sondern machen die Demokraten für die Katastrophe verantwortlich.  

Der künftige Präsident ist noch nicht im Amt, gibt aber bereits Pressekonferenzen, die deutlich machen, worauf sich die Welt wieder einstellen muss. Trump fabuliert darüber, den Golf von Mexiko in Golf von Amerika umzubenennen, meldet Ansprüche auf den Panamakanal und Grönland an und denkt, Kanada wäre doch ein netter 51. Bundesstaat.   

Und dann ist da noch Mark Zuckerbergs Kniefall vor Trump. Der Meta-Chef kündigte an, dass auf seinen Plattformen Instagram, Facebook und Threads die Faktenchecks eingestellt werden. Er nennt das einen “kulturellen Wendepunkt”. Wie Plattformen aussehen, bei denen Faktenchecks eher Randerscheinungen sind, lässt sich schon heute bei X beobachten. Elon Musks Plattform ist zu einem Forum für Propaganda und Desinformation geworden.  

Vielleicht müssen wir künftig einfach wieder mehr bloggen?  

Haben Sie ein schönes Wochenende.

Meine drei Texte der Woche

Sie handeln von Mark Zuckerberg, Grönland, Panama und der Vogelgrippe.

In Brüssel wähnte man sich für einen Präsidenten Trump gut gerüstet. Doch dessen Grönland-Ambitionen legen offen, wie sehr die EU altem Denken verhaftet ist, kommentiert mein Kollege Ulrich Ladurner und schreibt: Die EU denkt einfach nicht verrückt genug für Donald Trump. → Zum Artikel
Mark Zuckerberg baut seine Netzwerke Instagram und Facebook so um, dass sie Donald Trump gefallen. Mein Kollege Jakob von Lindern analysiert: Wie Elon Musk wäre er gern der Kumpel des Präsidenten. → Zum Artikel
Friedlich, ohne Zwischenfälle, hat der Kongress unter Kamala Harris exakt vier Jahre nach dem Sturm auf das Kapitol Donald Trumps Wahlsieg bestätigt. Doch die Gewalt des 6. Januar 2021 hat unwiderruflich etwas verändert, analysiert meine Kollegin Johanna Roth. → Zum Artikel
Wer sagt denn sowas?

“The recent elections also feel like a cultural tipping point.”

a) Yuval Noah Harari
b) Mark Zuckerberg
c) Greta Thunberg

Wollen Sie uns hören? 

In dieser Folge von OK, America? diskutieren mein Kollege Klaus Brinkbäumer und ich über den Sturm auf das Kapitol und die Umdeutung des Tages durch Trumps Anhänger mit seiner Wiederwahl. In dieser Folge von English, please! geht es um den neuen Roman von Sally Rooney und die Bedeutung des Wortes “demure”. Und hier hören Sie unseren Rückblick Vier Jahre Trump in 48 Episoden.

Das Bild der Woche

Meine Kollegin Tina Ahrens ist die Chefin der Bilder von ZEIT ONLINE. An dieser Stelle schreibt sie jede Woche über ein Foto, das sie besonders bewegt hat.

© Philip Cheung/NYT/Redux/laif

"Mehrere große Waldbrände sind in der Region um Los Angeles entfacht. Sie gelten als die zerstörerischsten Brände der letzten Jahrzehnte. Windgeschwindigkeiten von teils 130 Kilometer pro Stunde erschweren die Löscharbeiten, immer wieder lodern die Feuer neu auf. In der gesamten Metropolregion um Los Angeles mussten bereits über 130.000 Menschen ihre Häuser verlassen. Auch die Bekanntgabe der Oscarnominierungen wurde aufgrund der Brände um zwei Tage verschoben. Der Fotograf Philip Cheung hat einen jungen Mann aufgenommen, der allein eine Straße in Pacific Palisades, einem Stadtteil im Westen von Los Angeles, entlang geht. Er schaut sich die Zerstörung an. Ganz links im Bild brennt noch ein einzelner Busch. Wer genau hinsieht, entdeckt die Ironie des Bildes in dem Logo auf dem Sweatshirt des Mannes: Dort prangt groß der brennende Buchstabe Y (ein Merch-Artikel der TV-Serie “Yellowstone Dutton Ranch” mit Hollywood Star Kevin Costner)."

Und sonst so?

Was müssen Sie diese Woche sonst noch gesehen, gelesen, angeschaut haben?

  • Dieses Video über zwei im Schnee spielende Pandas aus dem Smithsonian’s National Zoo in Washington, D.C.

  • Diesen Essay in Electric Literature über die Entscheidung der Autorin, ihr Kind über eine Leihmutter zu bekommen

  • Diesen Essay aus The Atlantic über Einsamkeit in der US-amerikanischen Gesellschaft

Das war die 25. Spezialausgabe unseres Was-jetzt?-Newsletters zur Lage in den USA. Sie erscheint jeden Freitag und wird geschrieben von Amrai Coen, Marcus Gatzke, Rieke Havertz, Carsten Luther, Katharina Meyer zu Eppendorf, Johanna Roth, Anna Sauerbrey und Fiona Weber-Steinhaus.

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