Noch 18 Tage bis zur US-Wahl
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Was jetzt, America?
Der wöchentliche Überblick zur US-Wahl
von Marcus Gatzke
Ressortleiter im Ressort Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, ZEIT ONLINE

Good morning! Kamala Harris war bei Fox News, Joe Biden ist in Deutschland, und in den USA haben die Ersten ihre Stimme abgegeben. Die US-Expertinnen fassen Ihnen die wichtigsten Ereignisse der Woche zusammen. Folge 14 erreicht Sie aus Berlin.

Noch 18 Tage bis zur Wahl

Wir müssen reden. Über einen möglichen Sieg von Donald Trump. Die Umfragen bewegen sich seit Wochen nur marginal. Sie sind too close to call – zu eng, um eine realistische Prognose zum Wahlausgang zu wagen. In Europa schaut man vielleicht auch deshalb im Moment weniger auf die USA. Wir scheinen darauf zu vertrauen, dass Harris schon irgendwie gewinnen wird. Et hätt noch immer jot jejange, würde der Rheinländer in mir sagen. Das Problem: Die Debatte, was passiert, sollte Trump gewinnen, wird nicht ausreichend geführt.  

"Naiv" nennt das der Politikwissenschaftler Jan-Werner Müller von der Universität Princeton. Autokraten seien gerade dann gefährlich, wenn sie zum zweiten Mal an die Macht kämen. Meine Kollegin Ileana Grabitz und ich haben in dieser Woche lange mit ihm über die politische Situation und den Rechtsruck in Europa (schwierig, aber nicht hoffnungslos) und in den USA (sehr düster) gesprochen. Er warnt vor einem Staatsstreich in den USA. 

Wer mehr über das erfahren will, was die USA und den Rest der Welt bei einem Trump-Sieg erwarten würde, sollte zudem das Project 2025 kennen – auch wenn Trump immer wieder behauptet, er habe damit nichts zu tun. Mehrere ehemalige Beamte der ersten Trump-Regierung haben an den Vorschlägen für einen kompletten Umbau des Staates mitgearbeitet. Der Podcast The Daily beschreibt eine mögliche zweite Amtszeit von Trump mit nur einem Wort: "revenge" – Rache. 

Zum Schluss vielleicht noch ein Ausblick: Meine Tochter fragte am Frühstückstisch, warum es überhaupt noch Menschen gibt, die freiwillig Trump wählen. Eine naive, aber vielleicht gerade deshalb gute Frage. Wir werden versuchen, sie in Kürze mit einem größeren Datenprojekt zu beantworten. Wer schon jetzt etwas lesen will, dem empfehle ich diese schon etwas ältere Studie

Haben Sie ein schönes Wochenende!

Meine drei Texte der Woche

Sie handeln diese Woche von Kamala Harris, Umfragen und einem ganz besonderen Republikaner.

Bei der Wahl dreht sich alles um sieben Swing-States. Unser Rechner zeigt, wer in welcher Konstellation gewinnt und warum es am Ende auf 0,5 Prozentpunkte ankommt. → Zum Artikel
Kamala Harris hat sich in die Höhle des Löwen gewagt und Fox News ein Interview gegeben. Meine Kollegin Johanna Roth hat es sich angeschaut und spricht von einem Boxkampf. → Zum Artikel
Der Countrysänger Jelly Roll ist das Idol weißer Nichtwähler und Trump-Fans. Mein Kollege Paul Middelhoff war beim Konzert in Kentucky. → Zum Artikel
Wer sagt denn sowas?

"There's an obsession here with focusing on 2020"

a) Donald Trump
b) J. D. Vance
c) Kevin McCarthy

Wer liegt vorn?

Mein Kollege Christian Endt weiß alles über Daten. An dieser Stelle ordnet er für uns ab sofort jede Woche die aktuellen Wahlstatistiken aus den USA ein. 

"In den Umfragedaten kann man aktuell eine gewisse Dynamik zugunsten von Donald Trump beobachten. Trump holt in den bundesweiten Umfragen etwas auf und baut seine Führung in den ihm zugeneigten Swing-States Arizona und Georgia aus. Zugleich schmilzt der Vorsprung von Kamala Harris in Wisconsin, Michigan und Nevada. Knapp war das Rennen vorher schon, in den vergangenen Tagen ist es noch mal knapper geworden. Dennoch: Die Bewegungen in den Zahlen sind weiterhin minimal. Die Verschiebungen zwischen beiden Kandidaten spielen sich vor allem hinter dem Komma ab. Die Fehlermarge der Umfragen liegt dagegen bei mindestens drei bis vier Prozentpunkten. Da einen Trend abzulesen, ist ein bisschen wie Briefmarken auf eine Personenwaage zu legen."

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Aus meinem Terminkalender

  • Freitag, 18. Oktober: US-Präsident Joe Biden besucht Berlin.  

  • Freitag, 18. Oktober: Die demokratische Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris macht Wahlkampf in Grand Rapids, Lansing und Oakland County im Bundesstaat Michigan sowie im Bundesstaat Wisconsin. 

  • Samstag, 19. Oktober: Kamala Harris macht Wahlkampf in Detroit im Bundesstaat Michigan. 

  • Sonntag, 20. Oktober: Kamala Harris, geboren 1964, wird 60 Jahre alt. 

  • Montag, 21. Oktober: Die Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank startet in Washington, D. C. 

  • Dienstag, 22. Oktober: Donald Trump spricht bei einer Veranstaltung der mächtigen Waffenlobby NRA in Savannah im US-Bundesstaat Georgia, und der demokratische US-Vizepräsidentschaftskandidat Tim Walz tritt gemeinsam mit Ex-Präsident Barack Obama in Wisconsin auf. 

  • Donnerstag, 24. Oktober: In Washington, D. C., treffen sich die Finanzminister und Zentralbankchefs der G20-Staaten. 

  • Donnerstag, 24. Oktober: Der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump macht Wahlkampf in Duluth im Bundesstaat Georgia. 

Die Wahl zwischen Harris und Trump polarisiert und gilt als richtungsweisend. Was denken die Wähler? Unsere Mini-Videoporträts von zufällig ausgewählten Menschen. → Zum Artikel

Wollen Sie uns hören?

In dieser Folge von OK, America? diskutieren meine Kollegen Rieke Havertz und Klaus Brinkbäumer über die vielen Umfragen und wie Trump und Harris darauf reagieren. Und hier hören Sie weitere Episoden unseres Rückblicks Vier Jahre Trump in 48 Episoden.

Das Bild der Woche

Meine Kollegin Tina Ahrens ist die Chefin der Bilder von ZEIT ONLINE. An dieser Stelle schreibt sie jede Woche über ein Foto, das sie besonders bewegt hat.

© Rebecca Noble/Getty Images

"Beim Wahlkampf in Prescott Valley im US-Bundesstaat Arizona begrüßt Donald Trump den National Border Patrol Council. Die Gewerkschaft vertritt die Agenten und das Hilfspersonal der United States Border Patrol. Im umkämpften Bundesstaat versprach Trump, 10.000 neue Agenten einzustellen, die die Grenze zwischen den USA und Mexiko sichern sollen. Mir fällt im Foto von Rebecca Noble auf, dass bei der Gewerkschaft fast nur Männer Mitglied zu sein scheinen. Bis auf zwei Ausnahmen sind sie allesamt weiß, allesamt mittleren Alters. Die Grenzpolizei scheint nur eine bestimmte Gruppe als Arbeitgeber anzusprechen."

Und sonst so?

Was müssen Sie diese Woche sonst noch gesehen, gelesen, angeschaut haben? Diesmal stellt ZEIT-Redakteurin Katharina Meyer zu Eppendorf ihren Fund vor.

"Sollte die Regierung strengere Vorschriften für die Nutzung von Kryptowährungen einführen? Sollten die USA die Steuern für Reiche erhöhen? Sollte der Präsident das US-Militär gegen mexikanische Drogenkartelle mobilisieren? So lauten drei der mehr als 100 Fragen, die US-Amerikaner auf I side with beantworten können. Die Website ist eine Art Wahl-O-Mat für die US-Präsidentschaftswahlen. Dieser fragt unter anderem auch ab, wie wichtig einem eine bestimmte Antwort ist oder welche Eigenschaften, wie zum Beispiel "gesunder Menschenverstand", "Entschlossenheit" oder "Intelligenz", bei einem Kandidaten wichtig sind. In den USA kann man derzeit noch nicht sagen, wie die Mehrheit diese Fragen beantworten wird. In Deutschland jedoch schon. Laut einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom würden hier 65 Prozent Kamala Harris und 14 Prozent Donald Trump wählen. Das macht Ihnen Sorgen? Damit sind Sie nicht allein. Laut der Umfrage sorgen sich in Deutschland 79 Prozent um den Ausgang der US-Wahlen."

Das war die 14. Spezialausgabe unseres Was-jetzt?-Newsletters zur US-Wahl 2024. Sie erscheint jeden Freitag zusätzlich zum Morgenüberblick und wird geschrieben von Amrai Coen, Marcus Gatzke, Rieke Havertz, Carsten Luther, Katharina Meyer zu Eppendorf, Johanna Roth, Anna Sauerbrey und Fiona Weber-Steinhaus. 

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