Noch 5 Wochen bis zur US-Wahl
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Was jetzt, America?
Der wöchentliche Überblick zur US-Wahl
von Fiona Weber-Steinhaus
Verantwortliche Redakteurin Ausland, ZEIT ONLINE

Good morning! Eine wichtigeUN-Vollversammlung in Washington und ein Tod, der hätte verhindert werden können. Die US-Expertinnen fassen Ihnen die wichtigsten Ereignisse der Woche zusammen. Folge 11 erreicht Sie aus Hamburg. 

Noch fünf Wochen bis zur Wahl

Bei der UN-Vollversammlung kommen die wichtigsten Akteure der Weltpolitik in New York zusammen – und stehen auch manchmal fast im selben Aufzug. Meine Kollegin Johanna Roth fuhr in der Kabine runter, als die Tür sich plötzlich öffnete. Vor ihr: blonde Hünen, die sie mit steinernem Blick aus der Kabine winkten. Der Mann hinter den großen Bodyguards trug grüne Hosen und einen grünen Pullover und lächelte nett: Wolodymyr Selenskyj.  

In seiner Rede vor der Generalversammlung aber wurde deutlich, für wie prekär der ukrainische Präsident eigentlich die Unterstützung der USA und auch Deutschland einschätzt. Er skizzierte Schreckensszenarien, die bei aller realer Gefahr etwas Unwürdiges hatten, kommentiert mein Kollege Jörg Lau. Vielleicht auch verständlich, denn: “die Bekenntnisse, man werde die Ukraine ‘so lange wie nötig’ unterstützen, klingen zusehends hohl“, schreibt Lau. Und die US-Regierung gerate im Wahlkampf Donald Trumps zunehmend unter Druck.   

Sie können in den Analysen der geschätzten Kollegen diese Woche lesen, wie die großen Konflikte der Welt den US-Wahlkampf und die US-Politik beeinflussen: der Krieg in Gaza, die Angriffe der Terrormiliz Hisbollah auf Israel, die Angriffe der israelischen Armee auf den Libanon und der russische Angriffskrieg auf die Ukraine.  

Meine Kollegin Rieke Havertz etwa analysiert mit Blick auf das Treffen von Selenskyj und Joe Biden, wie viel der US-Präsident vor dem Ende seiner Amtszeit überhaupt noch ausrichten kann im Bemühen um Frieden. Sicher ist nur: „Er wird seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger viele außenpolitische Probleme übergeben.“  

Sie brauchen nach der Weltlage noch etwas Aufheiterung? Deswegen hier und im Terminkalender noch etwas cat content: Beim Reeperbahnfestival in Hamburg stand der südafrikanische Künstler The Kiffness auf der Bühne. Kennen Sie nicht? Ich auch nicht. Bis ich nach der TV-Debatte zwischen Trump und Harris in den Niederungen der sozialen Medien den Remix von Trumps Lüge über Haitianer in Springfield in Ohio hörte.  Auf der Bühne der Großen Freiheit 36 in Hamburg schien der Südafrikaner zwischendrin ernsthaft überrascht, dass plötzlich das ganze Publikum “They’re eating the dogs. They’re eating the cats. The’re eating the pets of the people that live there“ mitsang. Manchmal verwandeln sich Lügen doch auch in Kunst.  

Meine drei Texte der Woche

Sie handeln vom Tod einer Frau, Gewerkschaften und einem Rückblick auf vier Jahre Trump-Präsidentschaft.

In den USA wurde der erste Tod einer Frau infolge eines Verbots von Schwangerschaftsabbrüchen bekannt. Meine Kollegin Johanna Roth fragt sich: Kann das die Präsidentschaftswahl drehen? → Zum Artikel
Die starke Teamsters-Gewerkschaft will Kamala Harris nicht unterstützen. Stattdessen wenden sich die Mitglieder Donald Trump zu, der Arbeitnehmerrechte schwächen will, schreibt meine Kollegin Heike Buchter: → Zum Artikel
Was würde eine zweite Amtszeit von Donald Trump bedeuten? Niemand kann in die Zukunft schauen – wohl aber zurück. Wir haben uns Trumps 48 Monate Regierungszeit angeschaut. Sie können Sie bis zur Wahl in 48 Episoden anhören. → Zum Artikel
Wer sagt denn sowas?

"She's not black. That's what I heard. That she’s Indian.”

a) Kid Rock
b) Janet Jackson
c) Donald Trump

Wer liegt vorn?

Mein Kollege Christian Endt weiß alles über Daten. An dieser Stelle ordnet er für uns ab sofort jede Woche die aktuellen Wahlstatistiken aus den USA ein. 

“In den vergangenen Tagen haben sich die Daten etwas zu Ungunsten von Kamala Harris entwickelt. Ihr Vorsprung im größten und wichtigsten Swing-State Pennsylvania schrumpft. Zugleich baut Donald Trump seine Führung in den südlichen Swing-States aus. In Georgia lagen beide Kandidaten Mitte September gleichauf, nun liegt Trump zwei Prozentpunkte vorne. In North Carolina liegen beide Kopf an Kopf, doch seit dem 23. September liegt nicht mehr Harris, sondern Trump im Mittelwert der Umfragen um Haaresbreite vorne. Einziger Trost für die Demokraten: In Florida, wo zuletzt zweimal Trump gewann, geht dessen Vorsprung zurück. Erste Beobachter diskutieren bereits, ob Florida deshalb auch in die Liste der Swing-States aufgenommen werden muss. Noch ist Trumps Vorsprung mit vier Prozentpunkten aber relativ komfortabel.”

Aus meinem Terminkalender

  • Freitag, 27. September: Donald Trump macht Wahlkampf in Warren im US-Bundesstaat Michigan und Prairie du Chien in Wisconsin, Kamala Harris außerdem im kalifornischen San Francisco und der republikanische Vizepräsidentschaftskandidat J. D. Vance in Newton in Pennsylvania. 

  • Dienstag, 1. Oktober: Der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter wird 100 Jahre alt. Der Republikaner hat angegeben, Kamala Harris zu wählen. Jimmy Kater, die Katze meines Kollegen Christian Vooren ist mit ihren 14 Jahren auch nicht mehr die jüngste, aber auch noch immer rüstig unterwegs.  

  • Dienstag, 1. Oktober: Die beiden Vizepräsidentschaftskandidaten J. D. Vance und Tim Walz debattieren im Fernsehen miteinander.  

  • Donnerstag, 3. Oktober: Das Berufungsgericht im US-Bundesstaat Georgia wird sich mit der Frage beschäftigen, ob die leitende Staatsanwältin im Wahlbetrugsverfahren gegen Trump im US-Bundesstaat Georgia ihre Ermittlungen weiterführen darf. 

Wollen Sie uns hören?

In dieser Folge von OK, America? diskutieren meine Kollegen Rieke Havertz und Klaus Brinkbäumer, wie eine zukünftige Außenpolitik der USA unter Donald Trump oder aber Kamala Harris aussehen könnte: Wird dann "America first" gelten oder Bidens Politik der internationalen Kooperationen – mit den USA als Führungsmacht, aber Teamplayer? Und hier hören Sie den Recherchepodcast WHITE über einen ehemaligen Neonazi aus Arizona.

Das Bild der Woche

Meine Kollegin Tina Ahrens ist die Chefin der Bilder von ZEIT ONLINE. An dieser Stelle schreibt sie jede Woche über ein Foto, das sie besonders bewegt hat.

© Mark Peterson/Redux/laif

„Eric Adams ist der 110. Bürgermeister von New York. Hier zu sehen in dem Bild von Mark Peterson bei der African American Day Parade in Harlem am 15. September. Die African American Day Parade, während der Bürgerrechtsbewegung in den Sechzigerjahren ins Leben gerufen, feiert die afroamerikanische Gemeinschaft und ihre Errungenschaften der letzten Jahrzehnte. Just diese Woche steht der Demokrat Eric Adams aber nicht als Vorbild, sondern wegen einer Anklage im Staat New York im Fokus. Ihm wird vorgeworfen, mit der türkischen Regierung konspiriert und illegale ausländische Spenden für seine Kampagne als Bürgermeister erhalten zu haben. Und obwohl er damit der erste amtierende Bürgermeister sein wird, der strafrechtlich angeklagt wird, ist Adams nicht der erste, gegen den strafrechtliche Ermittlungen eingeleitet wurden. Man denke an Rudy Giuliani, Michael Bloomberg und Bill de Blasio. Nicht jeder eignet sich eben zum Idol.“

Und sonst so?

Was müssen Sie diese Woche sonst noch gesehen, gelesen, angeschaut haben? Diesmal stellt ZEIT-Redakteurin Katharina Meyer zu Eppendorf ihren Fund vor. Sie arbeitet gerade in Los Angeles im US-Bundesstaat Kalifornien.

“Ein liberaler Teenager in der Mitte von 20 Trump-Unterstützern. Was zumindest für mich nach einem Albtraum klingt, schien für Dean Withers kein Problem zu sein. Der 19-jährige US-Amerikaner und TikToker, der das Debattieren laut eigenen Angaben zu seinem Job gemacht hat (er finanziert sich aus Spenden seiner Community) war vergangene Woche in einem Format des YouTube-Kanals Jubilee zu Gast und tat dort genau das: Er debattierte mit Trump-Supportern darüber, dass Trump ein Rassist sei, Demokraten viel patriotischer als Republikaner seien, und, natürlich, dass Kamala Harris die bessere Präsidentin werde. Beeindruckend dabei: Withers trug seine Argumente in den fast zwei Stunden immer ruhig vor. Seine Gegner, die Republikaner, wurden immer emotionaler. Withers erzählte später auf TikTok über diese Debatte: I’ve never been tested more in my whole life. Ein Spaziergang war das für ihn also nicht, allerdings eben auch kein Albtraum. Was schon viel wert ist in einem Land, das politisch zerrissener gerade nicht sein könnte.”

Das war die elfte Spezialausgabe unseres Was-jetzt?-Newsletters zur US-Wahl 2024. Sie erscheint jeden Freitag zusätzlich zum Morgenüberblick und wird geschrieben von Amrai Coen, Marcus Gatzke, Rieke Havertz, Carsten Luther, Johanna Roth, Anna Sauerbrey und Fiona Weber-Steinhaus. Die Vorrecherche und nächtliche Produktion hat Katharina Meyer zu Eppendorf in Kalifornien übernommen. 

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