Journalisten auf Leitern, drangvolle Enge, Kamera-Teams aus der ganzen Welt, die die besten Plätze ergattern wollen: So groß war das Interesse an der AfD noch nie. 450 Journalisten hatten sich akkreditiert, nur 150 passen in die Räume der Bundesgeschäftsstelle in Berlin-Reinickendorf in einem 90er-Bürobau. Der Applaus ist verhalten, als um 18 Uhr die erste Hochrechnung über die Monitore flimmert. 19,5 Prozent für die AfD. Das ist zwar fast doppelt so viel wie bei der Bundestagswahl 2021, ein historischer Moment, wie AfD-Fraktionschef Tino Chrupalla bemerkt. Doch nach dem turbulenten Wahlkampf der vergangenen Wochen, nach den Alice-Weidel-Festspielen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, nach der Wahlwerbung durch den Tech-Milliardär Elon Musk und der Pro-AfD-Rede des US-Vizepräsidenten J.D. Vance hatte sich die Partei deutlich mehr Stimmen erhofft. Im Laufe des Abends klettert das Ergebnis nach oben. Die AfD liegt in allen ostdeutschen Flächenländern vorn. Eine Koalition mit CDU/CSU? Die Hand sei ausgestreckt, sagt Alice Weidel zwar. Doch die Union ist nach wie vor der größte Feind der AfD. In Anspielung auf eine frühere Äußerung von Ex-Parteichef Alexander Gauland sagt Weidel: „Wir werden die anderen jagen, dass sie vernünftige Politik für unser Land machen.“ An der Biertheke erzählen Bundestagsabgeordnete, niemand habe ernsthaft Interesse, zusammen mit CDU/CSU zu regieren: „Die klauen uns nur unsere Ideen, und wenn sie damit Erfolg haben, verkaufen sie sie als ihre eigenen. Wenn es schief geht, machen sie uns dafür verantwortlich.“ Für die AfD eine Lose-Lose-Situation. Lieber würde man eine Minderheitsregierung tolerieren, um die Union vor sich herzutreiben. Und noch lieber sehe man zu, wie sie sich in einer wie auch immer gearteten Koalition mit „den Linksparteien“ selbst zerlege. Spätestens in zwei Jahren werde dann ja sowieso wieder neu gewählt. Und dann, da ist man sich in der AfD alle einig, reiche es für die absolute Mehrheit. (ah) |