Man kennt das vom Italienurlaub. Füllt sich die Piazza nach der Nachmittagshitze mit Menschen, steigt der Lärmpegel beträchtlich. Und wer schon einmal einen Markt im Senegal oder in Marokko besucht hat, kennt den phonetischen Trubel in diesen Breitengraden. Ein Team chinesischer Sprach- und Kulturforscher sowie der Kieler Slawistik-Experte Søren Wichmann wiesen nun nach, dass die Lautstärke einer Sprache und die Temperatur in ihrer Verbreitungsregion positiv korrelieren. Je heißer es ist, desto mehr Dezibel hat ein durchschnittliches Gespräch.
Grundgedanke der in einem Journal der US-amerikanischen Wissenschaftsakademie erschienenen Studie sei es gewesen, dass der Mensch beim Sprechen und Zuhören von Luft umgeben ist. Weil Worte als Schallwellen reisen, beeinflussen die physikalischen Eigenschaften der Luft die Sprache. Trockene, kalte Luft stelle eine Herausforderung für die Produktion stimmhafter Laute dar, während warme Luft eher stimmlose Laute begrenze, „indem sie deren Hochfrequenzenergie absorbiert“, so Wichmann.
Den höchsten Wert an Sonorität – Schallfülle – fand das Forschungsteam bei Sprachen in Ozeanien und Afrika, vor allem nahe dem Äquator. Den niedrigsten wiesen die Salish-Sprachen auf. Es gibt 23 von ihnen, die Indigene in der kanadischen Provinz British Columbia und dem US-Bundesstaat Washington sprechen.
Kurt-Martin Mayer, Wissen & Gesundheit |