Liebe Frau Do, Bund und Länder haben tatsächlich endlich einheitliche Corona-Regeln vereinbart. Acht Stunden haben die Ministerpräsidenten gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel beraten. Künftig wird es in Städten und Gegenden eine Sperrstunde um 23.00 Uhr in der Gastronomie geben, wenn dort 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen einer Woche gezählt werden. Private Feiern werden dann auf maximal zehn Teilnehmer und zwei Hausstände begrenzt. Auch die Vorgaben für Urlaubsreisen ändern sich. Maximilian Plück, Gregor Mayntz und Kerstin Münstermann haben die Einzelheiten zusammengetragen. Gregor Mayntz ordnet die Beschlüsse in seinem Leitartikel ein. Die Berliner Beschlüsse orientieren sich an den Infektionszahlen. Aber muss es nicht eigentlich vor allem um die Infektionen mit schweren Verläufen gehen, die sich in der Auslastung der Intensivstationen in Krankenhäusern zeigen? Das ist einerseits ein schlüssiges Argument, andererseits handelt es sich um nachlaufende Indikatoren – wir können also nie mit Gewissheit sagen, wie schlimm es wird. Wolfram Goertz hat sich deswegen intensiv mit der Auslastung der Intensivmedizin in verschiedenen westeuropäischen Ländern beschäftigt. In seinem Bericht zitiert er auch besorgte Mediziner aus Brüssel und Paris. Im Moment sieht es noch so aus, als ob Deutschland die Lage besser im Griff hat. Es bleibt nur zu hoffen, dass wir nicht einfach später dran sind und vor ähnlichen Entwicklungen stehen. Die Analyse der Daten lesen Sie hier. Wirtschaftsforschungsinstitute analysieren ebenfalls ständig Daten. Ihr neuester Befund: Die Corona-Krise dürfte die Konjunktur länger bremsen als zunächst gedacht. Ich habe lange als Wirtschaftsjournalist gearbeitet und eine ausgeprägte Skepsis gegenüber Prognosen entwickelt (besonders, wenn sie die Zukunft betreffen…). Der Wendepunkt von aufwärts zu abwärts oder anders herum, ist besonders schwer vorherzusagen, um nur ein Problem zu nennen. Die exakten Prozentzahlen der neuen Konjunkturprognosen halte ich daher für nicht so bedeutsam – aber den verdüsterten Blick der Institute, den Birgit Marschall beschreibt, leider schon. Vermutlich ist die Lage schlechter als die Stimmung. „Eine Stimme verrät viel über die Persönlichkeit“, schreibt Jörg Isringhaus in seiner Reportage über eine krebskranke 40-Jährige, die am Niederrhein lebt. „Fest, klar, kämpferisch“ klinge sie. „Es ist die Stimme einer Frau, die nicht so schnell aufgibt.“ Unser Reporter hat ihr viel zugehört: im direkten Gespräch, aber auch in einem Hörbuch, das sie eingesprochen hat. Sie hat dabei mit Familienhörbuch, einer gemeinnützigen Gesellschaft, zusammengearbeitet. Was dahinter steckt, können Sie in der Reportage ebenfalls lesen. Frauen, die nicht so schnell aufgeben – das trifft auch auf Feministinnen zu. Trotz aller Anstrengungen stellten Frauen aber bis heute die „größte Unterschicht der Welt“ dar, schreibt die amerikanische Feministin Linda Scott. Warum sie damit recht hat, arbeitet unser Politikchef Martin Kessler in seiner Analyse heraus. Ja, er ist ein Mann – aber die Benachteiligung von Frauen muss auch ein Thema von Männern sein. Eine vollständige Gleichberechtigung, die eigentlich ein Verfassungsrecht ist und schon zu den Werten der Französischen Revolution zählte, kann es erst geben, wenn Frauen und Männer gleichermaßen für sie eintreten. Ich tue mich etwas schwer damit, wenn Männer sich als Feministen bezeichnen, wie es inzwischen häufiger vorkommt, denn das spezifisch weibliche Erleben von Diskriminierung fehlt ihnen. Aber Frauen und Männer sollten längst nicht nur auf dem Papier die gleichen Rechte, sondern wirklich die gleichen Chancen haben. Ich wünsche Ihnen einen guten Start in einen chancenreichen Tag! Herzlich Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |