Liebe/r Leser/in, es ist Montag, die Woche ist jung. Die Wahllokale in Thüringen sind seit 21 Stunden geschlossen, aber bereits jetzt stellen sich viele grundsätzliche Fragen, die Deutschland in den nächsten Tagen und darüber hinaus beschäftigen werden: Was erzählt uns der Wahlsieg der Linkspartei und der AfD über Deutschland? Ist unser Land wirklich so zerrissen, oder ist die Wahl in Thüringen eher ein regionales Ereignis? Koaliert die CDU jetzt mit der Linken, oder toleriert sie den Linken Ramelow? Und wenn sie mit der Linkspartei spricht, warum dann nicht auch mit der AfD? Was sagt die Kanzlerin zu dem anstehenden Tabubruch? Zerreißt es die CDU in der Linkspartei-Frage? Hat AKK noch die Kraft, die CDU zu führen (drei Niederlagen bei Landtagswahlen in Folge)? Wie lange halten Laschet, Merz, Spahn und Söder noch still? Wie reagieren die Parteien der großen Koalition in Berlin generell auf die Erosion der Mitte? Warum profitiert die FDP nicht von der Schwäche der GroKo? Antworten gibt es am Samstag im neuen FOCUS. Nachstehend lesen Sie drei Thesen zu den genannten Fragen von meinen Kollegen. Ich habe das Gefühl, es muss sich grundsätzlich etwas ändern: Deutschland muss wieder regiert werden, in der Außenpolitik ebenso wie im Innern. Ich wünsche Ihnen trotzdem einen optimistischen Wochenstart. | Herzlich Robert Schneider, Chefredakteur FOCUS-Magazin |
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Die CDU braucht einen echten Neuanfang Die Talfahrt der CDU hat sich unter ihrer neuen Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer noch beschleunigt. Bei den letzten drei Landtagswahlen in diesem Jahr und der Europawahl hat die CDU massive Verluste hinnehmen müssen. AKK und ihr Team vermögen es offenbar nicht, unzufriedene Wähler zu halten, geschweige denn, neue an sich zu binden. Für eine Volkspartei mit Regierungsanspruch ist das eine verheerende Entwicklung. Sie lässt sich – wenn überhaupt – nur mit einem radikalen Neuanfang stoppen. Einer politischen Disruption. Das heißt nicht weniger als: neues Personal, neue Themen – und die ein oder andere neue Positionierung. Vielleicht benötigt die CDU im Bund dafür, zusammen mit der CSU, eine Auszeit in der parlamentarischen Opposition. Das wäre schmerzhaft, aber in jedem Fall besser als ein „Weiter so“ auf der Schussfahrt ins Tal. |
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Unsere Außenpolitik braucht einen Neuanfang Neue Kämpfe und Unruhen im Irak und Syrien, ein angespanntes Verhältnis zu den USA und Frankreich, der Handelsstreit mit China, Uneinigkeit in EU und NATO, Ratlosigkeit im Umgang mit Russland – die Konfliktfelder in der Außen- und Sicherheitspolitik ließen sich noch beliebig fortführen. Und was machen die Deutschen? Ach ja, eine Libyen-Konferenz bereiten sie vor. Und ja richtig, Außenminister Heiko Maas besuchte seinen türkischen Amtskollegen in Ankara. Von dem ließ er sich bestätigen, dass seine Regierungskollegin Annegret Kramp-Karrenbauer Unsinn geredet hat, als sie eine internationale Schutzzone für Syrien vorschlug. Er nahm auch noch ein paar lose humanitäre Versprechungen entgegen. Haben die Türken nicht eindeutig mit ihrer Invasion in Syrien das Völkerrecht gebrochen? Wo bitte war da die klare Kritik, die klare außenpolitische Linie? Stattdessen kleinliches, innenpolitisch getriebenes Scharmützel. Der Aussehminister in Ankara – das war ein Schlechtaussehminister. Wann endlich kommt ein Neustart in der deutschen Außenpolitik? |
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Und wann startet die SPD neu durch? Die SPD hat ein doppelt hartes Wochenende hinter sich: Erst verweigert ihr am Sonnabend fast die Hälfte der Mitglieder ein Votum für die neue Parteispitze, dann bestätigen sich am Sonntag die schlimmsten Befürchtungen bei der Landtagswahl in Thüringen. Einen Tag darauf, heute Morgen, hatten wir Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil bei FOCUS zu Gast. Der zeigte sich, was die Wahlbeteiligung innerhalb der SPD anging, gelassen. Ähnliche Zahlen habe es auch im Jahr 1993 bei der Urwahl der SPD-Spitze und bei Urwahlen der Grünen gegeben. Mit Blick auf Thüringen und das Erstarken der AfD im Osten hingegen war der SPD-Politiker sehr alarmiert: „Die demokratischen Parteien haben allesamt bis jetzt noch nicht das Patentrezept dagegen gefunden. Und ich leider auch nicht“, sagte Weil durchaus selbstkritisch. Linken-Politiker Bodo Ramelow wiederum attestiert Weil, oberflächlich betrachtet ein astreiner Sozialdemokrat zu sein. Das erinnert ein wenig an die Beruhigungsversuche der CDU in Baden-Württemberg mit Blick auf den grünen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. Denn wenn der Linke Ramelow sozialdemokratisch regiert, wofür braucht es dann die SPD? Die Partei braucht einen Neustart. Dieser Montag zeigt es deutlicher denn je. |
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