Liebe Frau Do, die Corona-Pandemie hat den Blick auf die sogenannte Fleischerzeugung gelenkt, auf Billigfleisch und Billigjobs. Was gutes Fleisch ist, wo es herkommt und wo man es kriegt, hat Christian Kandzorra zusammengetragen. Als ich vor einigen Tagen hier in einem Halbsatz von Fleischverzicht gesprochen habe, schrieben mir einige von Ihnen und kritisierten die Doppelmoral der Verbraucher. Denn dass die niedrigen Preise auf Ausbeutung und industriellen Methoden beruhten, sei doch schon lange klar gewesen. In meinem Leitartikel beschäftige ich mich mit diesem Thema ausführlicher. Meine These ist: Wir müssen uns ehrlich machen – aber Moralin schmeckt bitter. Die Debatte nimmt nach den Corona-Ausbrüchen in Gütersloh, Warendorf und Moers an Fahrt auf. Jetzt fordert sogar der Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Ralph Brinkhaus, der selbst aus Rheda-Wiedenbrück im Kreis Gütersloh stammt, den Einzelhandel auf, Werbung mit billigen Fleischprodukten zu unterlassen. „Es geht nicht, dass wir mit dem Produkt Fleisch, für das im Übrigen immer ein Tier gestorben ist, Lockvogel-Angebote zum Einkaufen machen“, sagt er in einem Interview, das unsere Berliner Korrespondentinnen Kristina Dunz und Eva Quadbeck geführt haben. Das klingt nicht viel anders als bei den Grünen, die von Landwirtschaftsministerin Julia Klöckner eine Kehrtwende fordern. „Wir brauchen eine regionale Erzeugung, Verarbeitung und Verbrauch statt industriellen Mega-Schlachtfabriken", sagt Friedrich Ostendorff, Agrarexperte der Grünen-Bundestagsfraktion. Diese Stimmen und alles zu Klöckners gestrigem Fleischgipfel finden Sie hier. Während also CDU und Grüne sich näherkommen, wird unser Alltag durch Corona von erzwungener Distanz geprägt. Die Abstandsgebote werden aber inzwischen laxer gehandhabt, scheint mir. Die Menschen kommen sich wieder näher. Dorothee Krings beschreibt Distanz in ihrer Analyse aber als kulturelle Errungenschaft, die wir nicht gleich verteufeln sollten. Gerne würde ich mich von einem Fehler distanzieren, der gestern in diesen Newsletter gerutscht ist. Geht aber nicht. Einige von Ihnen haben mir geschrieben und gefragt, ob der Vater von Clemens Tönnies wirklich Präsident von Schalke war und Bernd hieß. Nein, leider falsch. Entschuldigung! Der Vater hieß Klemens und hatte einen kleinen Schlachtbetrieb, aus dem die Söhne Bernd und Clemens den deutschen Marktführer machten. Die Leidenschaft von Bernd, dem Bruder, hieß Schalke, 1994 wurde er Präsident. Noch im selben Jahr starb er an einer Lungeninfektion. Clemens Tönnies, Aufsichtsratschef des Klubs, sagt, er habe Bernd versprochen, „sich um Schalke zu kümmern“. Kümmern sollten Sie sich auch um gute Lektüre – das ist immer richtig, aber besonders im Urlaub. Heute starten die Sommerferien in NRW. Und weil viele von Ihnen dank Corona nicht so weit kommen wie in früheren Jahren, nimmt unser Kulturchef Lothar Schröder Sie mit auf eine literarische Reise durch Europa: 15 wunderbare Bücher hat er im Gepäck, die er Ihnen hier empfiehlt. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende! Herzliche Grüße! Ihr Moritz Döbler Mail an die Chefredaktion senden P.S.: Wenn Ihnen dieser Newsletter gefällt, empfehlen Sie die "Stimme des Westens" weiter! |