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Kurzstrecke |
Tagesspiegel Checkpoint vom Freitag, 24.06.2022 | Um 32°C, zum Abend hin Gewitter möglich. | ||
+ Brandenburg brennt: Zwei neue Waldbrände im Umland von Berlin ausgebrochen + Immer mehr Anfragen: Senat und Bezirke werden durch Parlamentsanfragen teils lahmgelegt + Deutschlandweit spitze: Sehr viele Berliner melden sich bei Zensus zurück + |
von Julius Betschka |
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Guten Morgen, wir beginnen mit Nachrichten aus dem Krieg gegen die Ukraine: + Die Ukraine und Moldau erhalten den Status eines Beitrittskandidaten für die EU. Das teilte EU-Ratspräsident Charles Michel am späten Donnerstagabend mit. + Russland könnte bis zu 5000 ukrainische Soldaten im Donbass eingekesselt haben. Der US-Militärexperte Michael Kofman nennt die Lage die „gefährlichste Phase des Krieges für die Ukraine“. + Die USA haben der Ukraine weitere Waffenlieferungen im Umfang von 450 Millionen Dollar (rund 427 Millionen Euro) zugesagt. Geliefert würden unter anderem Mehrfachraketenwerfer vom Typ Himars, zehntausende Schuss Munition und Patrouillenboote. Alle wichtigen Nachrichten zum Krieg gegen die Ukraine lesen Sie in unserem Newsblog. | |||
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„Die kriegst Du nicht, Alter!“ Mit diesem Satz hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) die Deutschen gestern Abend auf schwere Zeiten eingeschworen. Man müsse sich in der Energiekrise gegenseitig helfen und sparen, sagte er. Wenn jemand das nur tue, sofern er dafür 50 Euro Prämie kassiert? „Dann würde ich sagen, die kriegst Du nicht, Alter!“ Es ist diese spezielle Habeck-Art, wirklich locker mitzuteilen, dass die Lage am Energiemarkt wirklich, wirklich ernst ist. Habeck macht klar, dass die Unternehmen die Preise bald an die Verbraucher weitergeben müssen – sonst drohe erst die Insolvenz der großen Konzerne, dann auch die von Stadtwerken und Betrieben. Noch sind extreme Preissteigerungen rechtlich nicht möglich, beschwichtigt in Berlin die Gasag. Meine Kollegen Kevin Hoffmann, Tanja Buntrock und Alfons Frese haben recherchiert, wie die rechtliche Lage aussieht. Hier geht’s lang. | |||
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Die Dramatik dieser Tage bildet sich – und damit in die Berliner Landespolitik – schon mit Blick auf die blanken Zahlen ab: Im Landeshaushalt, den das Abgeordnetenhaus gestern Abend verabschiedet hat, sind 360 Millionen Euro Energiekostenrücklage eingeplant. 450 Millionen Euro hat die Koalition für möglicherweise extrem steigende Baukosten hinterlegt. Beschlossen wurde nach 13 Stunden Debatte der größte Landeshaushalt der Geschichte (für Abonnenten: das sind die wichtigsten Posten), aufgeblasen durch die Inflation und Rücklagen. Finanzsenator Daniel Wesener (Grüne) schwor die Berliner aber schon auf ein Ende der fetten Jahre ein. „Wer behauptet, sämtliche Krisenkosten stemmen zu können und gleichzeitig die Bürger zu entlasten, der ist entweder im Besitz der Zauberformel oder sagt die Unwahrheit“, sagte Wesener. „Die kriegst Du nicht, Alter!“ – das wird hoffentlich nicht zum geflügelten Wort des Verzichts. | |||
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Fast alle werden sparen müssen – besonders bei der Energie. Mein Kollege Kevin Hoffmann wollte von Zoo und Tierpark wissen: Gibt‘s bei Ihnen Einsparpotenzial? Die Antwort, sinngemäß: Wir bitte als Letztes! „Da in den Zoologischen Gärten Berlin über 26.000 Tiere liebevoll und artgerecht gepflegt werden und darüber hinaus zahlreiche vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten beherbergt sind, hoffen Zoo und Tierpark um entsprechende Berücksichtigung bei der Aufteilung der Gasversorgung im Krisenfall“, schreibt eine Sprecherin. Man setzt auf den Flauschfaktor. Den Energieverbrauch reduzieren könne man auch kaum, weil „Pflege und Zucht von zahlreichen Tier- und Wildtierarten“ einen Großteil des Bedarfs ausmachten. Umstellen auf Erneuerbare? „Die vorhandene Anlagentechnik kann kurzfristig nicht einfach so auf andere und alternative Energieträger umgestellt werden.“ Das geflügelte Wort dieser Zeit wird eher: „Das geht so nicht, Alter!“ | |||
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Achtung, Kontrolle! Ganze 18.785 schriftliche Anfragen von Abgeordneten hat der Senat in der vergangenen Legislaturperiode (2016-2021) beantwortet, teilt das Abgeordnetenhaus auf Checkpoint-Anfrage mit. In der Legislaturperiode davor (2011-2016) waren es nur etwas mehr als 9000, in der Legislaturperiode 2006-2011 nur 5767. Warum das wichtig ist? Wenn Parlamentarier etwas wissen wollen, stellen sie eine schriftliche Anfrage an den Senat. Sie haben ein Recht auf Antwort innerhalb von drei Wochen. So können sie ihre Kontrollfunktion wahrnehmen, Öffentlichkeit für Themen schaffen. Gute Sache – übrigens auch für die Presse. Beantwortet werden die Fragen zuerst von den zuständigen Fach-Referenten in den Senatsverwaltungen. Zum Merken: Das sind dieselben Menschen, die möglichst rasch Gesetze oder Verordnungen erarbeiten und umsetzen sollen. Das Problem: In den vergangenen Jahren hat sich (bei weniger Abgeordneten) eine Flut von Anfragen über die Mitarbeiter ergossen – Aktenstapelstand: stark steigend. Im ersten halben Jahr dieser Legislaturperiode wurden allein 2032 Anfragen gestellt. Rechnet man deren Zahl bis zum Ende der Legislaturperiode hoch, landet man bis 2026 bei mehr als 20.000 schriftlichen Anfragen. Während sich im Parlament die Umfragekönige feiern, spitzen die Referenten schon die Mistgabeln. Besonders, nunja, gefragt ist bisher die Verkehrsverwaltung. Fast 500 schriftliche Anfragen haben deren Mitarbeiter schon beantwortet. Beispiel: Stellen Abgeordnete besonders viele Anfragen zum Thema Radwege, müssen die zuständigen Referenten wegen der Drei-Wochen-Frist zuerst alle Anfragen beantworten – und können eben keine Radwege planen. „Anfrageritis“, nennt ein langjähriger Mitarbeiter einer Senatsverwaltung das. „Das legt ganze Abteilungen lahm“, sagt er. Unter einigen Abgeordneten gelte es als „Sport“, mit möglichst vielen Anfragen zu glänzen, die jeweilige Opposition nutze Anfragen gezielt: zur Arbeitsverhinderung. Viele der Fragen ließen sich oft „einfach googeln“, sagt der erfahrene Verwalter. Ein anderer Senatsmitarbeiter sagt: „Ich kenne keine Arbeitsgruppe, die nicht dauernd deshalb Projekte verschiebt und liegen lässt. Man kann sich da draußen nicht ausmalen, welche Ressourcen hineinfließen, die an anderer Stelle fehlen.“ Auch die Bezirke bekommen das zu spüren. Senatsverwaltungen leiten Anfragen oft zur Beantwortung an sie weiter: „Das vollkommen ausgeuferte Anfragenwesen legt auch die Bezirksämter stellenweise lahm“, sagt Spandaus Baustadtrat Thorsten Schatz (CDU) dem Checkpoint. „Anfragen haben den Zweck, die Verwaltung zu kontrollieren, heute hat man eher den Eindruck, dass viele Anfragen als Tätigkeitsnachweis geschrieben werden.“ Das ist wie früher im Deutschabitur: Wer viel schreibt, liefert nicht automatisch Qualität. | |||
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Mein neues Lieblingsthema: Bäume gießen in Zehlendorf. Aufmerksamen Lesern dürfen die ersten zwei Folgen dieser märchenhaften Reihe nicht entgangen sein. Unser Leser Herr Miethke kümmert sich seit einiger Zeit um ein Bäumchen vor seiner Tür, gießt mit Fleiß und extra ausgehobenem Gießring. Dann engagierte das Bezirksamt plötzlich eine Firma, die trockene Erde auf sein Werk schüttete. Auf Checkpoint-Anfrage schrieb man: Alles ein Missverständnis! Und beschwor dann: Bäume gießen erwünscht. Nun rief also Herr Miethke, beschwingt durch diese gute Nachricht, beim Grünflächenamt an und holte sich eine trockene Abfuhr. So einfach sei das mit dem Gießen nicht, einige Bäume würden eben von Amts wegen bewässert. Gießringe? Nicht gestattet. Alle Baumscheiben müssten im Urzustand bleiben. Künftig wolle man ohnehin mit Gießsäcken – sie kommen noch mit? – wässern, sei da aber noch in der Planungsphase. „Ich bin mir sicher, die Abstimmung erfolgt spätestens nach Ende der Trockenheitsphase, Tschuldigung, -zeit“, schreibt Miethke. Wasser marsch, aber im Auge. Buhuhuhu. | |||
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