wenn sich etwas durch die Geschichte der MOPO zieht wie ein roter Faden, dann vielleicht dies: das Faible für den roten Drehzahlbereich. Die MOPO, diese schwer fassbare Zeitung jenseits aller Standards, wird 75. Älteste Boulevard-Zeitung Deutschlands. Und ein ganzer Blätterwald voller Geschichten und Anekdoten.
Die Geschichte der MOPO erinnert ein wenig an den Werdegang von John McClane in „Die Hard”. Oft totgesagt. Manches Mal in höchster existenzieller Not. Aber mit Sinn für Gerechtigkeit, unbändigem Willen, hartem Punch und Comeback-Talent.
1949 gegründet von Journalisten-Legende Heinrich Braune. Der hatte sich Hitler vor dem Krieg mit einer Investigativ-Geschichte zum Feind gemacht, landete darauf im KZ. Überlebte das und die spätere russische Kriegsgefangenschaft und ersann ein Konzept für eine Zeitung, wie es sie in England schon gab: „Eine unabhängige Zeitung mit leidenschaftlichem politischem Engagement, ohne Scheuklappen, aber immer mit dem Finger da drückend, wo es schmerzt. Zugleich eine schnelle Zeitung, in der man noch den heißen Atem der Ereignisse spürt, eine Zeitung, die jeden Leser morgens als einen guten Freund begrüßt und als ein guter und zuverlässiger Freund geschätzt wird.”
Der „Erregungswert” (O-Ton Braune) wird für MOPO-Redakteure zum Kriterium bei der Nachrichtenauswahl. Und die MOPO wird zum Riesenerfolg, verkauft in Hoch-Zeiten 460.000 Exemplare am Tag.
Wie all das Geld, das damals verdient wurde, so erfolgreich versenkt worden konnte? Nun ja, es gelang jedenfalls. Die SPD, inzwischen Besitzer, verkaufte Anfang der 80er Jahre an zwei halbseidene Brüder aus der Schweiz. Da war die MOPO bereits erfolgreich heruntergewirtschaftet und geriet in abenteuerliche Verwerfungen.
Zigmal war die Zeitung seitdem fast pleite. Ging durch viele Hände. Erlebte viele harte Sparmaßnahmen. Und brachte dabei dennoch viele Journalisten hervor, die die deutsche Medienlandschaft prägen sollten. Und brachte Geschichten ans Tageslicht, deren Widerhall gigantisch war. Den Bernbeck-Skandal etwa oder die 9/11-Spur nach Hamburg.
Heute ist die MOPO so erfolgreich digitalisiert wie kaum ein anderes Medienhaus in Deutschland. 450.000 Menschen besuchen im Schnitt täglich unsere Website. So viele, wie es früher Zeitungskäufer gab. Statt einer werktäglichen Ausgabe ergänzt eine Wochen-Zeitung das Online-Newsprogramm.
Alles gut, also? Na ja, das Geld ist immer noch knapp. Weil Google und Meta die Werbegelder abziehen und die Bereitschaft, für Online-Journalismus zu zahlen, bei vielen noch immer nicht besonders ausgeprägt ist. Das bringt alle Medienhäuser in Probleme. Die MOPO als kleines und unabhängiges Haus ohne dicke Konten im Rücken ist besonders gefordert.
Aber das MOPO-Team kämpft und wühlt, wie es das immer getan hat. Für die beste Geschichte, das beste Blatt, die beste News-Versorgung. „Immer mit dem Finger da drückend, wo es schmerzt”, so wie Heinrich Braune es wollte.
In der neuen Ausgabe unserer WochenMOPO (ab heute am Kiosk, hier im Kennenlern-Abo) bieten wir einen Einblick in Höhepunkte und Skurrilitäten seit der MOPO-Gründung 1949: mit einer 16-seitigen Beilage. Spektakuläre Fotos und Anekdoten aus 75 Jahren MOPO. Es ist ein flotter Streifzug durch und Überblick über das MOPO-Jubliläumsbuch „Morgen wird nicht gedruckt. Papier ist alle” von Carsten Gensing. Die ganzen Geschichten erzählen wir dort ausführlich auf 348 Seiten (Junius-Verlag, 29,90 Euro).
Auf die nächsten 75 Jahre, in denen wir Sie morgens als guten Freund begrüßen wollen und hoffentlich von Ihnen als verlässlicher Freund geschätzt werden!
Ihr
Maik Koltermann
Chefredakteur
maik.koltermann@mopo.de