Daniel Pipes

Die Notwendigkeit seine Niederlage einzugestehen

von Daniel Pipes
The Spectator
10. November 2020

http://de.danielpipes.org/19951/die-notwendigkeit-seine-niederlage-einzugestehen

Englischer Originaltext: The Need to Concede
Übersetzung: H.Eiteneier

Der politische und emotionale Höhepunkt der Präsidentschaftswahlen in den USA findet statt, wenn der Kandidat, der verloren hat, in Begleitung eines Ehepartners mit feuchten Augen, knapp, aber mutig seine Niederlage eingesteht und dem Sieger Glück wünscht. Ich habe die Sorge, dass dieses wenig zur Kenntnis genommene, aber ausschlaggebende Ritual 2020 nicht stattfinden wird.

Kein Gesetz fordert eine Rede zum Eingeständnis der Niederlage, keine Vereinbarung fordert sie; aber diese informelle Zeremonie hat eine entscheidende Rolle bei der Bestätigung der überragenden Regel der Demokratie, dass der Kandidat, der verliert, das Urteil der Wähler gehört hat und akzeptiert. Nach einem hart umkämpften, sogar brutalen Wahlkampf sagt der Unterlegene dem Sieger, dass er das Ergebnis anerkennt, was dem Land erlaubt weiterzumachen. Sicher, das politische Gerangel wird sofort wieder aufgenommen, aber sobald der Schlüsselschritt der Anerkennung des Wählerwillens erfolgt ist, ist das Land unversehrt, das Gemeinwesen gesund und die nächste Runde kann beginnen.

Die Alternative hat grässliche Folgen, wie Victor Hernández-Huerta vom Centro de Investigación y Docencia Económicas in Mexiko Stadt zeigt. Seine Studie zu 178 Präsidentenwahlen in Demokratien im Zeitraum von 1974 bis 2012 stellte fest, dass in 38 von ihnen – 21 Prozent –, wenn die Zweitplatzierten oder ihre Parteien die Ergebnisse anfochten, "gewalttätige Unruhe, Verfassungskrisen oder sogar Bürgkriege auslösten". Hernández betont, dass die Vereinigten Staaten vor dieser Gefahr "nicht gefeit" sind.

Die Erpresungstheorie umstrittener Wahlen - Wenn Präsidentschaftskandidaten, die verlieren, ihre Länder in Geiselhaft nehmen.

Bisher ist das Land selig frei von solchen Auseinandersetzungen gewesen. Umstrittene Präsidentenwahlen hat es zuhauf gegeben: Denken Sie an die Jahre 1800, 1824, 1876 und 2000. Aber bisher akzeptierten die Verlierer ihre Niederlage mit Anstand und hielten diese hochwichtige Rede zum Eingeständnis der Wahlniederlage. Sie erkannten vorbehaltlos an, dass manches – insbesondere Legitimität und Stabilität – noch wichtiger ist als der Sieg.

Bei der letzten dieser umstrittenen Wahlen, im Jahr 2000, räumte Al Gore mit Großmut, Eloquenz und Vision ein: "Ich sage dem gewählten Präsidenten Bush, dass das, was parteibedingter Groll bleibt, jetzt beiseite gestellt werden muss und möge Gott seine Führung dieses Landes segnen." Sicher, parteibedingter Groll ging auf der Stelle weiter, aber es spielte kaum eine Rolle, nachdem Gore persönlich und öffentlich den Wahlausgang legitimiert hatte.

Al Gore gestand im Jahr 2000 Bush Wahlsieg mit Großmut ein.

Das soll weder heißen, dass die Zweitplatzierten sich umdrehen und passiv werden, noch dass sie das sollten. Der Wahl 2000 folgten 36 Tage intensiver Rechtsstreitigkeiten mit den berüchtigten Palm Beach "hanging chads" in der Hauptrolle. In diesem Geist hat Präsident Trump jedes Recht alle juristischen Wege zu beschreiten – einschließlich Neuzählungen und Klagen vor Gericht – um seine vollen Rechte sicherzustellen.

Aber zu behaupten, Bidens Wahlteam habe "betrogen" und dass die Wahl "gestohlen" wurde, ist wüst unangemessen, außer und bis es eine Faktenbasis für diese Schlüsse gibt. Diese Art Rhetorik zu zeigen hat unheilvolle Folgen; damit werden die Wahlergebnisse zu einem politischen statt einem juristischen Streit.

Nimmt man an, dass das Wahlmännergremium am 14. Dezember Bidens Sieg bestätigt, dann besteht die Schande davon darin, dass jeder, der Trump kennt, trotz all seinem Gepolter, unweigerlich am 20. Januar dabei stehen wird, während Joe Biden der Amtseid abgenommen wird. Richter, Senatoren, Abgeordnete, Minister, Berater, Generäle und Gouverneure werden sicherstellen, dass der Secret Service aus dem Weißen Haus keinen Bunker macht. Am Ende werden seine unbedachten Behauptungen Trump nichts helfen, sondern ein gespaltenes Land nur weiter spalten.

Ich war von dem Augenblick an, an dem er im Juni 2015 sie verkündete, gegen Trumps Kandidatur, hauptsächlich, weil ich seinen schädlichen Charakter und den Schaden fürchtete, den er dem Land zufügen würde. In diesem Geist verließ ich die Republikanische Partei und stimmte für Gary Johnson. Dann verminderte Trumps Präsidentschaft meine Befürchtungen. Sein Charakter war weiter abstoßend, seine Tweets irritierten und einiges seiner Politik war nicht durchdacht (hallo Kim Jong-un), aber als Präsident verfolgte Trump im Allgemeinen eine konservative Maistream-Agenda und – am wichtigsten – seine Persönlichkeit generierte keine Krise. Entsprechend befürwortete ich Trumps Wiederwahl.

Ich war, seitdem er sie 2015 ankündigte, gegen Trumps Kandidatur. Fünf Jahre später unterstützte seine Wiederwahl.

Aber jetzt, wo er vor der Aussicht der Niederlage steht, ist dieser schädliche, egoistische Charakter in den Vordergrund getreten und droht das Gefüge der amerikanischen Politik zu beschädigen. Das größte Erfordernis des Landes, sollte Bidens Sieg bestätigt werden, besteht für Donald Trump darin den Ausgang der Wahlergebnisse zu respektieren, seine Rede zum Eingeständnis der Niederlage zu halten und den Amerikanern zu versichern, dass er das Amt verlassen wird, wenn seine Amtszeit zu Ende geht.

Das ist der Augenblick für Trump-Anhänger darauf zu bestehen, dass er diese Schritte unternimmt. So sehr sie ihn auch bewundern und Biden hassen: Die Grundlagen der Demokratie in Frage zu stellen, führt alle Amerikaner eine dunkle, gefährliche Spirale hinab.

Daniel Pipes (DanielPipes.org, @DanielPipes) ist Präsident des Middle East Forum
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Nachtrag vom 11. November 2020: Karl Rove stimmt zu: "Der Abschluss dieser Wahl wird ein schwerer, aber notwendiger Schritt zur Wiederherstellung von etwas Einheit und politischem Gleichgewicht sein. Sobald seine Tage im Gericht vorbei sind, sollte der Präsident seinen Teil dazu beitragen das Land zu einen, indem er einen friedlichen Übergang anführt und Groll hinter sich lässt."

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