Marktbericht
08.06.2017

Die Ruhe vor dem Sturm

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Ist das nicht herrlich? Endlich lassen wir wieder die graue, kalte Jahreszeit hinter uns. Der Sommer kommt unaufhaltsam, die Tage werden länger und die Röcke wieder kürzer. Die Menschen in der Bahn lächeln endlich mal wieder einfach so und zu allem Überfluss läuft die Wirtschaft rund, unsere Politiker kümmern sich zuverlässig um unsere Belange und die Börsen steigen unaufhaltsam und auf ewig weiter!

Nun, wer meine Artikel kennt, der weiß, dass ich mich nicht gerade dazu berufen fühle, Ihnen die rosarote Brille aufzusetzen und damit Ihren Tag im Cabrio zu versüßen. Ich verstehe mich eher als gelbes Ampelmännchen, ein Warnsignal, ein Störenfried Ihrer freien Fahrt. Und das nicht, weil ich so große Freude daran habe, Sie in Ihrer wohl verdienten Sommerlaune auszubremsen, sondern weil ich es für notwendig und wichtig erachte. Notwendig, weil die Medien über diese Gefahren nicht ausreichend informieren und wichtig, weil der drohende Aufprall auf den harten Boden der Tatsachen schweren Schaden anrichten könnte, wenn Sie nicht durch ein gut gemeintes „Vorsicht!“ schon vorher auf der Bremse stehen.

Die Börsianer scheinen auf ihrer Rekordjagd ein Hindernis nach dem anderen - von  klaffenden südeuropäischen Finanzlöchern über fehlgeleitete britische Abzweigungen bis hin zu amerikanischen Dachschäden durch schweren politischen Steinschlag - ungehindert um- oder überfahren zu können. Doch würden sie sich trauen, gemeinsam mit uns mal einen genaueren Blick in den Rückspiegel zu werfen, müssten sie sich eingestehen, dass für all diese großen Probleme der vergangenen Jahre keine nachhaltigen Lösungen gefunden wurden und sich aus ihnen eine finanzielle Sturmfront beispiellosen Ausmaßes gebildet hat, die sich unaufhaltsam annähert. 

Es sind dunkle Wolken aus faulen Krediten, die sich aus dem stetig wachsenden Meer von Schulden nähren. Die aktuell herrschende oberflächliche Ruhe und das bescheidene Wachstum der vergangen Jahre täuschen über den maroden Gesamtzustand der Weltwirtschaft hinweg und wurden sehr teuer erkauft. Selbst wenn man dem warmen europäischen Konjunkturlüftchen trauen möchte und dabei die Staatsschulden, Krisenbanken und Arbeitslosenzahlen vor allem im Süden ignoriert, droht uns aus Übersee längst neuer Ungemach.

In den USA haben sich die Schulden der öffentlichen Hand binnen der letzten 15 Jahre verdreifacht! Das Verhältnis der Unternehmensverschuldung zu den Erträgen (EBITDA) übertraf jüngst sein Allzeithoch aus dem Jahre 2008 und der IWF warnte im April vor dem Ausfall von über 20 Prozent der US-Unternehmen im Falle eines spürbaren Zinsanstieges. Um die Konsumenten steht es ebenfalls alles andere als gut. Die Hypotheken sind wieder auf dem Vorkrisenniveau angekommen und jüngst haben auch die Auto- und Studentenkredite erstmals die Marke von einer Billionen US Dollar überschritten. Gleichzeitig lahmt das Wirtschaftswachstum und die überfüllten Lagerplätze der Autohändler kündigen in Verbindung mit den ansteigenden Verzugs- und Ausfallraten dieser neuen „Subprime“-Kreditsegmente die längst überfällige Rezession an. Fataler Weise hat sich die Fed dazu entschieden, diese überall sichtbaren Warnungen zu übersehen und die geldpolitischen Zügel mittels fortgesetzter Zinsanhebungen weiter zu straffen.

Gleichzeitig bilden sich in China, welches sich seit der Krise als unverzichtbarer Wachstumsmotor für Weltwirtschaft behauptet hat, für jeden sichtbar immense Finanzblasen im Immobilien- und Schattenbankensektor sowie bei den Unternehmensschulden. Die chinesischen Vermögenswerte (und damit auch indirekt die Schulden) haben sich binnen sieben Jahren von 15 Billionen US Dollar auf 60 Billionen vervierfacht. Bei diesem Tempo wird die chinesische Asset-Basis die der USA in weniger als 2 Jahren überholt haben und schon 2020 unvorstellbare 120 Billionen Dollar erreichen. Es ist bereits viel zu spät, diese Blasen kontrolliert zum Platzen zu bringen, ohne dabei die gesamte chinesische und damit auch die Weltwirtschaft in Mitleidenschaft zu ziehen. Das einzige, was der Zentralregierung bleibt, ist das Spiel so lange wie möglich am Laufen zu halten und immer mehr neue Schulden zu befördern.

Doch der Wachstumsimpuls weiterer Schulden verliert auch in China zusehends an Wirkung. Während 2008 noch 1,70 Dollar Neuverschuldung ausreichten, um einen Dollar zusätzliches Wachstum zu generieren, sind es mittlerweile bereits 4 Dollar. In den alten Industrienationen des Westens ist dieser Trend schon wesentlich weiter fortgeschritten, so dass das Allheilrezept der vergangenen Jahrzehnte, die Überschuldungsprobleme mit immer neuen und höheren Schulden zu bekämpfen, zu scheitern droht. In der Konsequenz gibt es leider nur zwei Alternativen: Entweder, die faulen Kredite fallen aus und wir haben die nächste, noch größere Finanz- und Wirtschaftskrise, oder die Schulden werden - wie in der Vergangenheit schon so oft geschehen – durch die Zentralbanken und Regierungen „weginflationiert“.

Dieser prekäre Zustand ist eine unausweichliche Konsequenz unserer weltweit identisch aufgebauten ungedeckten Kreditgeldsysteme, zusätzlich angeheizt durch die verantwortungslose Deregulierung der Finanzmärkte und die substanziell falschen Anreize für Banken und Spekulanten. Seit ich 2009 meine Diplomarbeit mit dem Titel „Die internationale Finanzkrise – eine Konsequenz kreditbasierter Geldsysteme?“ geschrieben habe, beschäftige ich mich mit diesem versagenden Geldsystem und hoffe vergebens auf den gebotenen öffentlichen Aufschrei oder irgendeine ernstzunehmende politische Konsequenz. Wer sich einmal mit der verworrenen Geschichte und verkomplizierten Wissenschaft um dieses System beschäftigt hat, bekommt eine Ahnung, warum dem immer noch so ist. Dennoch ich will ich - sofern Sie trotz der Überlänge dieses Artikels noch Lust haben, mir zu folgen - im Folgenden wenigstens noch einmal versuchen, Ihnen den grundlegenden Mechanismus dahinter (vereinfacht) zu beschreiben.

Jeder Euro, Dollar und Yen entsteht aus dem Nichts auf dem Wege der Kreditvergabe durch private Banken. Die bekannten Bilder der Druckerpresse sind hier irreführend, da nur ein kleiner Bruchteil des Geldes überhaupt noch in bar existiert, der Großteil sind nur noch Buchgelder – Einsen und Nullen im digitalen Kontenrahmen. Gewährt Ihre Bank Ihnen eine Hypothek, gibt Sie Ihnen in der Regel nicht, wie vermutet, die Ersparnisse von anderen Kunden weiter. Diese Kundeneinlagen dienen nur als sogenannte Mindestreserve, auf deren Basis sie ein Vielfaches an Krediten vergeben kann. Die Bank schreibt einfach neu erschaffenes Geld auf Ihrem Konto gut und bucht im Gegenzug den Wert Ihres Hauses bei sich als Sicherheit für die Forderung ein (Multiple Giralgeldschöpfung).

Geld ist in diesem seltsamen System immer auch gleichzeitig Schuld. Würden alle Schulden beglichen, gäbe es zeitgleich auch kein Geld mehr (mit unbedeutenden Ausnahmen). Jedem Guthaben steht also zwangsweise irgendwo ein gleichwertiger Kredit gegenüber. Beide sind (zumindest bis vor kurzem) naturgemäß mit einem Zins behaftet, der sie zu unaufhörlichem Wachstum zwingt. Auf ein Inselbeispiel reduziert, verdeutlicht sich eines der Kernprobleme des Kreditgeldes: Wenn ich an 10 Wirtschaftsteilnehmer jeweils 10 Euro, also insgesamt 100 Euro zu 10 Prozent Zins verleihe, woher sollen nach Ablauf des ersten Jahres die dann zusätzlich fälligen 10 Euro Zinsen kommen? Entweder, es werden am Ende des Jahres neue Kredite in Höhe von mindesten 110 Euro vergeben, oder mindestens ein Teilnehmer kann nicht zahlen und fällt aus.

Dieses Beispiel kann man direkt auf die gesamte Wirtschaft übertragen: Entweder sie kann mit dem von Zins und Zinseszins vorgegebenen Wachstumstempo des Geldsystems mithalten, oder sie gerät durch den Ausfall einzelner Schuldner ins Straucheln. Ewiges und vor allem sich ständig beschleunigendes Wirtschaftswachstum (die Zinseszinsfunktion wächst exponentiell) ist auf einem endlichen Planeten nur leider faktisch unmöglich. Deshalb wachsen Schulden (und Vermögen) langfristig zwangsweise schneller als die Wirtschaft - was sich auch anhand der ständig steigenden Verschuldungsquoten relativ zur Wirtschaftsleistung zeigt.

Richtig krisenanfällig wird das System allerdings erst durch den oben erwähnten Umstand, dass die Banken absurder Weise ein Vielfaches ihrer Einlagen als Kredite vergeben dürfen (fraktionelles Reservesystem). Historisch bewegt sich dieses Verhältnis in etwa um die 10 zu 1, d.h. Banken droht bereits die Zahlungsunfähigkeit, sobald sie nur 1/10 ihrer Bilanzwerte durch Abschreibungen oder Abhebungen verlieren. Es war diese im System eingebaute Kapitalschwäche, die 2008 zunächst die Investmentbank Lehman Brothers und später fast das gesamte weltweite Bankensystem zu Fall gebracht hat, nachdem in den USA größere Hypothekenforderungen abgeschrieben werden mussten. Die starke Vernetzung und Verschuldung der Banken untereinander in der globalisierten Welt ließ die riskante Kreditvergabe einzelner Akteure in einer Art bilanziellem Dominoeffekt zum Problem aller werden.

Vielleicht verstehen Sie jetzt etwas besser, warum Schulden in größerem Umfang in diesem System nicht einfach ausfallen dürfen und bei allen Krisen Verlass darauf war und ist, dass der Staat und die Zentralbanken als Retter in der Not einspringen. Kein Politiker, gleich welcher Partei, wagt es, eine der systemrelevanten Großbanken in die Pleite zu schicken, wenn dadurch gleich das gesamte Banken- und Geldsystem zusammenbrechen könnte. Die „Problemlösung“ wird daher solange wie irgend möglich weiteres schuldfinanziertes Wachstum auf Kosten der Zukunft sein. Schaffen die Wirtschaft und die Banken es nicht mehr aus eigener Kraft, springt der Staat als neuer Schuldner ein. Reicht auch das nicht mehr aus, greift die Zentralbank ein und manipuliert die „freien“ Märkte.

Diese unausweichliche Überschuldung der Wirtschaftsteilnehmer im Zeitverlauf lässt sich durch das künstliche Absenken der Zinsen (und auflockern der Kreditvergabe- sowie Asset-Bewertungs- und Abschreibungsregeln) nur hinauszögern, nicht aber gänzlich aufhalten. Wie weiter oben beschrieben sind private Haushalte, Unternehmen und Staaten so hoch verschuldet wie noch nie zuvor und stehen trotz der historisch niedrigen Leitzinssätze und Billionen Dollar schweren Marktunterstützungen durch die Zentralbanken am Rande ihrer Belastungsfähigkeit. Eine ernsthafte „Normalisierung“ der Geldpolitik erscheint mir daher mehr als unrealistisch.

Ob und wann die Manipulationsfähigkeit der Zentralbanken irgendwann auf ihre Grenzen stößt, bleibt offen. Seit der Jahrtausendwende hat sich die aggregierte Bilanz der 6 größten Zentralbanken (Fed, ECB, BoJ, PBOC, BoE, SNB) von ca. 3 auf über 18 Billionen USD versechsfacht (!!!) was einem Anstieg von 15 auf 37 Prozent des Bruttoinlandsproduktes entspricht. Diese extremen Markteigriffe haben das Überschuldungsproblem allerdings nicht behoben, sondern nur in die Zukunft verlagert.

So leid es mir tut: Die bereits im Rückspiegel zu erahnenden Aussichten für die kommenden Jahre sind daher alles andere als positiv. Entweder unsere Ersparnisse werden erneut vom plötzlichen Blitzschlag einer „völlig unerwarteten“ Kreditkrise getroffen, oder, was langfristig unausweichlich scheint, vom andauernden Starkregen gegenwertloser Schuldgeldschöpfung schleichend in die Wertlosigkeit „inflationiert“. Es ist jetzt nicht die Zeit für gierigen Übermut und blindes Vertrauen bei den Anlageentscheidungen. Schließen Sie lieber schon mal das Verdeck und reduzieren Sie die Geschwindigkeit. Es könnte jederzeit ungemütlich werden.

Ihr Sönke Mißfeld
 
 
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