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Tagesspiegel Checkpoint vom Donnerstag, 02.03.2023 | bedeckt, -2 bis 3°C. | ||
+ SPD-Landesvorstand stimmt für die Aufnahme von Koalitionsgesprächen mit der CDU + U-Bahnen beschmiert: Berliner Rapper muss 60.000 Euro Strafe zahlen + CDU-Abgeordneter fragt nach Streikfolgen für die Wahl – und bietet Plakate zum Recycling an + |
von Stefan Jacobs |
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Guten Morgen, 25 Stimmen dafür, 12 dagegen: Das Votum des SPD-Landesvorstandes für Koalitionsgespräche mit der CDU gestern Abend war deutlich. Nach gut vierstündiger Sitzung konnte Franziska Giffey die Entscheidung verkünden, für die sie ihren selbst erklärten „Traumjob“ aufgeben muss. Empfangen wurde Giffey vor der Parteizentrale in der Müllerstraße von Demonstranten, die sie an den erfolgreichen Enteignungs-Volksentscheid erinnerten. Die Sondierer hatten sich vorab mit der CDU auf ein „Vergesellschaftungsrahmengesetz“ geeinigt, das erarbeitet werden soll, wenn die Expertenkommission die Vergesellschaftung von Wohnungskonzernen für machbar befindet. Klingt nicht danach, als würde das heikle Thema in den dreieinhalb Jahren bis zur nächsten Wahl abschließend geklärt. Dass der CDU-Vorstand heute Koalitionsverhandlungen mit der SPD beschließen wird, scheint sicher. Sicherer jedenfalls als das Votum der SPD-Mitglieder. Aber die Sondiersozis konnten der CDU wichtige Punkte abhandeln: Das 29-Euro-Ticket soll ebenso erhalten bleiben wie Antidiskriminierungsgesetz und Mindestlohn. Tochterfirmen von Vivantes und Charité sollen wieder in die Landeskonzerne eingegliedert, Polizei und Rettungsdienst besser ausgestattet werden und die Bezirke mehr Personal für „Sicherheit und Sauberkeit“ bekommen. Die Verkehrswende wird ebenfalls erwähnt, aber mit mehr „Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Bedürfnissen der Verkehrsteilnehmer“, was bisher Chiffre für die Heiligsprechung jedes Parkplatzes war. Und eine umfassende Verwaltungsreform ist auch geplant. Für die bräuchte die 46,6-Prozent-GroKo eine Zweidrittelmehrheit im Agh, also auch Stimmen der Verschmähten. „Große Schnittmengen und ein sehr großes Entgegenkommen“ der CDU konstatierte Giffey, die nun Senatorin für alles Mögliche werden kann. Den Grünen hatten SPD-Verhandler mangelnde Kompromissbereitschaft attestiert. Und die Linken, die mit Katja Kipping und Klaus Lederer bisher zwei weithin geschätzte Senatsmitglieder stellen, waren ihnen angesichts der innerparteilichen Irrungen und Wirrungen nicht mehr geheuer. Ex-Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) erinnert an die Querelen der SPD unter Eberhard Diepgen in den 1990ern und bittet, von späterem Gejammer verschont zu werden. Die Jusos kündigten Protest an, da sie Rot-Schwarz für eine Ü60-Retro-Party halten, und mehrere SPD-Abteilungen haben bereits gegen Koalitionsgespräche gestimmt, weil sie in der CDU keinen geeigneten Partner sehen und die eigene Verzwergung fürchten. Der Politikberater Frank Stauss, der u.a. die Wahlkämpfe der Berliner SPD von 2001 bis 2016 betreut hat, sieht die Landespartei dem Untergang geweiht, wenn sie als Juniorpartner in eine GroKo geht. | |||
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Bisher nicht verkündet, aber umso spannender ist der Umgang mit der Verlängerung der A100 durch Friedrichshain. Die CDU will sie unbedingt, die SPD eiert seit Jahren, der Bundesauspuffminister liefert sie auch ohne Bestellung. Praktisch würde der Weiterbau bedeuten, mindestens zwei Milliarden Euro in (schon beim Bau extrem klimaschädlichen) Beton zu gießen, rund ums Ostkreuz wieder alles aufzubuddeln und Teile des Friedrichshainer Kiezes für viele Jahre unpassierbar und schwer bewohnbar zu machen, wenn ernsthaft ein Doppelstocktunnel quer zur Fließrichtung ins Urstromtal gegraben würde (Stichwort: „schwieriger Baugrund“). Ein Projekt mit noch mehr Konflikt- und Katastrophenpotential ist kaum vorstellbar. | |||
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Erfrischungsgeld kommt von frisch, aber nicht nur in Xhain warten (wie im CP gestern berichtet) Wahlhelfer:innen noch auf die Auszahlung. Lichtenberg und Mitte wollen bis Ende dieser Woche durch sein, TempelSchön Anfang, Pankow und TrepKöp Ende nächster Woche, ChaWi bis Mitte März. Nur Spandau und Reinickendorf melden bereits Vollzug. Weil die Landeshaushaltsordnung keine Barzahlung erlaubt, mussten pro Bezirk mehrere tausend Überweisungen im Vier-Augen-Prinzip freigegeben werden – aber erst nach Check, ob die Adressaten am Wahltag tatsächlich da waren und nach individueller Berechnung, weil es z.B. für Teilnahme an Schulungen einen Zuschlag gab und für Präsenzschulungen mehr als fürs Online-Pendant. Das dauere halt. Mehrere Wahlämter schreiben auf CP-Anfrage außerdem, dass noch keine Frist überschritten und das Personal mit der Vorbereitung des Klima-Volksentscheids ausgelastet sei. Highlight aus Reinickendorf: „Die erste Beschwerde über eine zu späte Auszahlung gab es bereits in der Nacht vom 12. auf den 13. Februar.“ | |||
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Einen dicken Fisch hat die Justiz im Deutschen Archäologischen Institut ausgegraben (sorry!): Eine 55-jährige Beamtin ist angeklagt, weil sie vor rund 20 Jahren beruflich in den Jemen gegangen und nach einigen Monaten nach Berlin zurückgekehrt sei, was sie aber der Lohnbuchhaltung verschwiegen habe. Dadurch habe sie seitdem monatlich rund 3600 Euro zusätzlich erhalten. Angeklagt ist sie nur wegen des noch nicht verjährten Schadens von rund 176.000 Euro. Zurückgerechnet bis zu ihrem Rückkehrjahr 2002 dürfte die Oberamtsrätin rund eine dreiviertel Million Euro zu viel kassiert haben. Die Anklage lautet auf schweren Betrug durch Unterlassen. Nebenbei könne das Gericht „möglicherweise auch die Frage klären, warum niemandem über so viele Jahre aufgefallen zu sein scheint, dass die Frau im Inland arbeitend Auslandszuschläge bezogen hat“, schreibt die Staatsanwaltschaft. Das Institut mochte die Frage mit Verweis auf das laufende Verfahren gestern nicht beantworten. | |||
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Nachtrag zur Meldung über den „Aufstand für den Frieden“ aus dem CP von Montag: Mitorganisator Klarstellung King (für die Linken im Agh) weist die Bezeichnung „Querfrontdemo“ zurück und betont, „dass man in einem Teilnehmerfeld von mehreren Zehntausend immer auch einzelne Verirrte und versprengte Rechte findet, die versuchen, die Kulisse für ihre Selbstdarstellung zu nutzen“. Wagenknecht habe Rechtsextreme und Reichsbürger aber ausdrücklich für unerwünscht erklärt. Ähnlich äußert sich CP-Leser Reinhard K., der nach eigenem Bekunden dabei war: „Die von Ihnen behaupteten Rechtsradikalen habe ich überhaupt nicht gefunden“, schreibt er. Wie Tagesspiegel-Reporter Julius Geiler die Demo erlebt hat, lesen Sie hier. Alle aktuellen Ereignisse und den Verlauf des Krieges können Sie in unserem Live-Blog (hier) und auf unserer Live-Karte (hier) verfolgen. Spenden für die von Russland terrorisierten Menschen in der Ukraine können Sie weiterhin hier. | |||
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