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Rheinische Post

Morgenausgabe

Stimme
des Westens

Dorothee Krings

29. September 2021

Liebe Frau Do,

die ersten Tage nach einer Wahl sind in Wahrheit oft spannender als die sogenannte heiße Phase davor. Denn nun geht es an das offene Aushandeln von Interessen, ans Abrechnen und Kräftemessen – auch  persönlich. Und mancher Stratege, der sich wie CSU-Chef Markus Söder bis zur Wahl gerade noch zusammenreißen konnte, verrät sein wahres Gesicht. Danach befragt, beteuern Spitzenpolitiker aber gern, dass es jetzt erst mal um die Inhalte gehe. Endlich, endlich. Dabei erwecken sie den falschen Eindruck, es gäbe zwei Sphären der Politik, die hohe, reine, in der nur über Sachthemen gestritten werde und die niedere, schmutzige, in der es um die Posten geht. Wer Fraktionschef wird zum Beispiel und für wie lange. Oder Vizekanzler. Doch das Streben nach Macht gehört notwendig zum Wesen der Politik, beides ist so wenig voneinander zu trennen wie Person und Position. Darum sollten sich die politischen Akteure gerade jetzt alle Scheinheiligkeiten sparen. Der Kampf um die Macht ist in vollem Gange. Und das bestimmt auch die Themen des heutigen Tages.

Heute wichtig:

Union: Der Druck auf Armin Laschet bleibt hoch. Bei der Fraktionssitzung von CDU und CSU am späten Dienstagnachmittag blickte Laschet in viele enttäuschte Gesichter. Der Streit um den Fraktionsvorsitz konnte immerhin beigelegt werden. Amtsinhaber Ralph Brinkhaus darf weitermachen, zunächst für sechs Monate. Hagen Strauß und Jana Wolf berichten.

Notruf-App: In Notfällen ruft man bislang die 110 oder 112 an. Doch für Menschen, die schlecht hören oder eine Sprachbehinderung haben, ist das schwierig. Hier soll ab sofort die neue Handy-App „Nora“ helfen. Viktor Marinov hat sich das Programm angeschaut und festgestellt, dass „Nora“ auch in anderen Situationen praktischer sein kann als ein Anruf.

James Bond: Endlich ist es soweit. Das 25. Bond-Abenteuer „Keine Zeit zu sterben“ ist in den Kinos. Hauptdarsteller Daniel Craig hat innerhalb von 15 Jahren eine der berühmtesten Figuren der Kinogeschichte aus dem Sixties-Museum befreit, in die Gegenwart geholt und revolutioniert. Was in diesem Film passiert, ist ein bisschen, als berührte die Sonne den Mond, schreibt Kulturredakteur Philipp Holstein in seiner Filmkritik.

Noch mehr aktuelle Nachrichten gibt es zum Hören – von Montag bis Samstag jeden Morgen ab 5 Uhr in unserem „Aufwacher“-Podcast.

Meinung am Morgen:

Laschet in Berlin: Fehlt der Union gerade eine Persönlichkeit, die Armin Laschet zum Rückzug bewegen könnte? Wer so fragt, unterstelle dem Kanzlerkandidaten der Union, ein Egomane zu sein, schreibt Chefredakteur Moritz Döbler in seinem Kommentar. Doch das verkenne die Lage: Laschet werde noch gebraucht – von den einen als Sündenbock, von den anderen als Karte im Koalitionspoker.

Laschet in NRW: Seine Nachfolge in NRW hätte Ministerpräsident Armin Laschet allerdings längst regeln können – und spätestens am Montag auch regeln sollen, schreibt Maximilian Plück in seinem Kommentar. Laschet will am Wochenende noch Gespräche führen. „Moderierten Übergang“ könne man das nennen, doch bedeute es in Wahrheit für Laschet, dass er an zwei Fronten kämpfen muss: um sein Erbe in NRW und um die eigene Zukunft in Berlin.

Bundespräsident: Mit Grünen und FDP eine Regierung zu bilden, wird die SPD einiges kosten. Womöglich sogar eine zweite Amtszeit für Frank-Walter Steinmeier als Bundespräsident, analysiert Tim Braune in seinem Kommentar. Jedenfalls haben die Grünen schon eine Kandidatin für das Amt im Blick: Katrin Göring-Eckardt.

So gesehen:

Vom Lärm in der Politik war schon viel die Rede, darum soll nun die Ruhe zu ihrem Recht kommen. Die Umweltorganisation BUND in Nordrhein-Westfalen ruft dazu auf, in diesem Herbst die Laubbläser schweigen zu lassen. Zu laut, zu abgasig, zu schädlich. Statt Blätter zu Bergen zu pusten, könne man zu Harke oder Rechen greifen. Wenn überhaupt. Das Laub einfach liegen zu lassen, gibt nützlichen Tierchen wie dem Regenwurm ordentlich zu schmatzen und schütze Beet wie Rasen vor Kälte und Trockenheit. Den Blättern einfach zusehen, wie sie fallen. Das ist kluge Lethargie, jahreszeitlich angemessen, ökologisch wertvoll. Kommen Sie ruhig in den Tag!

Herzlich,

Dorothee Krings

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