Olaf Scholz, der Überforderte?
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Liebe/r Leser/in,

vor einer Woche habe ich an dieser Stelle die Frage aufgeworfen, ob der Bundeskanzler mit seinem Amt überfordert ist. Der mediale Auftritt von Olaf Scholz am vergangenen Dienstag hat mich leider in der Auffassung bestärkt, dass der vierte sozialdemokratische Bundeskanzler nicht führt, und vor allem: nicht kommuniziert. Und das in einer Situation, in der es um Krieg und Frieden, um Freiheit und Wohlstand in Europa geht.

Scholz hat als Hamburger Bürgermeister einmal gesagt: „Wer bei mir Führung bestellt, bekommt sie auch.“ Dieser schnoddrig-arrogante Spruch holt ihn als Kanzler jetzt ein. Denn die Bundesrepublik ist selten, vielleicht noch nie von Verbündeten so nachdrücklich aufgefordert worden, ihre Führungsrolle wahrzunehmen, wie in der Ukraine-Krise. Doch der Scholz von heute schweigt, bremst und trickst in der Frage der Waffenlieferungen an die Ukraine in einem Ausmaß, das einen als Bürger dieses Landes beschämen muss – unabhängig davon, ob man für oder gegen Panzer und Kampfjets ist.

Warum bringt der Kanzler nicht den Mut auf, den Bürgern in aller Offenheit zu erklären, warum er starke Bedenken hat, der Ukraine das schwere Kriegsgerät zu überlassen, das sie von Deutschland einfordert und das sie zum militärischen Überleben in den kommenden Wochen benötigt? Oder: Warum begründet er nicht öffentlich, warum er nicht nach Kiew reisen will wie Boris Johnson oder Ursula von der Leyen? Indirekte Hinweise wie den auf seinen Amtseid, der ihn dazu verpflichte, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden, reichen hier ebenso wenig aus wie die Weigerung des Kanzlers, Worte wie „Panzer“ auch nur in den Mund zu nehmen.

Eher hilflos auch der Dauer-Appell von Scholz an Putin, er möge seine Truppen zurückziehen und einen sofortigen Waffenstillstand schließen. Der Kriegstreiber im Kreml hat mit so ziemlich allen Regeln des Völkerrechts wie des Anstands gebrochen, die man sich vorstellen kann, um sich den Traum von einem Großrussland zu erfüllen.

Wirklich beunruhigend aber ist es, wenn die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses und Ampel-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann am Dienstag, wenige Stunden nach der Kanzler-Pressekonferenz, Olaf Scholz mit einem „Hütchenspieler“ vergleicht, bei dem man aufgrund des schnellen Hin und Her nicht wisse: „Was wollte uns der Kanzler sagen?“ Indirekt bezichtigte sie ihn sogar der Lüge wegen dessen Aussage, die Welt mache das, was Deutschland mache. Strack-Zimmermann: „Das ist definitiv nicht so!“ Die resolute Liberale fügte hinzu: „Dann würde sie sehr wenig machen.“ Viele Länder, z. B. die USA, die Niederlande oder Tschechien, liefern längst schwere Waffen.

Der grüne Vorsitzende des Europaausschusses, Anton Hofreiter, der zusammen mit Strack-Zimmermann die Ukraine besucht hatte, warnte am Mittwoch, die Zurückhaltung der Regierung Scholz bei Waffenhilfen könne zu einem „de facto Dritten Weltkrieg“ führen. Nicht gelten lassen wollte Hofreiter das Argument des Kanzlers, es ergebe keinen Sinn, der Ukraine Waffen zu liefern, an denen die Soldaten nicht ausgebildet seien. Das, so der Grüne, finde er „etwas paternalistisch“.

Diese Attacken auf den Kanzler aus dem Ampel-Lager lassen Erosionen im Fundament der Bundesregierung erkennen, auch wenn es zunächst Einzelstimmen sind. Als „Jungs und Mädels“, auf die er nicht höre, verhöhnte er seine Kritiker. Allerdings haben diese Stimmen Gewicht, denn Hofreiter beispielsweise war bis vor wenigen Monaten Fraktionsvorsitzender der Grünen im Bundestag und wäre fast Minister im Scholz-Kabinett geworden.

Der Kanzler muss diese Erosion seiner Machtbasis stoppen, wenn er nicht erst die Kontrolle und dann die Macht verlieren will. An der Impfpflicht ist Scholz bereits gescheitert, und die Mehrheit für das 100-Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr scheint nicht gesichert. Er wäre nicht der erste Kanzler, der sich gezwungen sähe, die Vertrauensfrage zu stellen, um die Geschlossenheit im eigenen Lager wiederherzustellen. Ein Zeichen von Stärke war das nie.

mit vielen Grüßen,

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Robert Schneider,
Chefredakteur FOCUS-Magazin

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