Ausgabe vom 26.01.2024
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Die US-Wirtschaft befindet sich in der besten aller Welten

Die US-Wirtschaft befindet sich in der besten aller Welten
von Sven Weisenhaus

Die US-Wirtschaft zeigt sich von dem historisch schnell gestiegenen Leitzins der US-Notenbank (Fed) weiterhin vollkommen unbeeindruckt. Im Schlussquartal 2023 legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) auf das Jahr hochgerechnet (annualisiert) um 3,3 % zu, wie das US-Handelsministerium gestern zu einer ersten Schätzung mitteilte. Experten hatten dagegen nur mit einem Plus von 2,0 % gerechnet, nach einem Zuwachs von 4,9 % im 3. Quartal 2023.

Das Wachstum wurde von allen Bereichen getrieben: Die Investitionen der Unternehmen legten trotz der höheren Zinskosten um 1,0 %. Die Verbraucher steigerten ihre privaten Konsumausgaben, die mehr als zwei Drittel der Wirtschaftsleistung ausmachen, um 3,1 %. Und die Exporte legten sogar um mehr als 6 % zu. Auch der Staat gab mit +3,3 % deutlich mehr aus.
Im Gesamtjahr 2023 reicht es dadurch für ein Wachstum von 2,5 %, nach 1,9 % im Vorjahr 2022.

Wirtschaft wächst, Inflation nimmt ab

Darüber hinaus stieg der Preisindex für die persönlichen Konsumausgaben (PCE), der bevorzugte Inflationsindikator der Fed, im 4. Quartal 2023 nur um 1,7 %, nach noch +2,6 % im 3. Quartal. Die Inflation nimmt also ab, während das Wachstum zugleich hoch bleibt. Das ist ein Traumszenario für die Fed, die dieser Entwicklung sehr selbstzufrieden und untätig zuschauen kann.

Fed kann sich mit Zinssenkungen Zeit lassen

Zinssenkungen sind nicht zwingend nötig. Denn solange die Inflation das Ziel von 2 % nicht erreicht hat, würde man mit Zinssenkungen lediglich eine Rückkehr höherer Teuerungsraten riskieren. Und solange die Wirtschaft nicht zu sehr bzw. kaum unter den gestiegenen Zinsen leidet, muss man ihr mit Zinssenkungen auch nicht unter die Arme greifen.

Länger hohe Zinsen sind eigentlich eine schlechte Nachricht für den Aktienmarkt. Doch wie ich gestern bereits schrieb, ist er derzeit nicht mehr an die Zinssenkungserwartungen gekoppelt. Die US-Börsen sind aktuell recht gemächlich unterwegs, die Anleger gönnen sich eine Pause und ruhen sich auf den erzielten Kursgewinnen aus.

US-Wirtschaft startet auch stark ins neue Jahr 2024

Und für diese gibt es mit den starken Wirtschaftsdaten auch einen guten Grund. Zumal die US-Wirtschaft auch sehr stark in das neue Jahr gestartet ist. Laut vorläufigen Daten stieg der Einkaufsmanager von S&P Global für die gesamte Wirtschaft der USA – also Industrie und Dienstleister zusammen – im Januar auf 52,3 Punkte, von 50,9 im Dezember.

Der Frühindikator erreichte damit den höchsten Wert seit 7 Monaten. Getrieben wird die positive Stimmung weiterhin von den Dienstleistern. Deren Index legte von 51,4 auf 52,9 Zähler erneut zu und erreichte ebenfalls ein 7-Monats-Hoch.

Das produzierende Gewerbe konnte auch zulegen und übersprang mit 50,3 Punkten im Januar sogar erstmals seit April vergangenen Jahres wieder die Schwelle von 50 Punkten, ab der Wachstum signalisiert wird.

Erfreulich war dabei auch, dass die Unternehmen den dritten Monat in Folge ein stärkeres Wachstum der Auftragseingänge sowohl für Waren als auch für Dienstleistungen meldeten und die durchschnittlichen Preise im Januar den geringsten monatlichen Anstieg seit Mai 2020 verzeichneten.

Wie die Wirtschaft, so der Aktienmarkt

Auch die Einkaufsmanagerdaten zeigen also ein beschleunigtes Wachstum bei einer anhaltenden Abkühlung der Inflation. Damit sind die Wirtschafts- und Ertragsaussichten für das Jahr 2024 in den USA besser als in anderen Regionen (siehe dazu auch „Die EZB verweigert der schwächelnden Wirtschaft Hilfe“). Den Prognosen der Weltbank zufolge wird das BIP der USA voraussichtlich um 1,6 % steigen, gegenüber 0,7 % für die Eurozone und 0,9 % für Japan. Und die Gewinne der Unternehmen aus dem S&P 500 sollen um 10,6 % zulegen, was fast doppelt so viel ist wie beim europäischen STOXX 600.

Da kann es mit den Aktienkursen vor allem an den US-Börsen doch eigentlich nur weiter nach oben gehen, oder? Das haben sich wohl bereits viele Anleger gedacht und die Kurse schon weit nach oben getrieben. Laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters ist die Bewertungslücke zwischen dem S&P 500 und dem MSCI Index für Aktien aus über 40 anderen Ländern dadurch inzwischen so groß wie seit über 20 Jahren nicht mehr.

Wie Torsten Ewert am Montag berichtete, wird der S&P 500 aktuell mit dem fast 20-fachen der geschätzten zukünftigen Gewinne gehandelt (siehe „Entscheidung im Tech-Sektor“). Und er liegt damit sehr weit über seinem langfristigen Durchschnitt von 15,6. Im Gegensatz dazu notiert der MSCI Weltindex für alle Länder ohne die USA laut dem Reuters-Bericht mit dem 12,8-fachen unter seinem historischen Durchschnitt von 13,5. Dieser Abstand ist fast so groß wie seit über zwei Jahrzehnten nicht mehr.

Fazit

Die US-Wirtschaft befindet sich derzeit in der besten aller Welten: Das Wachstum ist hoch und scheint unendlich, trotz historisch schnell gestiegenem Leitzins. Letzterer scheint seine Wirkung aber dennoch bei der Inflation nicht zu verfehlen, da der Preisdruck bereits deutlich nachgelassen hat und einige Indikatoren darauf hindeuten, dass er es auch zukünftig wieder tun wird, nachdem er sich zuletzt einige Monate wenig verändert gezeigt hatte (siehe auch „Mit einer Art Doppeltop in die saisonal schwache Phase?“). Und das, obwohl der Arbeitsmarkt weiterhin angespannt ist und die Arbeitnehmer höhere Lohnforderungen durchsetzen können. Das hilft zwar nicht im Kampf gegen die Inflation, treibt aber das Wachstum weiter an, da ein höherer Lohn mehr Konsum ermöglicht.

Das alles motiviert die Anleger zu Aktienkäufen, obwohl sie dafür inzwischen ziemlich hohe Preise bzw. Kurse bezahlen müssen. Der Markt in den USA ist hoch bewertet und charttechnisch extrem überkauft. Es gibt günstigere Alternativen, die auch Käufer anlocken – siehe DAX, Euro STOXX 50 oder auch den japanischen Nikkei 225.

In deutschen Nebenwerten schlummert enormes Aufholpotential

Und genau auf diese Werte würde ich auch weiterhin setzen, während ich um US-Aktien nach wie vor einen großen Bogen mache. Es gibt noch zahlreiche fundamental günstige Titel auf deutschen Kurszetteln. Und diese bieten noch ein hohes Aufholpotential.

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Ihr 
Sven Weisenhaus 
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