Die europäische Lebensmittelbehörde EFSA hat ihren Grenzwert für die Chemikalie Bisphenol A drastisch abgesenkt – um den Faktor 20 000. Die „tolerierbare tägliche Einnahme“ beträgt nach Einschätzung der Behörde nun nur mehr 0,2 Nanogramm statt vier Mikrogramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag.
Bisphenol A schmeckt nicht, riecht nicht, ist nicht zu sehen – und ist doch allgegenwärtig. Der Stoff, der oft fälschlich als Weichmacher bezeichnet wird, dient zur Herstellung von polymeren Kunststoffen und Epoxidharzen. Er steckt etwa in Plastikgeschirr, Mehrwegflaschen, Schnullern, Abdichtung von Schraubverschlüssen und in den Beschichtungen von Konserven und Getränkedosen. Von dort kann er sich lösen. Er gelangt ins Blut und auch ins Fruchtwasser. Die höchsten Belastungen haben Kinder.
Die EFSA hat nun zahlreiche, in den vergangenen Jahren erschienene Studien neu bewertet und schließt sich dem Urteil der europäischen Chemikalienagentur an, die Bisphenol A als eine „besonders besorgniserregende Substanz“ einstuft. Sie besitzt eine östrogenartige Wirkung und gilt daher als ein hormoneller Schadstoff, ein „endokriner Disruptor“. Mitverantwortlich sein könnte Bisphenol A für die Frühreife bei Mädchen und die Unfruchtbarkeit von Männern, für Verhaltensstörungen, Diabetes, Brustkrebs und Adipositas.
Nun ist die Politik gefragt. Die EU-Kommission oder die Regierungen der Mitgliedsländer müssen festsetzen, wie viel des Stoffes von Verpackungen in Lebensmittel übergehen darf oder aus welchen Produkten die Chemikalie ganz verschwinden soll. Für Babyflaschen und Thermopapier gibt es bereits Verbote. Die EFSA hofft auf „geeignete regulatorische Maßnahmen zum Schutz der Verbraucher“.
Bernhard Borgeest, Wissen & Gesundheit |