Liebe Leserinnen und Leser,
 

heute wird nicht nur das erste Türchen vom Adventskalender aufgemacht, es gelten auch – mal wieder – neue Corona-Regeln. Der Advent, die Zeit der Hoffnung, ist dieses Jahr also nicht nur der Countdown bis zum Weihnachtsfest. Sondern auch hin zu den für die Feiertage in Aussicht gestellten Lockerungen. Die deutsche Eindämmungsstrategie trägt mitunter leicht bizarre Züge, aber wahrscheinlich haben sich die meisten Bürgerinnen und Bürger inzwischen daran gewöhnt, diese und dann wieder jene Maßnahmen schulterzuckend zur Kenntnis zu nehmen. Ob sich die Mehrheit von ihnen an die am 1. Dezember in Kraft getretenen Kontaktbeschränkungen hält, ist eine andere Frage. Fest steht: Das Virus „bleibt unberechenbar“, wie es immer wieder so schön heißt. Und die Politik bleibt es dementsprechend auch.

Das Corona-Akkordeon

Interessant ist da ein Blick auf die Schweiz: Erst war das Gesundheitssystem in unserem Nachbarland am Anschlag, dann folgten verhältnismäßig moderate Maßnahmen – und die Fallzahlen halbierten sich. Wie kann das sein? Im Interview mit meinem Kollegen Christoph Schwennicke versucht sich der Chefredakteur der Schweizer Tageszeitung Blick mit einigen interessanten Erklärungen. Man betrachte die Corona-Politik wie ein Akkordeon, sagt Christian Dorer: „Aufmachen, so weit es geht, und dann wieder ein bisschen schließen, wenn es schlimm wird.“ Das mag für bayerische Ministerpräsidenten viel zu lasch klingen. Aber die schweizerische Regierung mache bei diesem Ritt ins immer wieder Ungewisse einen insgesamt guten Job, so Dorer, und gebe sich nicht einem Überbietungswettbewerb immer härter Lockdown-Maßnahmen hin: „Politiker wollen immer handeln und möglichst viel tun. Dieser Versuchung des Aktivismus verfallen die politisch Verantwortlichen in der Schweiz glücklicherweise nicht.“

Eine vernünftige Maxime

Und noch ein paar interessante Gedanken zur Pandemie: Die State Bank of India hat berechnet, dass die Zahl der Toten durch den Wirtschaftseinbruch in Indien je nach Bundesstaat vier- bis zwanzigfach höher sein wird als die Zahl der Covid-19-Toten. „Wie ließe sich gegensteuern?“, fragt deshalb mein Kollege Ralf Hanselle den Berner Philosophieprofessor Thomas Kesselring. Dessen Antwort: „Vermutlich ist es nicht sinnvoll, wenn wir Europäer diesbezüglich den Indern oder Afrikanern Ratschläge erteilen.“
 
Erkenntnisoffen zu bleiben und sich mit gutgemeinten Ratschlägen anderen gegenüber zurückhalten – das ist nicht nur im Advent und in Corona-Zeiten eine vernünftige Maxime.
 

Ihr Alexander Marguier, Chefredakteur

 
 
 
 
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