Diese Blase steht vor ihrem Ende!
Diese Blase steht vor ihrem Ende! von Torsten Ewert Sehr verehrte Leserinnen und Leser, die Rückschläge an den US-Aktienmärkten in den vergangenen zwei Wochen haben Anleger und Analysten verständlicherweise aufgeschreckt. Die meisten Kommentatoren beschränken sich jedoch darauf, die (vermeintlichen) Gründe dafür zu finden. Wichtiger ist aus meiner Sicht, welche Perspektiven die Börsen jetzt bieten. Die große Bullenfalle im Nasdaq 100 … Dazu zunächst der Blick auf den Nasdaq 100: Er vollzieht bislang eine klassische Korrektur (roter Trend) nach einem steilen Anstieg (grüner Trend). Diese Korrektur verläuft zwar sehr dynamisch – so hat der Kurs das Niveau des gelben Targets vorfristig erreicht –, aber solange er den übergeordneten blauen Aufwärtstrend verteidigt, bleibt die Lage bullish. Kritischer sehe ich den Fehlausbruch an der runden 20.000-Punkte-Marke, den der Nasdaq 100 durch den Rückfall produziert hat, nachdem er zweimal erfolglos versuchte, sich auf diesem Niveau zu etablieren (rote Pfeile). Diese große Bullenfalle ist auch aus übergeordneter Sicht ein bearishes Zeichen, das zum einen den dynamischen Rückfall erklärt (viele Investoren wurden auf dem falschen Fuß erwischt) aber zum anderen auch einen Trendwechsel oder zumindest eine längere Schwächephase einleiten könnte. … wird von einer weiteren große Bullenfalle bestätigt Hinzu kommt, dass es im US-Halbleiterindex eine ähnliche Konstellation gibt: Dieser Index, der die mit Abstand stärkste Branche an der US-Börse – und damit die KI-Blase – repräsentiert, ist ebenfalls an seiner runden 20.000-Punkte-Marke gescheitert. Da der Ausverkauf bei Halbleiterwerten besonders stark war (auch aufgrund einiger schwacher Ergebnisse von Branchenvertretern in der laufenden Quartalsberichtssaison), fiel der Kurs hier bereits bis an das Hoch vom März zurück. Allerdings bewegt sich der Kurs ebenfalls weiterhin in einem intakten übergeordneten Aufwärtstrend, sodass mit einer entsprechenden Gegenreaktion das bullishe Bild auch hier intakt bleibt. Blasen an der Börse und im Chart Dennoch könnte mit den jüngsten Rückschlägen das Ende der KI-Blase eingeläutet worden sein. Dazu der Blick auf den langfristigen Verlauf des US-Halbleiterindex: Quelle: MarketMaker mit Daten von VWD, eigene Berechnungen Hier sehen Sie im oberen Chartteil den Monatschart seit 1995 zusammen mit den 20-Monats-Bollinger Bändern (grau) und im unteren Chartteil einen davon abgeleiteten Indikator. Bemerkenswert ist, dass der Begriff „Blase“ an der Börse eine charttechnische Entsprechung hat: Die Bollinger Bänder, die unter anderem von der Volatilität bestimmt werden, weiteten sich nicht nur bei Rückschlägen auf, sondern auch bei nachhaltigen, dynamischen Kursanstiegen. Da diese immer wieder von (kleineren) Korrekturen bzw. Konsolidierungen unterbrochen werden, verengen sich die Bollinger Bänder wieder, sodass sie im Chart ebenfalls eine Blase bilden. Einen sehr typischen Vertreter davon habe ich in diesem Kursverlauf gelb markiert. Eine solche längliche Blase – deren Aufweitung nach unten moderat bleibt – charakterisiert einen gesunden, starken Trend. Wann eine Blase gefährlich wird Eine „echte“, gefährliche Blase entsteht, wenn sich die Bollinger Bänder in beide Richtungen sehr stark aufweiten. Das war zuletzt Ende der 1990er Jahre während der Dotcom-Blase der Fall. Sie weiten sich dann über alle Maßen auf, was sich unter anderem dadurch äußert, dass die Differenz zwischen oberem und unterem Bollinger Band in Extremfällen größer wird als ihr absoluter Mittelwert. Das entsprechende Verhältnis steigt also über 1, und genau das ist im unteren Chartteil dargestellt. Sie sehen, dass in der Regel in Aufwärtstrends (grüne Zeiträume) die Kurve unter 1 (gestrichelte Linie) bleibt. (Bei starken und/oder anhaltenden Kursrückgängen werden ebenfalls Werte über 1 erreicht, aber diese Fälle interessieren hier nicht.) In Blasen – oder Vorstufen dazu – nähert sich die schwarze Kurve der gestrichelten Linie (z.B. Ende 2021) oder steigt sogar darüber. Dann wird es kritisch, denn offenbar endet die Blase bzw. steht vor ihrem Ende, wenn die schwarze Kurve im Extrembereich wieder nach unten dreht. Diese Fälle habe ich im Chart mit kleinen Dreiecken markiert. Nun ist es nicht immer so, dass der Kurs danach sofort stark fällt. Im Jahr 2000 gab es danach noch eine mehrmonatige volatile Seitwärtsbewegung auf hohem Niveau, bevor es abwärts ging. Hier droht übergeordnet das Platzen der Blase! Der Punkt ist jedoch, dass die schwarze Kurve im Juli 2024 nach aktuellem Stand nach unten dreht. Es gäbe dann eine vergleichbare Situation wie 1997/2000: Damals kam es zunächst unvermittelt zu einem scharfen und starken Einbruch (ausgelöst durch die Asien- und Russland-Krise 1997 bzw. 1998) und zweieinhalb Jahre später zu einer großen Top-Formation, deren Hoch erst mehr als 20 Jahre später nachhaltig überwunden wurde. Diesmal hatten wir 2022 eine ausgeprägte Korrektur (verstärkte durch den Ukraine-Krieg) und haben nun möglicherweise ein Top bei 20.000 Punkten. Übrigens: Auch 2000 scheiterte der US-Halbleiterindex an einer runden Marke, und zwar bei 4000 Punkten (rot gestrichelte Linie). Wie gesagt, noch ist dieses Signal nur im Entstehen. Es ist noch möglich, dass es abgewendet wird. Dazu müsste der Kurs in den verbleibenden drei Handelstagen bis zum Monatsende um 5,5 %, auf mindestens 18.604,97 Punkten steigen. Das klingt viel, zumal der Index seit 2008 einen solchen Anstieg nur in 3,7 % aller Fälle schaffte. Allerdings gelang ihm dieses Kunststück seit dem Beginn der jüngsten Übertreibungsphase im Oktober 2023 in 12,8 % aller Fälle. Achten Sie also in den kommenden Tagen und gegebenenfalls auch in den kommenden Wochen und Monaten auf den Verlauf der US-Halbleiterwerte. Dort wird sich früher oder später das Ende der Blase abzeichnen. Die Entscheidung könnte z.B. mit den Quartalszahlen von Nvidia fallen, die für den 28.08.2024 erwartet werden. Mit besten Grüßen Ihr Torsten Ewert
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