Vorab ein Hinweis: Zu dieser Thematik gibt es am Sonntag (02.09.) ab 17:00 Uhr auf meinem YouTube-"Aktien Kanal" auch ein Video von mir... Schon erstaunlich mit welcher Ignoranz und/oder Unfähigkeit sich die großen deutschen Banken, allen voran die Deutsche Bank, der rasanten Digitalisierung in der Branche regelrecht verschließen und damit ihre Zukunft akut gefährden. Den Vogel schoss nun Ex-Vorstand Jürgen Fitschen mit seiner Aussage ab, man hätte in der Finanzkrise von einer Staatshilfe profitieren können. Die nachhaltigen Korrekturen in den Bilanzen hätten dann schneller erledigt werden können. Das dauere hier in Europa zu lange. Nun soll also Europa Schuld sein am anhaltenden Niedergang der Bank. Das ist alleine schon deswegen absurd, weil es genug Beispiele von Banken auch auf europäischer Ebene gibt, die sich inzwischen sehr gut von der Finanzkrise erholt haben. Und hatte nicht die Deutsche Bank während der Finanzkrise gebetsmühlenartig wiederholt, man brauche keinesfalls staatliche Unterstützung. Ihr wisst, ich bin ganz sicher nicht ein grundsätzlicher Kritiker deutscher Großkonzerne. Ich habe zuletzt ja auch z.B. Bayer verteidigt. Aber was bei der Deutschen Bank in der letzten Dekade so abging, spottet wirklich jeder Beschreibung. Wenn es irgendwo einen Skandal gab - egal ob Hypothekengeschäfte in den USA, Geldwäsche in Russland, Verstöße gegen das US-Embargo im Iran, Tricksereien im Devisenhandel, Zinsmanipulationen oder Manipulationen des Gold- und Silberpreises: Die Deutsche Bank war immer vorne mit dabei! Kein Wunder, dass das Image - zurecht - desaströs ist. Und nicht nur das: Die Deutsche Bank musste einen zweistelligen Milliarden Betrag an Strafen bezahlen, alleine für das Hypotheken-Desaster in den USA 7,2 Milliarden US-Dollar Euro. Das hat die Kapitalsubstanz des Kreditinstituts natürlich erodiert. Möglich, dass das quasi kontinuierlich erforderliche Problemmanagement so viele Kapazitäten gebündelt hat, dass wichtige Weichenstellungen für die Zukunft einfach verpasst worden sind. Digitalisierung komplett verschlafen Das kann aber allenfalls ein Ausrede sein, keine wirkliche Erklärung. Das Management der Bank war in den letzten Jahren absolut desaströs. Die Digitalisierung wurde offenbar komplett verschlafen. Bezeichnend hierbei sind die Äußerungen der ehemaligen IT-Chefin Kim Hammonds (die auch im Vorstand saß) im April dieses Jahres: Sie hatte die Deutsche Bank intern als das "dysfunktionalste Unternehmen bezeichnet für das sie jemals gearbeitet habe. Auch Vorstandschef Cryan hatte zum Amtsantritt 2015 die IT des Unternehmens als "lausig" bezeichnet. Hammonds sagte des weiteren "unter ihrer Ägide (die nur 1 1/2 Jahre dauerte) sei die Zahl der IT-Systeme von 45 auf 32 reduziert worden, die deutlich stabiler liefen als früher. Und jetzt der Hammer: "Das Ziel sind vier". Daraus lässt sich in etwa erahnen was für eine gigantische Aufgabe der Deutschen Bank bevorsteht, um diese Problematik zu lösen. Die IT-Schwäche ist mit Sicherheit ein Grund dafür, warum man der Konkurrenz in Punkto Profitabilität so weit hinterher hinkt und so hohe Kosten hat. Und diese niedrige Profitabilität ist gefährlich, weil es die Deutsche Bank (und auch die Commerzbank) anfällig für Verwerfungen an den Kapitalmärkten macht. Eine Rezession in den USA oder eine große Marktpanik wäre für die Deutsche Bank eine Katastrophe. Wenn andere einen Husten bekommen, würde die Deutsche Bank sofort mit einer schweren Lungenentzündung auf der Intensivstation liegen. Wirecard als Nischenplayer? Vielsagend sind auch die Äußerungen zu Wirecard. Vor kurzem ist ja das vor wenigen Jahren noch kaum Vorstellbare passiert: Das Ende der 90er-Jahre quasi durch die Hintertür via Reverse Merger an den Markt gekommene und als Schmuddelkind verrufene Start-Up hat die Deutsche Bank inzwischen in Punkto Marktkapitalisierung überholt und wird in Kürze sogar die Commerzbank aus dem DAX verdrängen! Als der amtierende Deutsche Bank-Chef Christian Sewing am Donnerstag darauf angesprochen wurde, sagte er: Wirecard habe sich zwar "in einer Nische des Zahlungsverkehrs eingenistet" und sprach von "einer absolut imposanten Leistung", aber der Vergleich mit den klassischen Banken hinke. Er sehe Wirecard nicht als Gefahr. Dazu fällt mir nur ein Satz ein: Deutsche Bank - Arrogant bis in den Untergang! Vielleicht sollte man sich bei "den Blauen" wie sie ja umgangssprachlich genannt werden, mal fragen: Wie hat es denn passieren können, dass "ein Nischenanbieter", der vor 10 Jahren 500 Millionen Euro wert war und ca. drei Prozent der Größe der Deutschen Bank gehabt hat (oder andersrum formuliert: die Deutsche Bank war damals um den Faktor 37 größer als Wirecard), die Deutsche Bank nun überholt hat? Und ob man da tatsächlich noch von einem Nischenanbieter sprechen kann? Natürlich: Im Nachhinein ist man immer schlauer, das Tempo der Digitalisierung war so evtl. nicht vorhersehbar und man kann darüber diskutieren, ob Wirecard überbewertet ist. Und klar: Das Kerngeschäftsfeld ist in der Tat ein anderes. Hier klassisches Banking inklusive Investment-Banking. Dort die Abwicklung von Zahlungen.
Lieber Video-Anschauen als Lesen? Wirecard im DAX? Party vorbei? Am 5. September, also in rund einer Woche, wird mit hoher Wahrscheinlichkeit die Aufnahme von Wirecard in den DAX verkündet. Aber ist das ein Grund die Aktie jetzt noch zu kaufen? Die Bilanz früherer Aufsteiger nach der DAX-Aufnahme ist hochinteressant und könnte einen Hinweis geben wie es bei Wirecard zukünftig laufen könnte. → Mehr dazu in meinem Video (hier klicken)...
Wo ist die Deutsche Payment AG? Fakt ist aber, dass man das Thema Mobile Payment und Zahlungsabwicklung bei der Deutschen Bank und deutschen Banken insgesamt offenbar massiv unterschätzt hat. Nicht nur, dass man keinen Fokus darauf gelegt hat; schlimmer noch: Die Banken haben es in den letzten Jahren sogar fertig gebracht sich sukzessive von den Aktivitäten im Bereich der Zahlungsabwicklung, dem Payment Processing, zu trennen und sich damit selbst des wohl aussichtsreichsten Wachstumsmarkts im Fintech-Bereich beraubt. Statt man versucht hätte mit einem Private Equity-Partner eine "Deutsche Payment AG" zu formen und diese an die Börse zu bringen, steht man nun vor dem Nichts. Den Fehler haben übrigens nicht nur deutsche Banken gemacht, auch ausländische, wie die Royal Bank of Scotland. Die Wurzeln den Zahlungsabwicklungs-Shooting Stars Adyen aus den Niederlanden liegen nämlich bei der Royal Bank of Scotland. Gleich zwei Online-Payment-Riesen sind aus der RBS hervorgegangen: neben Adyen auch Worldpay. Andere deutsche Player wie Concardis wurden zuletzt von Private Equity-Firmen geschluckt - zu Preisen, die nur noch einen Bruchteil des Werts von Wirecard und Adyen ausmachten. Es wird noch schlimmer kommen Aber es kommt noch schlimmer: Wenn Sewing von der Deutschen Bank nun sagt, man sehe Wirecard nicht als Gefahr, dann zeigt das, dass die Bankmanager offenbar immer noch nicht verstanden haben, was die Stunde geschlagen hat. Fintech-Anbieter aus den USA wie beispielsweise PayPal oder Square greifen die Banken frontal an. Sie expandieren gerade vom Bereich Mobile Payment ins Mobile Banking. Die Entwicklung geht dahin, dass künftig immer mehr Kunden überhaupt kein normales Bankkonto mehr brauchen. Nicht nur die Zahlungsabwicklung, auch Dinge wie Kreditvergabe für Privatpersonen und auch für (zunächst kleinere Unternehmen) gehören zum Angebot. Gelder können innerhalb weniger Minuten mit einem Kreditkartenwisch von einem Konto zum anderen verschoben werden. Und auch im Bereich Hypothekenkredite werden die Banken hierzulande ja von FinTechs wie Hypoport unterwandert und zu bloßen Frontend-Ausführ-Maschinen degradiert. Nun kann man argumentieren, dass das die Deutsche Bank ja nur teilweise tangiert, schließlich will man ja auch eine Investmentbank sein. Aber auch hier hat man massiv an Boden verloren. Börsengänge in den USA laufen immer häufiger ohne die Beteiligung der Deutschbanker ab und ob jemals ein Comeback gelingen wird, ist fraglich. Wie geht es nun weiter mit dem einst so stolzen deutschen Aushängeschild? Ich sehe die Eigenständigkeit als extrem gefährdet an. Die "Hedgefonds-Geier" lauern bereits. Allen voran Cerberus. Im Februar hat das Unternehmen gemeinsam mit dem Finanzinvestor JC Flowers den Zuschlag zum Erwerb der HSH Nordbank erhalten. JC Flowers war übrigens der Investor, der bereits während der Finanzkrise 2009 die taumelnde Hypo Real Estate (die ja aus der HypoVereinsbank hervorgegangen war) zerlegt hat. Man kennt sich also aus am deutschen Markt. Nun haben die Finanzinvestoren, die (einstigen) Riesen Commerzbank und Deutsche Bank im Auge. Cerberus war im Sommer 2017 schon mit fünf Prozent bei der Commerzbank eingestiegen und hält seit November auch drei Prozent an der Deutschen Bank. Die Cerberus-Beratungssparte soll das Geldhaus unterstützen, die Kosten zu drücken und neue Gewinnquellen zu erschließen. Pikant: An der Spitze des Cerberus-Bankenteams steht Matt Zames, der ehemalige zweite Mann hinter Jamie Dimon bei JPMorgan. Zames wurde als ein möglicher Nachfolger von John Cryan gehandelt und gilt als ausgewiesener Fusionsspezialist. Das zeigt in welche Richtung es. Die Frage ist: Was wird genau passieren? Kommt es tatsächlich zu einer Fusion zwischen Deutscher Bank und Commerzbank? Oder gibt es eine Übernahme? Viel wird vom Zeitpunkt abhängen. Jetzt noch, solange sich die Banken noch einigermaßen über Wasser halten können? Oder erst in einer Notsituation? Dann würde eine Zerschlagung drohen und es könnte bitte für die Aktionäre werden. Selbst wenn eine Fusion schnell kommt, würde ich nicht davon ausgehen, dass ein allzu hoher Aufschlag gezahlt wird. Extrem günstig bewertet? Ja, aber zurecht! Die Bewertungen der beiden Institute mit dem 0,4-fachen des Buchwerts ist zwar extrem niedrig, der Durchschnitt in Europa liegt bei 1,1, in den USA bei 1,9. Das Problem ist aber, dass die Investoren nicht glauben, dass diese Banken jemals wieder eine angemessene Eigenkapitalrendite erzielen könnten. Schnelle Besserung ist jedenfalls nicht in Sicht: Berenberg-Analyst Eoin Mullany hat in einer aktuellen Studie sein Zwölf-Monats-Kursziel für die Deutsche gleich um 33 Prozent von 12 auf 8 Euro gesenkt. Die Deutsche Bank dürfte im Jahr 2020 eine Kapitalrendite von lediglich drei Prozent erwirtschaften und verliere in einer von strukturellem Niedergang geprägten Branche Marktanteile, schrieb Mullany. Dies mache die Aktie unattraktiv. Der Experte kappte seine Prognosen für das Ergebnis je Aktie in diesem und im kommenden Jahr um 81 beziehungsweise 54 Prozent. Derzeit empfehlen 17 von 33 von Bloomberg erfasste Analysten die Aktie der Deutschen Bank zum Verkauf, nur drei würden sie jetzt kaufen. Deutsche Bank (ISIN: DE0005140008) | | WKN / Kürzel | Börsenwert | KGV 17/18e/19e | Kurs | 514000 / DBK | 20 Mrd. EUR | 27 / 23 / 11 | 9,70 EUR | MEIN FAZIT: Es ist ein absolutes Trauerspiel was mit der Deutschen Bank und der Commerzbank in der letzten Dekade seit der Finanzkrise passiert ist - und selbiges dürfte sich noch fortsetzen. Ich würde bei Aktien weiter meiden. Wer sie hat, sollte auch jetzt noch über einen Verkauf nachdenken. Hinweispflicht nach §34b WpHG: Die Geldanlage-Report-Redaktion ist in den genannten Wertpapieren / Basiswerten zum Zeitpunkt des Publikmachens des Artikels nicht investiert: Es kann daher kein Interessenskonflikt vorliegen. Die in diesem Artikel enthaltenen Angaben stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren dar. Viel Erfolg bei Deinen Finanzentscheidungen & ein schönes Wochenende wünscht Dir Dein Armin Brack Chefredakteur Geldanlage-Report >> Die nächste Ausgabe erscheint am 08. September Wir freuen uns über Lob, Kritik und Anregungen. Gerne kannst Du uns auch Themenvorschläge unterbreiten. Fragen und Anregungen bitte per Mail an redaktion@geldanlage-report.de Tradesignal® ist eine eingetragene Marke der Tradesignal GmbH. Nicht autorisierte Nutzung oder Missbrauch ist ausdrücklich verboten! Hier kommst Du zu Tradesignal Online. Geldanlage-Report weiterempfehlen! 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