man kann sich ungefähr vorstellen, was heute in der Münchener Staatskanzlei los ist. Sollte sich der Verdacht tatsächlich bestätigen, dass ein paar CSU-Politiker sich an der öffentlichen Masken-Beschaffung bereichert haben, wäre das ein absolutes Desaster. In erster Linie natürlich für die Politik insgesamt. Denn wie will man den Bürgerinnen und Bürgern das Tragen eines Atemschutzes abverlangen, wenn sich jetzt herausstellen sollte, dass politische Verantwortungsträger genau damit einen Reibach gemacht haben? Und das zu einer Zeit, in der zehntausende Selbstständige, freischaffende Künstler und Arbeitnehmer um ihre nackte Existenz fürchten müssen, und es bei der Pandemie-Bekämpfung hinten und vorne nicht rundläuft? Wer ohnehin schon den Eindruck hatte, dass im Krisen-Deutschland vieles nicht mehr so funktioniert, wie man es eigentlich erwarten können müsste, für den stellt sich mit den jüngsten Korruptionsvorwürfen unter anderen gegen Unionsfraktions-Vize Georg Nüßlein die zwangsläufige Frage: Leben wir eigentlich in einer Bananenrepublik? CSU-Chef Markus Söder, der Corona-Hardliner und mögliche Kanzlerkandidat, dürfte schäumen vor Wut – so viel ist sicher. Dass ausgerechnet seine Partei, die er als die bessere CDU verkaufen will, von irgendwelchen Amigos in Misskredit gebracht wird, ist so ziemlich das Schlimmste, was dem Polit-Perfektionisten passieren kann. Es liegt jetzt an der Justiz, ob sie den Anfangsverdacht der Bestechlichkeit gegen Nüßlein erhärten kann. Die Voraussetzungen für sachliche Ermittlungen jedenfalls sind gegeben. Gestern hat der Bundestag die Immunität des direkt gewählten Abgeordneten aus dem Wahlkreis Neu-Ulm aufgehoben und somit den Vollzug gerichtlicher Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse gebilligt. „Was für die CSU eine Ungeheuerlichkeit wäre, wäre für den entnervten Bürger ein Debakel“, schreibt mein Kollege Ralf Hanselle über die aktuellen Vorgänge. „Denn längst steht die gesamte Corona-Politik der Regierung auf dem Spiel.“ Ich wünsche Ihnen trotz allem (oder gerade deswegen) ein schönes Wochenende. Und: Behalten Sie die Nerven! Ihr Alexander Marguier, Chefredakteur |