Famoso! Warum nur? Und warum ausgerechnet Famoso? Wenn ein Pferd stirbt, dann nimmt einen das immer mit. Wenn es zu früh stirbt, erst recht. Dass Benjamin Werndls Famoso sich vergangene Woche auf dem Paddock einen irreparablen Beinbruch zugezogen hat, ist insofern schon doppelt bitter, für alle, die den Oldenburger in Aubenhausen Tag für Tag erlebt haben. Doch der Tod des WM-Vierten von Herning 2022 ist sogar dreifach bitter. Er war und wäre sicher noch in den kommenden Saisons ein Musterbeispiel eines gut gerittenen Pferdes gewesen. Wie oft haben mich Leute mit einer Mischung aus „nicht glauben können“ und Spott angeschaut, wenn ich von Famosos Auftritten sprach. Ging man in die inhaltliche Auseinandersetzung, dann stellte man schnell fest: Das vermeintlich „schlechte“ Hinterbein des Braunen im starken Trab schien das einzige Kriterium, das, aus der Sicht seiner Kritiker, Famoso zu einem werden ließ, den man abhaken konnte. Dieses Urteil zeigt, wo der Dressursport gelandet ist. Starker Trab, die Verkaufsgangart als Nonplusultra? Das darf nicht sein, ist aber wohl so. Dass Famoso wie kaum ein zweites Pferd in echter Selbsthaltung seine Ritte absolvierte. Dass er beim Piaffieren Dinge machte, die weitaus höher bewertete Pferde alle nie in dieser Art gezeigt haben – sich senken, Last aufnehmen, federnd abfußen und im Widerrist „wachsen“, im Rücken nicht durchhängen mit hoher Kruppe, sondern stattdessen tragen – egal. Famoso zeigte Versammlung aus dem Bilderbuch. Egal – „aber das Hinterbein im starken Trab…“ (das übrigens immer übertrat, mehr als viele der Strampler, die ohne Veränderung der Halsposition mit durchgedrücktem Unterhals und hoch gerissenen, aber keineswegs durchschwingenden Hinterbeinen Achten einsammelten, und das immer noch tun). Die Weltmeisterschaften in Herning 2022 waren keine Veranstaltung, an die man sich mit einem wohligen Schauer der Begeisterung zurückerinnert. Zu groß waren die Fragezeichen in Sachen Ausbildung hinter den Prüfungen der Medaillengewinnerinnen. Famosos vierter Platz war ein Lichtblick. Wer schönes Reiten sehen wollte und keinen Sinn für Spektakel und mechanische Momente, der konnte sich erfreuen. Diese Freude wird es nun nicht mehr geben. Dafür die Erinnerung daran, dass die gute alte Reitlehre eben doch recht hat. Auch wenn Famoso und Benjamin Werndl wohl nie die 10,0 für die Harmonie erhalten haben, die ihnen zugestanden hätte. Ach ja, da war ja das „Hinterbein im starken Trab“. |