Ein Hard Landing wird immer wahrscheinlicher
Ein Hard Landing wird immer wahrscheinlicher von Sven Weisenhaus Aus China kam heute die Nachricht, dass die Regierung etwas gegen eine sich verlangsamende Industrieproduktion tun möchte, weil die Auslands- und Inlandsnachfrage zurückgeht. „Wir werden mehr praktische und wirksame Maßnahmen ergreifen“, hieß es aus Peking. Die chinesische Wirtschaft schwächelt also, was negative Konsequenzen für die Weltwirtschaft hat – und somit auch für Deutschland. Stimmung bei deutschen Exportunternehmen pessimistisch Passend dazu berichtet das ifo-Institut heute zu seiner monatlichen Umfrage, dass sich die Stimmung in der deutschen Exportindustrie deutlich eingetrübt hat. Die ifo-Exporterwartungen sind im Juni auf -5,6 Punkte gefallen, von +1,0 Punkten im Mai. Damit wurde der niedrigste Wert seit November 2022 erreicht. „Neben der inländischen Nachfrageschwäche zeichnen sich jetzt auch noch weniger Aufträge aus dem Ausland ab“, so das ifo-Institut zum Ergebnis der Umfrage. Die Mehrzahl der Branchen geht daher davon aus, dass die Exporte in den kommenden 3 Monaten rückläufig sein werden. ifo-Geschäftserwartungen brechen ein Auch gestern hatte das ifo-Institut schon negative Nachrichten für die deutsche Wirtschaft parat. Der ifo-Geschäftsklimaindex, einer der wichtigsten Frühindikatoren Deutschlands, ist im Juni auf 88,5 Punkte (Mai: 91,5) und somit das zweite Mal in Folge gefallen. Vor dem Hintergrund der jüngsten Einkaufsmanagerdaten (siehe „Aktien- oder Anleihemarkt – wer liegt richtig?“) war ein Rückgang erwartet worden, Fachleute hatten allerdings mit einem Wert von 90,7 Punkten und somit einer deutlich geringeren Stimmungseintrübung gerechnet. Zudem bewerten die rund 9.000 befragten Unternehmen ihr aktuelles Geschäft skeptischer und – was noch problematischer ist – ihre Aussichten wesentlich ungünstiger als zuletzt. Letztere sind seit April förmlich eingebrochen (siehe blaue Linie in der Grafik). Und auch die Geschäftserwartungen erreichten damit, genau wie die Exporterwartungen, den niedrigsten Wert seit November 2022. BIP auch im 2. Quartal 2023 gesunken? „Vor allem die Schwäche der Industrie bringt die deutsche Konjunktur in schwieriges Fahrwasser“, hieß es um ifo-Institut, was zu den Einkaufsmanagerdaten passt. Und so kommen auch die ifo-Forscher zu der Einschätzung, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Verlängerung der (technischen) Rezession gestiegen ist, das Bruttoinlandsprodukt (BIP) also auch im 2. Quartal 2023 schrumpft. „Kaum eine Branche konnte sich dieser Entwicklung entziehen.“ Und: „Mittlerweile beurteilen viele Unternehmen ihren Auftragsbestand als zu niedrig“, sagte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe. Hilfe von der EZB wird es nicht geben EZB-Chefin Christine Lagarde machte die Sache heute nicht besser. Denn beim jährlichen geldpolitischen Forum im portugiesischen Sintra bekräftigte sie, dass die Europäische Zentralbank (EZB) angesichts der weiterhin hohen Inflation nicht von ihrem Straffungskurs abrücken werde. Es sei unwahrscheinlich, dass die Währungshüter in naher Zukunft mit absoluter Überzeugung erklären könnten, dass die Leitzinsen ihren Höchststand erreicht haben, so Lagarde. Anleihemarkt setzt immer stärker auf eine tiefe Rezession Daher verwundert es auch nicht, dass immer mehr Anleihe-Investoren auf eine tiefgreifende Rezession in Deutschland wetten. Der viel beachtete Rendite-Abstand zwischen 2- und 10-jährigen Bundesanleihen ist heute auf über 0,86 Prozentpunkte gestiegen und hat damit sein am Freitag erreichtes 31-Jahres-Hoch übertroffen (siehe ebenfalls „Aktien- oder Anleihemarkt – wer liegt richtig?“). DAX: Bislang nur ein Rücksetzer auf das Niveau vom 4. April Wenn man nun betrachtet, dass der DAX an 6 Handelstagen in Folge Kursverluste hinnehmen musste, scheint es so, dass sich auch der Aktienmarkt (endlich) wieder mehr Sorgen um die Konjunktur macht. Zumal der deutsche Leitindex damit auf das Niveau vom 4. April zurückgefallen ist (roter Pfeil). Ganze 6 Wochen hat der Index gebraucht, um von diesem Niveau aus um 4,39 % auf das aktuelle Rekordhoch zu steigen. Anschließend hat er nur 7 Handelstage benötigt, um diese Kursgewinne auszuradieren. Das ist sicherlich für viele Bullen frustrierend. Doch auch die Bären haben noch kaum einen Grund, sich richtig zu freuen. Denn vom aktuellen Rekordhoch (16.427,42) bis zum gestrigen Tagestief (15.713,30) hat der DAX bislang nur etwas mehr als 4,3 % verloren. Angesichts der vorherigen Kursgewinne (siehe folgender Chart) ist dies nur ein moderater Rücksetzer, wie wir ihn schon am 19. Mai gesehen haben (rote Bögen). Von einer möglichen Trendwende kann man daher frühestens ausgehen, wenn der DAX unter das Tief des ersten Rücksetzers zurückfällt, das am 31. Mai bei 15.629,12 Punkten markiert wurde. In diesem Fall würde eine ganze Reihe bearisher Signale gesendet: - würde die Mittellinie bei 15.785 Punkten unterschritten, so dass die Rechteckgrenze bei 15.430 Punkten das nächste Kursziel der Bären nach der Target-Trend-Methode ist. Dort verläuft auch aktuell die untere Linie der Unsicherheitsformation (blau), was diesem Kursziel eine zusätzliche Bedeutung verleiht.
- würde das Hoch vom 9. Februar unterschritten, so dass der bullishe Ausbruch von Mitte April als Fehlausbruch gewertet werden kann.
- würde damit ein markantes Zwischentief unterschritten, so dass die Folge höherer Tiefs und somit der gesamte Aufwärtstrend seit dem Bärenmarkttief vom September 2022 zumindest gestört ist.
- würde damit zugleich das Zwischentief eines möglichen Doppeltops unterschritten, woraus sich sogar ein Korrekturpotential bis auf das Tief vom 20. März bei 14.926,30 Punkten ableiten lässt. Auf diesem Niveau könnte die psychologisch wichtige Marke von runden 15.000 Punkten den DAX anziehen.
Sollte der DAX aber zur psychologisch wichtigen Marke von runden 16.000 Punkten zurückkehren, könnte zunächst lediglich die derzeitige Seitwärtstendenz fortgesetzt werden. Damit wäre erst einmal Entwarnung angesagt. Ich wünsche jedenfalls weiterhin viel Erfolg an der Börse Ihr Sven Weisenhaus www.stockstreet.de
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