Anderthalb Monate nach dem Wahlerfolg macht sich an der Parteibasis der Union bundesweit Unmut breit. Die Kehrtwende von Kanzlerkandidat Friedrich Merz in der Finanzpolitik, die Zugeständnisse an die SPD und der Absturz in den Umfragen (bei INSA 24 Prozent, gleichauf mit der AfD) lösen Nervosität aus. „Die Stimmung an der Basis ist vorsichtig gesagt bescheiden“, sagt Tim Teßmann, Landtagsabgeordneter in Sachsen-Anhalt, dem FOCUS. „Es kostet gerade sehr viel Kraft, meinen Mitgliedern die Entscheidungen zu erklären. Die Unzufriedenheit mit Berlin nimmt zu“, so der Kreisvorsitzende der CDU Börde weiter. Die Koalitionsverhandlungen müssten abgewartet werden. Doch Mitglieder sagten ihm: „Merz verkauft uns, um die Macht zu bekommen.“ Teßmann spricht von einem Fehlstart und einer unprofessionellen Kommunikation von Friedrich Merz in die Partei hinein. Das könne sich negativ auf die Landtagswahl 2026 auswirken. Schon jetzt könne die AfD vor Kraft kaum laufen. Auch Marcus Fritsch, Abgeordneter im sächsischen Landtag, findet, dass sie eine gewonnene Wahl „früher immer anders angefühlt“ habe. Besonders besorgt zeigt sich die CDU-Parteijugend. „Es herrscht Angst darüber, dass der Koalitionsvertrag am Ende nicht weitreichend genug ist und die Kernthemen Migration und Wirtschaft verwässert werden“, beobachtet der JU-Kreisvorsitzende von Ansbach, Valentin Huber. Das betont auch JU-Chef Johannes Winkel in der „Süddeutschen Zeitung“: „Die CDU darf keinen Koalitionsvertrag unterschreiben, ohne dass ein Politikwechsel kommt", forderte er. Die Partei sei „kein Kanzlerwahlverein mehr“ und die Zeiten vorbei, „in denen das Motto galt, wir bekommen das Kanzleramt und die Sozialdemokraten die Inhalte“.
CDU/CSU-Parlamentsgeschäftsführer Torsten Frei nannte die Umfragen „bitter“, gab sich aber „sehr zuversichtlich“, diese Woche zu einem Ergebnis zu kommen. CSU-Chef Markus Söder schrieb auf X von einer „Schlussrunde“. Bis Mitte der Woche, so heißt es, soll das Ergebnis stehen, dem die SPD-Basis noch zustimmen soll. (rub) |