wahrlich höchste Zeit, dass sich die große Politik in die Sommerpause verabschiedet. Denn ich denke, wir sind uns einig: Die Ampelkoalition hat eine kleine Auszeit mehr als nötig. Was da zuletzt auf dem Berliner Parkett geboten wurde, war ja mehr ein gegenseitiges Hauen und Stechen denn ein konstruktives Regieren. Das berühmt-berüchtigte Gebäudeenergiegesetz etwa sollte noch schnell über die Bühne gebracht werden, damit endlich Ruhe ist, die Gemüter sich wieder beruhigen – und sich während der Urlaubstage alle Augen richten auf die CDU, die immer noch mit ihrer Rolle in der Opposition hadert – und zunehmend an ihrem Parteivorsitzenden Friedrich Merz verzweifelt, der nicht so recht zu wissen scheint, wie er die Regierung angreifen soll (und in welcher Tonlage). Aber dann kam überraschend das Bundesverfassungsgericht um die Ecke und machte den Grünen einen Strich durch die Rechnung, die ihren (inzwischen abgeschwächten) Heizungshammer im Schweinsgalopp durchs Parlament bringen wollten. Doch nun kommt das Heizungsgesetz erst nach der Sommerpause. Denn wie gesagt: Es bedurfte diese Woche des Bundesverfassungsgerichts, um dem bedenklichen Treiben der politischen Klasse Einhalt zu gebieten. Das allerdings ist ein Armutszeugnis für die Demokratie, urteilt Cicero-Autor Mathias Brodkorb. „Wir müssen alles nutzen, was geht“, sagt Lamia Messari-Becker. Die Bauingenieurin und Professorin für Gebäudetechnologie und Bauphysik nennt die Intervention des Bundesverfassungsgerichts zur geplanten Abstimmung über das Heizungsgesetz eine „Lehrstunde in Demokratiepraxis“. Im Interview mit Lukas Koperek erklärt sie, was sie von dem neuen Gesetzesentwurf hält – und warum das Potential von Wasserstoff für die Wärmewende unterschätzt wird. Ein anderes Ampel-Projekt muss ebenfalls in die Verlängerung. Denn mit dem geplanten „Selbstbestimmungsgesetz“ würde der Staat einen praktisch voraussetzungslosen Identitätswechsel ermöglichen. Dies könnten sich auch Kriminelle zunutze machen und ziemlich mühelos untertauchen. Diese Erkenntnis ist endlich auch bei Bundesinnenministerin Faeser angekommen. Jetzt hat das Schwarze-Peter-Spiel begonnen für den Fall, dass das ganze Gesetz scheitert. Jens Peter Paul bringt Sie auf den neuesten Stand mit einem Vorhaben, das „im Kern schlicht“ irre genannt werden kann. Wer Zweifel hat an den Segnungen der Energiepolitik der Ampel oder grünen Verbots-Fetischismus ablehnt, wird bekanntlich schnell als „rechts“ abgestempelt. Der Historiker Andreas Rödder plädiert auch deshalb für einen modernen, selbstbewussten Konservatismus. Was „rechts“ im politischen Kontext eigentlich bedeutet, wie fließend die Übergänge zum konservativen Lager sind, und ob zahlreiche Linke nicht mindestens genauso „populistisch“ auftreten wie jene, denen sie Populismus vorwerfen: Darüber spreche ich mit Rödder in der neuesten Ausgabe unseres Podcasts Politik. Blicken wir aber auch über die Landesgrenzen hinaus: Wegen eines umstrittenen Impfdeals steht EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen unter Beschuss. Mittlerweile ermittelt die Europäische Staatsanwaltschaft – und das ein Jahr vor den Europawahlen. Lesen Sie die Cicero-Titelgeschichte aus unserem Juli-Heft; meine Kollegen Ralf Hanselle und Daniel Gräber haben den Skandal minutiös recherchiert. Ihr Alexander Marguier, Chefredakteur |