Liebe/r Leser/in, Endspurt im Landtagswahlkampf: Die Politik biegt in die letzte Kurve ein, ehe die Bayern und Hessen am Sonntag, 8. Oktober, das Wort haben. Wie so oft bestimmen weniger die Themen vor Ort das Geschehen als die politische Großwetterlage: der Frust über die Ampel und die Furcht vor einem Erstarken der Rechtsaußen.
Selbst im prosperierenden Südwesten erreicht die AfD in Umfragen 20 Prozent, zum ersten Mal, da können noch so viele Brandmauern hochgezogen werden. Der Missmut zur Halbzeit der Scholz-Regierung schlägt alles, und die Union vermag nicht davon zu profitieren. Die Volksparteien erodieren, die Unruhe ist entsprechend. Die beiden zur Wahl stehenden Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) und Markus Söder (CSU) mögen die Konkurrenz auf Abstand halten – gewonnen ist damit nicht viel.
In Hessen entfacht Frontmann Rhein nicht mal im eigenen Lager Begeisterungsstürme, ihm hilft nicht zuletzt eine schwache Gegenkandidatin: Innenministerin Nancy Faeser (SPD), die nur halbherzig antritt und obendrein allerlei Unbill aus Berlin mit sich herumschleppt. Stichwort: Mobbing gegen Behördenchef. Stichwort: Flüchtlinge. „Zum Glück haben wir eine Nancy Faeser als Gegnerin“, frohlockt eine CDU-Wahlkämpferin, ermattet vom Widerwillen, der ihr auf der Straße entgegenschlägt, und dankbar für die SPD-Frau, der das Volk nichts abgewinnen kann.
In Bayern ist es sowieso gleichgültig, wen die Sozialdemokraten an der Spitze aufbieten, ihr Auftritt ist seit Langem so erbarmungswürdig, dass allmählich die Fünfprozenthürde in Sichtweite gerät. Mehr als ein schmachvoller fünfter Platz ist für die Kanzlerpartei dort nicht drin – hinter Freien Wählern, Grünen, AfD. Die CSU rangiert auf Platz eins, wie es die Tradition und der eigene Anspruch gebieten. Dennoch brodelt es. Der Freistaat ist gut in Schuss, die ökonomische Attraktivität ungebrochen. Trotzdem steuert die CSU laut Umfragen auf ein historisch schlechtes Ergebnis zu. Wie geht ihr großer Zampano mit diesem Druck um? Das wollen wir von Markus Söder wissen, als wir ihn im Hauptquartier der CSU treffen. Seine trotzige Antwort: Druck stachelt ihn an. Sollten ihn des Nachts doch Selbstzweifel plagen – davon keine Spur. Markus Söder gibt den Macher, den gut gelaunten Kraftprotz, der auf die Stärken Bayerns vertraut, seine hohe persönliche Popularität und die Abgrenzung gegen die da oben in Berlin. Wer die glorreichen bayerischen Zustände will, so seine Botschaft, wer der Ampel etwas entgegensetzen will, der muss ihn wählen. Der Einsatz des CSU-Chefs ist hoch: Die Landtagswahl entscheidet darüber, welche Rolle Söder künftig spielen wird, in Bayern wie darüber hinaus: Gerät das Kanzleramt doch noch ins Visier? Dazu bräuchte es eine entsprechende Zustimmung zu Hause. Zwischen Superstar und gefallenem Helden liegen nur ein paar Prozentpunkte. Es wird spannend am 8. Oktober. |