| ePredigt vom 01.10.2016 (Reformationstag - Römer 3, 21-28) Liebe Gemeinde, ich begrüße Sie ganz herzlich zu unserem heutigen Gottesdienst am Reformationstag des Jahres 2016. Den Predigttext finden wir im Römerbrief, Kapitel 3, die Verse 21-28. Lassen Sie uns diesen Text zunächst gemeinsam lesen: Die Rechtfertigung allein durch Glauben Nun aber ist ohne Zutun des Gesetzes die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, offenbart, bezeugt durch das Gesetz und die Propheten. Ich rede aber von der Gerechtigkeit vor Gott, die da kommt durch den Glauben an Jesus Christus zu allen, die glauben. Denn es ist hier kein Unterschied: Sie sind allesamt Sünder und ermangeln des Ruhmes, den sie bei Gott haben sollten, und werden ohne Verdienst gerecht aus seiner Gnade durch die Erlösung, die durch Jesus Christus geschehen ist. Den hat Gott für den Glauben hingestellt als Sühne in seinem Blut zum Erweis seiner Gerechtigkeit, indem er die Sünden vergibt, die früher begangen wurden in der Zeit seiner Geduld, um nun in dieser Zeit seine Gerechtigkeit zu erweisen, dass er selbst gerecht ist und gerecht macht den, der da ist aus dem Glauben an Jesus. Wo bleibt nun das Rühmen? Es ist ausgeschlossen. Durch welches Gesetz ? Durch das Gesetz der Werke ? Nein, sondern durch das Gesetz des Glaubens. So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben. Liebe Gemeinde, der Reformator Luther wollte alles andere, als eine neue Kirche gründen. Luther wollte die Kirche wieder zurück zu den Wurzeln des Glaubens führen, wie wir sie soeben gehört haben. Was war aber vorher geschehen? Die ursprüngliche Kirche war im Laufe der Jahrhunderte von ihren inneren Werten stark abgewichen. Irgendwann gipfelte das alles darin, dass gegen bestimmte Geldzahlungen die Seelen der bereits Verstorbenen in den Himmel erkauft werden konnten. Genau in diesem Moment sah Luther, dass das Fass Kirche übergelaufen war und er alles daran setzen musste, Kirche und Gläubige wieder zur Umkehr zu bewegen. Luther gründete sein reformatorisches Denken auf drei Säulen. Lassen Sie uns diese heute Abend einmal zusammen betrachten. 1. Sola Scriptura - Allein die Bibel Liebe Gemeinde, das ist der zentrale Reformationsbegriff, den wir uns auch heute noch auf unsere Fahnen schreiben können und vor allen Dingen sollten. Das einzige für uns gültige Glaubensbuch ist unsere Bibel. Weil sie das von Gott den Menschen eingegeben Wort Gottes ist, sollte sie unsere Richtschnur in unserem Leben sein. In großen Unternehmen werden bestimmte Arbeitsprozesse schriftlich fixiert, sodass einem neuen Mitarbeiter nach einer gewissen Einarbeitungszeit diese Prozesse in Fleisch und Blut übergegangen sind. Ohne groß nachzudenken, arbeitet er bald seine Prozesse so ab, wie sie ihm vorgeschrieben sind. Das Prozessbuch unseres Lebens ist die Bibel. In ihr finden wir Richtlinien wie wir unser Leben gestalten können. Diese Richtlinien sind mal allgemein gehalten, aber auch, wenn wir die 10 Gebote betrachten sehr konkret beschrieben. Wären die genannten Arbeitsprozesse in einem Unternehmen lediglich unverbindliche Ratschläge, die man nach Lust und Laune beherzigen aber auch ablehnen kann, dann stimmen Sie mir sicherlich zu, würde in dem Unternehmen wohl alsbald alles drunter und drüber gehen. Liebe Gemeinde, so ist es auch mit der Handhabung der Bibel. Wenn ich das alles als unverbindliche Verhaltensvorschläge für mein Leben ansehe, dann geht es auch in meinem und nicht nur in meinem Leben bald drunter und drüber. Die Verhaltensrichtlinien in der Bibel sollen daher unser ganzes Leben bestimmen. Wie kriegen wir das denn hin, werden wir uns sicherlich jetzt alle fragen ? Nun, zunächst mal sollten wir dieses Buch auch regelmäßig lesen. Wenn wir jeden Tag 3 Kapitel aus der Bibel lesen und sonntags, weil wir da ja mehr Zeit haben, 6 Kapitel des Buches lesen, dann haben wir in einem Jahr die Bibel genau einmal durchgelesen. Und dann geht es daran, dass wird das, was wir gelesen haben auch in die Tat umsetzen. Um es gleich vorwegzunehmen, das kriegen wir alleine nicht hin. Ohne die Hilfe des Heiligen Geistes geht da so gut wie gar nichts, jedenfalls wenn wir es realistisch betrachten. Aber es kommen ja noch weitere Punkte hinzu. 2. Sola Fide - Allein durch Glauben Ich kann alles, das, was in der Bibel steht mit meinem Verstand annehmen und versuchen, möglichst viel davon in meinem Leben umzusetzen. Aber wenn ich nicht den Weg des Glaubens gehe, wird mir das am Ende wenig nutzen. Irgendwann muss ich das Gelesene, also auch die Kreuzestat meines Herrn als das annehmen, was sie für mich ganz persönlich war; nämlich mein Preisgeld für alle meine Sünden. Meine bereits begangenen Sünden meine derzeitigen Sünden und meine zukünftigen Sünden. Wenn ich wirklich erkannt habe, dass ich auf dem verkehrten Weg bin, diesen Weg verlasse und mich umwende, hin dem Vaterhaus zu, dann darf ich dieses Geschenk im Glauben annehmen. Wir sehen also, der Glaube ist eine ganz persönliche Beziehung zwischen mir und meinem Herrn. Dazu bedarf es auch keiner Kirche oder sonstigen Institution. Diese können mir zwar die Bibel näherbringen, aber sie können mir den Glauben nicht schenken. Dieses Geschenk darf und muss ich ganz persönlich aus der Hand meines Herrn entgegennehmen. 3. Sola Gratia - Allein durch Gnade Mache Dinge lassen sich ja am besten durch das Gegenteil erklären. Ein Muslim, der in den Himmel, bzw. in das Paradies kommen möchte, muss seine muslimischen Gebete akribisch einhalten. Er hat täglich fünf Gebetszeiten mit 17 Ritualen peinlich genau einzuhalten. Nur das rituell einwandfreie Gebet wird von Allah erhört. Da reicht es schon, dass der Schatten eines Esels auf den Muslim fällt (Kein Witz!!!) und schwuppdiwupp ist dieses Gebet ungültig. Das hat natürlich alles nichts mit Gnade zu tun. Das ist Gebetsschinderei hoch 3. Aber was bedeutet das denn "allein durch Gnade". Es bedeutet, dass wir von uns aus gar nichts tun können, um in den Himmel zu kommen. Alles ist bereits für uns getan worden. Das einzige, was wir tun können, ist dies auch so anzunehmen. Bonhoeffer hat einmal davon gesprochen, dass es keine billige Gnade gibt. Also doch keine Gnade, oder was ? Gnade, liebe Gemeinde, widerfährt immer dem, der es eigentlich gar nicht verdient hat. Gnade ist stets und immer unverdient. Wir müssen alle erst einmal erkennen und einsehen, dass wir allesamt sündige Menschen sind und bleiben, die eigentlich die Hölle und nicht den Himmel verdient hätten. Wenn wir dies erkennen, dann nehmen wir die unverdiente Gnade auch mit einem demutsvollen Herzen an. Uns ist der Ernst dieser Gnade voll und ganz bewusst. Wenn uns dies bewusst ist, dann werden wir versuchen in Zukunft alles zu unterlassen, was uns von dieser Gnade entfernen könnte. Billige Gnade hingegen nimmt die Gnade zwar als Geschenk an, aber auch als Freibrief umso weiterzuleben wie bisher. Gott vergibt ja jedem immer und überall, es ist ja auch sein Job. Dieser Umgang mit Gnade bringt uns überall hin, nur vermutlich nicht in den Himmel. Was können wir also auch heute im 21. Jahrhundert tun, um auf Luthers Fußspuren zu bleiben? Lesen wir doch wieder regelmäßig unsere Bibel, bekräftigen wir wieder unsere innere Umkehr hin zu Gott, unserem Vater und erinnern wir uns doch immer wieder ob dieser wertvollen Gnade, die uns widerfahren ist. Und dann machen wir das, was auch Luther getan hat. Nein wir nageln keine Thesen an unsere Gotteshäuser, das kann richtig Ärger geben, wir bringen diese Botschaft einfach unter die Leute. Luther machte dies unter anderem bei seinen Tischreden. Klappt auch heute noch, sogar bei Stammtischreden. Lassen Sie uns zum Abschluss noch gemeinsam in den ersten Vers des Reformationsliedes "Ein feste Burg ist unser Gott..." (EG 362), natürlich von Martin Luther einstimmen, der da lautet, wie folgt: Ein feste Burg ist unser Gott, ein gute Wehr und Waffen. Er hilft uns frei aus aller Not, die uns jetzt hat betroffen. Der alt böse Feind mit Ernst er's jetzt meint, groß Macht und viel List, sein grausam Rüstung ist, auf Erd ist nichts seins gleichen. Der Herr segne Dich und behüte Dich Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über Dir und sei Dir gnädig Der Herr hebe sein Angesicht über Dich und gebe Dir seinen Frieden Amen. Liebe Gemeinde, ich wünsche Ihnen allein noch einen gesegneten Reformationsabend und eine schöne Woche, welche gekennzeichnet sein möge von sola scriptura, sola fide und sola gratia. Bleiben Sie alle wohlbehütet Ihr Ulrich Naber |
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