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ePredigt vom 05.07.2020 (Römer 12, 17-21)


Liebe Gemeinde,

ich begrüße Sie alle ganz herzlich am heutigen 4. Sonntag nach Trinitatis. Den Predigttext für den heutigen Sonntag finden wir im Brief des Apostel Paulus an die Römer Kapitel 12, die Verse 17-21. Lassen Sie uns diesen Text zunächst gemeinsam lesen:
Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. Ist's möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden. Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben (5. Mose 32,35): "Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr." Vielmehr, "wenn deinen Feind hungert, gib ihm zu essen; dürstet ihn, gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln" (Sprüche 25, 21-22). Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.

Liebe Gemeinde,

Streit kommt in den besten Familien vor, so lautet ein altes Sprichwort. Es kommt nur darauf an, wie man damit umgeht. Und der Apostel Paulus beschreibt uns heute einen Königsweg, wie wir mit Streit und unseren Mitmenschen umgehen sollen. Lassen Sie uns diese paulinische Streitkultur einmal gemeinsam etwas näher betrachten.

1. Böses nicht mit Bösem vergelten

Das sagt Paulus so einfach. Aber wenn mich jemand beleidigt hat, soll ich dann etwa alles runterschlucken. Nein, dies ist mit der Aussage des Apostels sicherlich nicht gemeint. Wenn wir dies täten, dann würde irgendwann das Fass überlaufen und wir würden den gesammelten Zorn unterUmständen an jemandem auslassen, der gar nichts mit den Umständen unseres Zorns zu tun hat.

Denken wir einmal an kleine Kinder. Da spielen sie friedlich im Sandkasten und dann macht der kleine Fritz der Anna die Sandburg kaputt. Die kleine Anna nicht faul, haut dem Fritz das Eimerchen auf den Kopf. Der kleine Fritz nimmt dann die Schaufel und verdrischt die Anna. Und dann ist es Anna leid und droht dem Fritz mit ihrem großen Bruder, den sie jetzt holen werde. Und dieser ältere Bruder wird dem Fritz schon zeigen, was ne Harke ist.

Wir haben gerade im kleinen die Eskalation der Gewalt beobachten können. Wenn uns jemand Böses tut und wir dann dieses Böse mit Bösem vergelten, dann treten wir diese Spirale erst so richtig los.

Aber was sollen wir denn tun ? In einer solchen Situation einfach einmal nicht mit den gleichen Waffen zurückschlagen, sondern nur schweigen. Ich wette mit einem jeden unter uns, dass der Angreifer in den meisten Fällen einfach nicht mehr weitermachen kann und aufhören wird, uns Böses zu tun.

Und dann, liebe Gemeinde, ist die Basis für ein klärendes Gespräch geschaffen.

2. Soweit möglich, Frieden halten

Die erste Situation hätten wir ja nun gemeistert. Jetzt kommen wir zu einer anderen Spezies, die es einfach nicht lassen kann, uns immer wieder auf's Neue zu "trietzen".

Eine gewisse Weile können wir schweigen, aber irgendwann kommt der Punkt, wo es einfach nicht mehr geht. Das ist der Punkt, wo wir mir unserem sprichwörtlichen Latein am Ende sind. Und dann erwartet auch Gott nicht mehr, dass wir einfach alles immer wieder hinnehmen. Wir sind schließlich Christen und keine Deppen.

Und jetzt dürfen wir auch uns auch in christlicher Art und Weise rächen. Jetzt dürfen wir diesen Menschen dem Zorne Gottes anbefehlen. Wir müssen gar nicht mehr selber aktiv werden. Das macht Gott schon für uns. Gottes Mühlen mahlen vielleicht langsamer als wir es möchten, aber sie mahlen vortrefflich fein.

Dies sagt uns unser Herr auch ganz konkret zu, wenn er in unserem Predigttext ganz konkret sagt: "Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr."

Jeder von uns, der schon eine geraume Zeit mit Gott unterwegs ist, der kann bestimmt ein Lied davon singen. Klar, vor dem anderen mag dies als Schwäche erscheinen. Keine Frage, in der Welt werden die Dinge eben etwas anders geregelt. Aber wir haben ja unseren Herrn mit im Boot und müssen nicht auf weltliche Rachegelüste ausweichen.

Legen wir also nicht nur all unsere Nöte, sorgen und Probleme in die Hand Gottes, sondern auch all unseren Zorn, all unsere Bitterkeit und all unsere Rachegelüste. Er wird's wohl richten!!!

3. Überwinde das Böse mit Gutem

Paulus, Paulus, jetzt gehst du aber zu weit. Ich soll demjenigen, der mir Böses angetan hat, auch noch etwas Gutes zuteilwerden lassen. Ja, so will es unser Vater im Himmel.

Was passiert denn, wenn wir uns nicht rächen und unserem Widersacher auch noch Gutes zuteilwerden lassen ? Nun, er wird nicht nur aufhören, uns weiter Böses zu tun, sondern er wird höchstwahrscheinlich sein Unrecht auch einsehen. Und wenn er dies tut, dann ist auch kein Raum mehr da für den Zorn Gottes.

Denn unser Vater will ja, dass alle Menschen zur Einsicht kommen und den Weg zu ihm finden. ER will ja gar nicht Rache ausüben um der Rache willen.

Das ist natürlich alles andere als einfach. Corrie ten Boom hatte so ein Schlüsselerlebnis zu meistern. In einer ihrer Evangelisationen war auch ein Herr anwesend, den sie nur allzu gut kannte. Es war einer der KZ-Aufseher aus dem Konzentrationslager Ravensbrück, in welchem sie und ihre Schwester interniert waren. Dieser Mann kam nach der Evangelisation auf sie zu und bat sie um Verzeihung, für alles was er ihr und ihrer Schwester angetan hatte. Er streckte ihr die Hand aus. Und Corrie sagte, dass sie die Hand nicht ergreifen konnte, aber sie spürte wie eine unsichtbare Kraft ihre Hand in die Hand des ehemaligen KZ-Aufsehers legte.

So, und dieser Jemand, der dies bei Corrie ten Boom getan hat, dieser Jemand ist kein geringerer als der lebendige Gott, der uns auch heute noch zur Seite steht, wenn wir ähnlich schwierige Situationen zu meistern haben.

Und dann können wir vielleicht über die ausgestreckte Hand hinaus sogar das machen, was Paulus mit den Korinthern, einem sehr schwierigen Völkchen tat, welches ihm viel Unruhe bereitet hatte. Am Ende seines Briefes an die Korinther segnete er diese Menschen, die so gar nicht in der Spur gelaufen waren mit den Worten: "Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen !

Bitten wir unseren Herrn, dass ER auch uns in die Lage versetzt, ähnlich zu reagieren, indem wir Frieden halten, indem wir verzeihen und indem wir unsere Feinde segnen.

Lassen Sie uns unseren Herrn zum Abschluss des heutigen Gottesdienstes noch einmal gemeinsam loben, indem wir in den 2. Vers des Liedes "Ist Gott für mich, so trete..." (EG 351) von Paul Gerhardt einstimmen, der da lautet, wie folgt:
Nun weiß und glaub ich feste, ich rühm's auch ohne Scheu,
dass Gott, der Höchst und Beste, mein Freund und Vater sei
und dass in allen Fällen er mir zur Rechten steh
und dämpfe Sturm und Wellen und was mir bringet Weh.

Der Herr segne dich und behüte Dich
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über Dir und sei Dir gnädig
Der Herr hebe sein Angesicht über Dich und gebe Dir seinen Frieden

Amen.

Liebe Gemeinde,

ich wünsche Ihnen allen noch einen gesegneten Sonntag und einen frohen Start in die neue Woche.

Es grüßt Sie alle ganz herzlich
Ihr

Ulrich Naber
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