ePredigt vom 09.05.2021 (Daniel 9, 4-5 und 16-19) Liebe Gemeinde,
ich begrüße Sie alle ganz herzlich am heutigen 5. Sonntag nach Ostern, dem Sonntag Rogate. Rogate bedeutet übersetzt "Betet". Daher geht es in unserem heutigen Predigttext auch um das Gebet. Wir finden den heutigen Predigttext im Buch Daniel, Kapitel 9, die Verse 4-5 und 16-19. Lassen Sie uns diesen Text zunächst gemeinsam lesen: Ich betete aber zu dem Herrn, meinem Gott, und bekannte und sprach: Ach, Herr, du großer und heiliger Gott, der du Bund und Gnade bewahrst denen, die dich lieben und deine Gebote halten ! Wir haben gesündigt, Unrecht getan, sind gottlos gewesen und abtrünnig geworden; wir sind von deinen Geboten und Rechten abgewichen. Ach Herr, um aller deiner Gerechtigkeit willen wende ab deinen Zorn und Grimm von deiner Stadt Jerusalem und deinem heiligen Berg. Denn wegen unserer Sünden und wegen der Missetaten unserer Väter trägt Jerusalem und dein Volk Schmach bei allen, die um uns her wohnen. Und nun, unser Gott, höre das Gebet deines Knechtes und sein Flehen. Lass leuchten dein Antlitz über dein zerstörtes Heiligtum um deinetwillen, Herr! Neige dein Ohr, mein Gott, und höre, tu deine Augen auf und sieh an unsere Trümmer und die Stadt, die nach deinem Namen genannt ist. Denn wir liegen vor dir mit unserm Gebet und vertrauen nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit. Ach, Herr, höre! Ach, Herr, sei gnädig! Ach, Herr, merk auf ! Tu es und säume nicht - um deinetwillen, mein Gott! Denn deine Stadt und dein Volk ist nach deinem Namen genannt. Liebe Gemeinde,
als ich den Text zum ersten Male gelesen habe, da dachte ich: "Das ist doch der ideale Predigttext für den Buß- und Bettag." Nun, bis dahin ist es noch ein Weilchen hin. Aber sollte eigentlich nicht jeder Tag für uns Christen ein Buß- und Bettag sein, wo wir mit unserem Herrn reden?
Schauen wir uns doch heute Morgen ein wenig das an, was so ein Buß- und Bettagsgebet auszeichnet.
1. Erkenntnis
Wenn ich vor Gott trete, dann muss ich alles, aber auch wirklich alles vor ihn bringen. Ein Bußgebet beginnt immer mit dem, womit ich mich gegenüber Gott versündigt habe.
Und diese Erkenntnis ist alles andere als auf die leichte Schulter zu nehmen. Es ist eben nicht so, dass "Der liebe Gott die kleinen Sünden außen vor lässt und auch gern Fünfe mal grade sein lässt." Jede Sünde, die ich willentlich und wissentlich begangen habe, jede dieser Sünden muss ich vor Gott offenlegen.
Wenn wir es so wollen, dann beginnt jedes Bußgebet mit einer persönlichen und privaten Insolvenzerklärung.
Und so tat es auch Daniel. Er beschönigt die Sünde auch nicht und er versucht auch gar nicht erst eine Erklärung dafür zu finden, wieso man eben gesündigt hat. Nein, Daniel verstärkt das Ganze noch, indem er ein "trotzdem" einbaut. Trotzdem Gott ein gnädiger Gott ist, trotzdem hat das Volk gegen ihn gesündigt. Und dadurch wird die eigene Sünde noch einmal in ein anderes Licht gerückt.
Mit Gott auf Augenhöhe zu verhandeln das, liebe Gemeinde, mag ein frommer Wunsch sein, aber das wird es niemals geben. Mit Gott auf Augenhöhe zu verhandeln würde ja bedeuten, dass ich Gott gleich bin.
Vor unserem Herrn bleibt uns also gar nichts anderes übrig, als demutsvoll auf die Knie zu gehen und ihm unsere gesamte Sündenlast darzulegen.
2. Das Gebet
Der entscheidendste Halbsatz aus unserem Predigttext lautet: " Wir vertrauen nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern auf deine große Barmherzigkeit.
Schon Daniel hatte erkannt, was uns Martin Luther ein paar tausend Jahre später überliefert hat: "Allein aus Gnade" werden wir errettet.
Wie sähe es denn aus, wenn wir auf Gerechtigkeit vertrauen ? Wenn es vor Gott wirklich gerecht zuginge, dann würden wir alle eines Tages in der Hölle landen. Denn der Sünde Sold ist der Tod. Das sagte uns schon der Apostel Paulus. Wenn Gott nur gerecht wäre, dann müsste er all unsere Sünden mit dem Tode bestrafen.
Es gibt ja nun mal keinen einzigen Menschen, die niemals in seinem Leben gesündigt hat. Sünden, liebe Gemeinde, sind nicht nur Taten. Sünden können auch Worte sein. Und noch viel schlimmer: Sünden können auch in Gedanken bestehen.
Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir alle, die wir heute Morgen hier zusammensitzen, dass wir alle ganz arme Sünder vor dem Herrn sind.
Wenn Daniel jetzt auf Gottes Barmherzigkeit anspielt, dann ist dies auch einer der ganz konkreten Hinweise das Alten Testamentes auf den Herrn Jesus.
Barmherzigkeit ist ja nicht ein einfaches "Schwamm drüber" oder das bekannte "vergeben und vergessen". Nein, wenn ich barmherzig gegenüber jemandem anderen bin, dann gebe ich etwas von mir weg und zu ihm hin, um ihm gegenüber barmherzig zu sein.
Barmherzigkeit setzt also ein aktives Tun voraus. Und das hat Gott in Jesus Christus für uns getan. Gott wurde Mensch und bezahlte als Mensch, der nie eine Sünde begangen hat für alle unsere Sünden, die wir begangen haben und noch begehen werden mit seinem Leben. Er gab sich für uns dahin, damit wir vor ihm geläutert dastehen können.
Wir sollten immer daran denken, dass wir eigentlich dort hängen müssten, wo unser Herr für unsere Sünden gebüßt hat.
3. Das Flehen
Gegen Ende unseres Predigttextes können wir es quasi vor Augen sehen, wie Daniel vor Gott liegt und ihn anfleht. Er sagt nicht: "Tut uns leid und nun erwarten wir Barmherzigkeit".
Nein, Daniel hat erkannt, dass alle aus seinem Volk gesündigt haben und er hat erkannt, dass nur die Barmherzigkeit Gottes sie erretten kann. Und er hat erkannt, dass er auf diese Barmherzigkeit eben keinen Anspruch hat.
Daher bleibt ihm gar nichts anders übrig, als vor Gott um Gnade zu flehen. Wer so um Gnade fleht, der drückt damit auch die Ernsthaftigkeit seines Anliegens aus. Und doch bleibt ein Stück weit Unsicherheit, ob denn Gott auch das Gebet wirklich erhören wird.
Da sind wir heute wesentlich besser dran. Wir wissen, dass wenn wir unsere Sünden bereuen und das Erlösungsangebot unseres Herrn für uns in Anspruch nehmen dass uns dann unsere Sünden vergeben sind.
Übrigens: Diese sind wirklich mit einem Male vergeben. Viele Christen meinen ja, dass sie so schwere Sünden begangen haben, dass sie diese Tag für Tag vor Gott bringen müssen. Das ist eine reine und obendrein noch unnötige Quälerei. Einmal vor Gott gebracht zählen diese Sünden nicht mehr.
Und auf diese Tatsache dürfen wir uns zu 100 % verlassen. Wenn wir all unsere Sünden im Gebet vor Gott bringen, dann ist er treu und gerecht. Lassen Sie uns dies auch jeden Tag, den wir auf Erden erleben dürfen immer wieder tun.
Lassen Sie uns den Gottesdienst beschließen, indem wir unseren Herrn um ein reines Herz bitten. Lassen Sie uns dies tun, indem wir gemeinsam in den ersten Vers des Liedes: "Ein reines Herz, Herr, schaff in mir.." (EG 389) von Heinrich Georg Neuss einstimmen, der da lautet, wie folgt: Ein reines Herz, Herr, schaff in mir, schließ zu der Sünde Tor und Tür; vertreibe sie und lass nicht zu, dass sie in meinem Herzen ruh. Der Herr segne Dich und behüte Dich Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über Dir und sei Dir gnädig Der Herr hebe sein Angesicht über Dich und gebe Dir seinen Frieden
Amen.
Liebe Gemeinde,
ich wünsche Ihnen allen noch einen gesegneten Sonntag und einen guten Start in die neue Woche.
Es grüßt Sie alle ganz herzlich Ihr
Ulrich Naber |