ePredigt vom 12.02.2017 (Lukas 17, 7-10) Liebe Gemeinde,
ich begrüße Sie alle ganz herzlich zum heutigen Gottesdienst am 12.02.2017, dem Sonntag Septuagesimae. Ja, wir gehen wieder zielstrebig Richtung Ostern, wie es der Name des heutigen Sonntages schon besagt. Den Predigttext für den heutigen Sonntag, und der geht auch schon ein wenig Richtung Ostern, finden wir im Lukasevangelium, Kapitel 17, die Verse 7-10. Lassen Sie uns diesen Text zunächst gemeinsam lesen:
Vom Knechtslohn
Wer unter euch hat einen Knecht, der pflügt oder das Vieh weidet, und sagt ihm, wenn er vom Feld heimkommt: Komm gleich her und setz dich zu Tisch? Wird er nicht vielmehr zu ihm sagen: Bereite mir das Abendessen, schürze dich und diene mir, bis ich gegessen und getrunken habe; danach sollst du auch essen und trinken? Dankt er etwa dem Knecht, dass er getan hat, was befohlen war ? So auch ihr ! Wenn ihr alles getan habt, was euch befohlen ist, so sprecht: Wir sind unnütze Knechte; wir haben getan, was wir zu tun schuldig waren.
Liebe Gemeinde,
eigentlich ja kein besonders erbauender Text, den wir soeben gehört haben. So erging es mir auch, als ich ihn zum ersten Male gelesen habe. Und dann fiel mir auf, dass sich im Hinblick auf Ostern hinter dieser Geschichte noch eine ganz andere Botschaft verbirgt. Lassen Sie uns diese beiden Geschichten heute Morgen einmal gemeinsam betrachten.
1. Der Knecht
Knechte gibt es heute so gut wie gar nicht mehr. Für die Jüngeren daher der Hinweis, dass es sich bei einem Knecht um einen ganz normalen Arbeitnehmer handelte, der im Bereich der Landwirtschaft tätig war. Heute würde man vielleicht "Assistent Manager im Agrarwesen" dazu sagen. Nur der guten Ordnung halber: Es gab natürlich auch weibliche Bedienstete, welche als Mägde bezeichnet wurden.
Lassen Sie uns doch einmal zusammen anschauen, was denn einen Knecht, eine Magd so ausmacht.
1. Der Arbeitnehmer: Der Knecht ist ein ganz normaler Arbeitnehmer. Als solcher gibt ihm sein Dienstherr direkte Anweisungen, die er zu befolgen hat. Zugleich ist sein Arbeitgeber auch sein Disziplinarvorgesetzter, der über zu ergreifende Maßregeln entscheidet, wenn es bei dem Knecht zu einem Fehlverhalten kommen sollte.
Im Ausgleich dazu erhält der Knecht einen im Voraus vereinbarten Arbeitslohn für seine Dienste. Mit seiner Arbeitskraft und der daraus resultierenden Lohnzahlung sind beide Vertragsparteien ihrer Pflichten entledigt.
2. Der soziale Status: Bei dem Knecht und dem Vorgesetzen liegt das typische Über/Unterordnungsverhältnis vor. Der Chef sagt, was zu tun ist und der Mitarbeiter hat dies zu machen. Während der Gutsherr früher im Herrenhaus lebte, seine Mahlzeiten einnahm und auch den Rest seines Lebens dort verbrachte war für die Knechte und Mägde ein Gesindehaus vorgesehen.
Früher war es ein besserer Stall, der gerade einmal mit dem notwendigsten ausgestattet war, um darin so halbwegs über die Runden kommen zu können. Also schon ein ganz gewaltiger Unterschied, wenn man einmal die Lebensqualität betrachtet.
Gutsherren untereinander pflegten auch ausschließlich den Umgang untereinander. Es war also undenkbar, dass ein Gutsherr mit dem Knecht eines befreundeten Gutsherren eine freundschaftliche Beziehung pflegte. In den meisten Fällen wurden die Knechte und Mägde wie Luft behandelt, die eigentlich gar nicht existierten.
3. Das Alter: Wenn der Knecht Glück hatte, wurde ihm in der hintersten Ecke des Gesindehauses seines ehemaligen Dienstherren eine kleine Kemenate zugewiesen, wo er sein Rentnerdasein fristen konnte. In den meisten Fällen wurden die Knechte im Alter aber schlicht und ergreifend an die Luft gesetzt, wenn sie ihre Leistung nicht mehr erbringen konnten.
In romantischen Erzählungen der früheren Jahrhunderte blendete man dies häufig aus oder beschönigte das Ganze. Aber, was wir soeben gehört haben, genau das war die knallharte Realität.
Und diese knallharte Realität gibt es auch heute noch für die Menschen, die den Weg zum Glauben verweigern. Die anderen, also auch wir, sind aus der Knechtschaft herausgetreten und in den Stand der Gotteskindschaft erhoben worden. Den entscheidenden Schritt dafür tat Jesus, als er uns die Türe zum Vaterhaus mit seinem Kreuzestod für unsere Sünden wieder ganz weit aufgestoßen hat.
Durchgehen durch diese Tür müssen wir freilich ganz aus eigenen Stücken. Es wird keiner in den Himmel geschubst oder gestoßen.
Und jetzt wollen wir uns doch einmal unseren Status als Gotteskinder gemeinsam anschauen.
Stellen wir uns doch zusammen die wichtigste Frage, die es gibt: Warum sollte ich den Schritt wagen vom Knecht zum Gotteskind?
1. Der Arbeitnehmer: Der Knecht, so haben wir es gesehen, ist ein ganz normaler Arbeitnehmer. Das Gotteskind unterscheidet sich hier schon einmal grundlegend. Als Gottes geliebte Kinder sind wir mit ihm zusammen an dem Auf- und Ausbau seines Reiches beteiligt. Wir sind nicht mehr die reinen Befehlsempfänger, sondern wir werden von Gott unterwiesen, wie wir dazu beitragen können, sein Reich aufzubauen.
Den eigentlichen Arbeitseinsatz üben wir aber selbständig aus. Und dabei kann es auch mal passieren, dass wir mit unseren Aktionen fatal danebenliegen und vielleicht sogar mehr Schaden als Nutzen anrichten. Dann greift aber eben kein disziplinarischer Richter namens Gott zu seiner Peitsche und maßregelt uns nach allen Regeln der Kunst. Dann nimmt uns Gott liebevoll und väterlich an die Seite und zeigt uns den etwas besseren Weg, den wir anstelle unseres Weges einschlagen können.
2. Der soziale Status: Ab dem Moment unserer Bekehrung werden wir von Gott als Kind in seine Familie aufgenommen. In dieser Familie hat der Vater freiwillig Fürsorgepflichten für alle seine geliebten Kinder übernommen.
Diese Fürsorgepflichten sind im Gegensatz zu einem Knecht von unserer eigenen Leistung vollkommen unabhängig. Unser Vater im Himmel sorgt allezeit für uns, daher ist es für uns als Gottes geliebte Kinder auch vollkommen unnötig, wenn wir uns in unserem Leben Sorgen machen.
Alles, was dem Vater gehört, das gehört uns auch, so lesen wir es im Gleichnis von dem verlorenen Sohn. Wir dürfen also, wenn wir es so wollen, aus dem Vollen schöpfen. Alles, was es im Reich Gottes gibt gehört uns gemeinsam.
So, jetzt haben wir die Sache mit dem Über- und Unterodnungsverhältnis Gott gegenüber geklärt. Aber es gibt ja unter den dienstverpflichteten Knechten auch eine gewisse Rangordnung. Und diese Rangordnung, diese Rangordnung gibt es im Reiche Gottes auch nicht mehr. Jeder, der in dieses Reich kommt, hat die gleichen Rechte und Pflichten. Jeder, aber auch wirklich jeder ist gleich wichtig.
Und damit liebe Gemeinde tun wir uns manchmal schon ein wenig schwer. Machen wir es uns doch immer wieder bewusst, dass wir als bekehrte Christen untereinander eine riesengroße Familie sind, in der z.B. Papst Franziskus genauso wichtig ist wie ein jeder von uns. In der Familie Gottes gibt es keine Rangordnungen. Wir alle haben nur einen Herrn, unseren Vater im Himmel. Und der gibt einem jeden das auf, was er zu tun in der Lage ist.
Untereinander haben wir kein Recht und keine Berechtigung über einen anderen Christen zu herrschen. Das heißt nicht, dass wir ihm nicht zur Seite stehen sollen, wenn er einmal in die Irre gehen sollte. Aber nicht in der guten alten Gutsherrenmanier sondern in liebevoller Hilfe.
3. Das Alter: Wenn wir einmal nicht mehr können, wenn uns das Alter gewisse Beschränkungen auferlegt, dann werden wir von Gott nicht einfach an die Seite geschoben. Gott sorgt auch dann weiter für uns, wenn wir augenscheinlich so gar nichts mehr für den Ausbau seines Reiches tun können. Nach wie vor bleiben wir seine geliebten Kinder.
Der größte Unterschied zum Knecht ist nämlich der, dass wir als Gottes Kinder auch seine Erben sind. Wir haben einen von Gott verbrieften Erbanspruch, der uns schon hier auf Erden zugesprochen wird. Dieser Erbanspruch berechtigt uns nämlich in den Himmel zu kommen.
Als Gottes Kinder werden wir mit unserem Ableben auf Erden im gleichen Moment von unserem Herrn Jesus im Himmel als seine heimgehenden Kinder willkommen geheißen.
Jetzt könnte ja jemand auf die Idee kommen und uns sagen, dass es im Himmel ja doch recht langweilig ist, so auf einer Wolke zu sitzen, christliche Lieder zu singen und ansonsten nichts zu tun zu haben. Das ist aber nicht der Fall. Wenn wir unsere Bibel zu Rate ziehen, dann lesen wir, dass wir im Himmel mit unserem Herrn zusammen regieren werden. Wir werden eines Tages sogar über die Engel zu Gericht sitzen.
Mit Gott zusammen zu sein, mit ihm zusammen zu regieren und stetig von seiner Liebe durchflutet zu werden, was kenn es eigentlich schöneres geben? Grund genug, dass wir unseren Mitmenschen die es noch nicht wissen, die also noch als Knechte unterwegs sind, diesen Königsweg aufzeigen, damit wir später einmal mit ihnen zusammen in der Gegenwart unseres Herrn leben.
Die Annahme von uns als Gottes Kinder beschreibt der Liederdichter Erdmann Neumeister sehr schön in dem 8. Vers seines Liedes: "Jesus nimmt die Sünder an..." (EG 353), der da lautet, wie folgt:
Jesus nimmt die Sünder an; mich hat er auch angenommen und den Himmel aufgetan, dass ich selig zu ihm kommen und auf den Trost sterben kann: Jesus nimmt die Sünder an.
Der Herr segne Dich und behüte Dich Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über Dir und sei Dir gnädig Der Herr hebe sein Angesicht über Dich und gebe Dir seinen Frieden
Amen.
Liebe Gemeinde,
ich wünsche uns allen noch einen gesegneten Sonntag und eine ganz tolle neue Woche unter der immerwährenden Erkenntnis, dass wir vom Knecht zum geliebten Kind erhoben worden sind.
Bleiben Sie alle wohlbehütet. Ihr
Ulrich Naber |