ePredigt vom 13.11.2016 (Römer 8, 18-23) Liebe Gemeinde,
ich begrüße Sie alle ganz herzlich am heutigen vorletzten Sonntag des Kirchenjahres. Den Predigttext für den heutigen Sonntag finden wir im 8. Kapitel des Römerbriefes, die Verse 18-23. Lassen Sie uns diesen zuvor gemeinsam lesen:
Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll. Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbart werden. Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit - ohne ihren Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat -, doch auf Hoffnung; denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick mit uns seufzt und sich ängstet. Nicht allein aber sie, sondern auch wir selbst, die wir den Geist der Erstlingsgabe haben, seufzen in uns selbst und sehnen uns nach der Kindschaft, der Erlösung des Leibes.
Liebe Gemeinde,
unser heutiger Predigttext beschreibt eine Zeitachse. Und zwar eine Zeitachse, die sich von heute bis in die Ewigkeit erstreckt. Lassen Sie uns diese Zeitachse heute morgen einmal etwas genauer betrachten.
1. Hier und Heute
Die Zeit, liebe Gemeinde lesen wir im allgemeinen gern an unseren Uhren ab. Jede Stunde geht der Zeiger einmal herum, um dann von neuem seine Kreise zu ziehen. Dies erweckt ganz einfach den Eindruck, dass nach jeder Stunde alles von vorne beginnt.
Und dies ist der größte Trugschluss unseres Lebens. In Wahrheit leben wir nämlich auf einer Zeitachse, die mit unserer Geburt beginnt und für uns gläubige Christen bei Gott in der Ewigkeit endet. Jede Stunde, die so verstreicht, ist unwiederbringlich verloren. Wir können die Zeit nicht zurückholen. Alles, was hinter uns liegt ist unwiderruflich vorbei.
So schreibt es auch Paulus über das Leiden. Viele Menschen drehen sich ja in ihrem Leiden gerne immer wieder im Kreise. Genau das, sagt Paulus muss nicht so sein. Schon ein einfacher Perspektivwechsel reicht aus, um das Leiden zumindest ein wenig erträglicher zu machen.
Nehmen wir einmal an, wir haben in diesem Jahre einen lieben Menschen zu Grabe getragen. Natürlich kreisen all unsere Gedanken in der Zeit der Trauer um diesen Menschen, um die gemeinsame Zeit, die wir mit ihm verbringen durften und darum warum dieser Mensch von uns gehen musste.
Jetzt machen wir mal den Perspektivwechsel und überlegen uns, dass wir mit jeder Minute, die jetzt verstreicht uns dem Wiedersehen mit diesem Menschen ein Stück weit nähern. Jeder Tag der Trauer ist ein Tag näher an dem Wiedersehen mit den geliebten Menschen dran. Wir können das Leiden natürlich nicht einfach so wegwischen, wir können es aber in Anbetracht der Ewigkeitsperspektive ein wenig erträglicher gestalten.
Auch wir sind auf dem Wege in die Ewigkeit. Daran dürfen wir uns ruhig öfter mal wieder erinnern. In 100 Jahren dürfte keiner von uns mehr in der Lage sein, diese Zeilen zu lesen. Warum sollten wir uns denn daran erinnern ? Nun da lassen wir Punkt 2 mal zu Worte kommen.
2. Die Gefahren im Hier und Jetzt
Wenn wir die Ewigkeitsperspektive aus den Augen verlieren, dann laufen wir sehr schnell Gefahr, uns in unserem Hier und Jetzt so einzurichten, als ob es von Dauer wäre. Schnell verliert man so den Schöpfer aus den Augen, der ja über allem steht.
Wer im Hier und Jetzt verwurzelt ist, der sieht nur das, was vor Augen ist. Das sind häufig die Menschen, die meinen, mit beiden Beinen fest auf dem Boden zu stehen. Gerade, wer mit beiden Beinen fest auf dem Boden steht, dem mangelt es häufig auch an geistiger und körperlicher Beweglichkeit.
Wer sein Heil allein im Hier und Jetzt sucht, der muss jeden Tag seines Lebens wahre Höchstleistungen erbringen. Man hat ja schließlich nicht ewig Zeit all das zu erleben und zu besitzen, was man gerne möchte. Der Traumurlaub in der Karibik, das tolle Auto mit dem springenden Pferd oder dem hüpfenden Jaguar auf der Haube müssen ja schließlich irgendwoher kommen. Also wird geackert, was das Zeug hält, damit man dies alles bewerkstelligen kann.
Das trügerische ist nur, dass, wenn man dies erreicht hat, der Teufel neue Wünsche und Bedürfnisse parat hat, die man natürlich auch noch erfüllen möchte. Und irgendwann klappt man dann mut-und kraftlos zusammen. Ja, liebe Gemeinde, so ist das Leben in der Welt, wenn man Gott außen vor lässt.
Wenn wir hingegen unsere Zeitachse in Gedanken um die Ewigkeit erweitern, sieht die Angelegenheit schon ein wenig anders aus. Ich weiß, dass mit meinem Leben auf Erden eben nicht alles vorbei ist. Wenn das so ist, dann muss ich nicht wie ein gehetztes Reh meine Zeit auf Erden verbringen und möglichst viel in dieses kurze Erdenleben hineinquetschen. Wenn das so ist, dass es eine Ewigkeit für mich in Gottes Nähe gibt, dann kann ich doch alles ein wenig entspannter angehen lassen.
Dann bin ich auch nicht nur auf mich allein und auf die Befriedigung meiner Bedürfnisse fixiert. Nein, dann ist es mir ein Bedürfnis, dass es allen Menschen gut geht. Als Christen haben wir ein gewaltiges Vorrecht. Wir dürfen allen unseren Mitmenschen das Leben auf dieser Erde etwas erträglicher und angenehmer gestalten.
3. Die Ewigkeit
Wie sieht sie denn aus die Ewigkeit, der Himmel oder wie auch immer wir unseren zukünftigen Aufenthaltsort beschreiben mögen ? Es wäre doch schön, wenn wir jetzt schon einen Blick über diese Grenze tun könnten, um mal zu schauen, was uns denn dort so alles erwartet.
Nun, dies ist uns natürlich verwehrt. Endgültig bei Jesus werden wir dann sein, wenn wir unseren irdischen Körper verlassen und unsere himmlische Wohnung beziehen. Aber, liebe Gemeinde, auf Erden können wir mit unseren inneren Augen schon ein Stück weit diese Herrlichkeit spüren, fühlen und erleben.
In dem Moment, wo wir uns bekehrt haben, in diesem Moment zieht der Heilige Geist in unsere Herzen ein und bleibt fortan in uns wohnen. Nicht als stiller Hausgenosse, sondern als Gottes Gegenwart, die uns führt uns leitet und uns begleitet auf unserem weiteren irdischen Lebensweg. Wenn wir uns die Zeit nehmen, Gott in und an uns wirken zu lassen, dann können wir hier auf Erden schon ein Stück weit diese Herrlichkeit spüren, die uns dereinst erwarten wird.
Wenn ich jetzt fragen würde, wer denn von uns allen schon einmal die Nähe Gottes instinktiv gespürt hat, dann würden vermutlich alle aufzeigen. Jeder von uns hat bestimmt schon einmal die Leitung und Führung durch den Heiligen Geist spüren dürfen. Wir alle nehmen uns ja auch die Zeit, um regelmäßig mit Gott zu reden und pflegen so den Kontakt zu ihm.
Daher werden wir als Christen auch gern mal als religiöse Spinner bezeichnet. Es ist nur so, dass jemand, der mit Gott nichts zu tun haben möchte, diese Führung auch gar nicht spüren kann, da sich Gott niemandem gewaltsam aufdrängt. Diese Liebe Gottes, diesen göttlichen Frieden aber kann jeder spüren, der Gott um die Führung seines Lebens bittet.
Wenn wir also alle ganz nahe an Gott dranbleiben, dann dürfen wir gewiss sein, dass ER immer um uns herum ist. Dann werden wir diesen göttlichen Frieden, der höher ist als all unsere Vernunft, unser Leben lang spüren und fühlen bis wir in der Ewigkeit angelangt sind und ihm Auge in Auge gegenüberstehen.
Darum lassen sie uns diese Ewigkeitsperspektive niemals aus den Augen verlieren. Beschäftigen wir uns doch nicht mehr so viel mit dem Leid, was wir auf Erden ertragen müssen, sondern vielmehr mit der Herrlichkeit, die uns dereinst erwartet.
Dann lassen Sie uns jetzt gemeinsam in den 6. Vers des Liedes "Ich bin ein Gast auf Erden..." (EG 529) von Paul Gerhardt einstimmen, der diesen unseren Lebensweg sehr schön wie folgt beschreibt:
So will ich zwar nun treiben mein Leben durch die Welt, doch denk ich nicht zu bleiben in diesem fremden Zelt. Ich wandre meine Straße, die zu der Heimat führt, da mich ohn alle Maße mein Vater trösten wird.
Der Herr segne Dich und behüte Dich Der Herr lasse sein Angsicht leuchten über Dir und sei Dir gnädig Der Herr hebe sein Angesicht über Dich und gebe Dir seinen Frieden
Amen.
Liebe Gemeinde,
ich wünsche Ihnen allen noch einen gesegneten Sonntag und einen guten Start in die neue Woche.
Es grüßt Sie alle ganz herzlich Ihr
Ulrich Naber |