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ePredigt vom 14.06.2020 (Apostelgeschichte 4, 32-37)


Liebe Gemeinde,

ich begrüße Sie alle ganz herzlich am heutigen 1. Sonntag nach Trinitatis. Den Predigttext für den heutigen Sonntag finden wir im 4. Kapitel der Apostelgeschichte, die Verse 32-37. Lassen Sie uns diesen Text zunächst gemeinsam lesen:
Die Gütergemeinschaft der ersten Christen

Die Menge der Gläubigen aber war ein Herz und eine Seele; auch nicht einer sagte von seinen Gütern, dass sie sein wären, sondern es war ihnen alles gemeinsam. Und mit großer Kraft bezeugten die Apostel die Auferstehung des Herrn Jesus, und große Gnade war bei ihnen allen. Es war auch keiner unter ihnen, der Mangel hatte; denn wer von ihnen Äcker oder Häuser besaß, verkaufte sie und brachte das Geld für das Verkaufte und legte es den Aposteln zu Füßen; und man gab einem jeden, was er nötig hatte. Josef aber, der von den Aposteln Barnabas genannt wurde - das heißt übersetzt: Sohn des Trostes -, ein Levit, aus Zypern gebürtig, der hatte einen Acker und verkaufte ihn und brachte das Geld und legte es den Aposteln zu Füßen.

Liebe Gemeinde,

das klingt ja fast zu schön um wahr zu sein. So möchte man doch gerne leben. Jeder bekommt, was er benötigt und jeder gibt das ab, was er übrig hat. Schauen wir uns doch diese Gütergemeinschaft einmal etwas  näher an.

1. Vorreiter des Sozialismus

Ich weiß auch nicht warum, aber die Politiker der Linken scheinen einen Narren an mir gefressen zu haben. Gut, viele Linke sind vermeintlich Atheisten und wollen mich gern aufs Glatteis führen. Und genau, wenn es um ihre Ideale geht, ziehe ich diesen Bibelabschnitt aus der Tasche. Dann ist meist Ruhe im Karton.

Waren die ersten Christen auch die ersten Sozialisten. Nein, ich glaube eher nicht. Wenn ich mir einen sozialistischen Staat anschaue, dann wird der Sozialismus von oben herab den Staatsangehörigen auferlegt.

Weil aber an der Grundproblematik nichts verändert wird, wir also nach wie vor Sünder bleiben, kommt ein derartiges System immer in eine Schieflage. Und dann haben wir im Handumdrehen wieder die Situation, dass es doch einige gibt, die gleicher sind, als andere.

Im Christentum sieht die Grundvoraussetzung aber ganz anders aus. Der Ursprung war, dass alle Christen Vergebung ihrer Sünden erfahren hatten. Wenn mir meine Sünden vergeben worden sind und ich wieder freien Eintritt in den Himmel habe, was kümmert mich dann noch mein Besitz auf Erden?

Wenn ich so denke, dann kann ich gern und willig von dem abgeben, was ich besitze. Und so entstand diese Form des Sozialismus von innen und daher von unten nach oben. Also genau umgekehrt wie dies bei sozialistischen Staaten der Fall ist.

2. Ein Herz und eine Seele

So haben wir es in unserem Predigttext gehört. Ein Herz und eine Seele heißt, dass die Herzen und Seelen der Gemeindemitglieder miteinander derart verbunden waren, dass sie in ihrem Grundverständnis des Zusammenhaltes eins waren.

Das Beispiel einer solchen Gemeinschaft finden wir heutzutage noch in jeder intakten Familie. Die Familie wird zu Recht als Keimzelle der Gesellschaft betrachtet.

In ihr halten alle Familienmitglieder zusammen. Da sollte es nicht vorkommen, dass der eine von allem mehr als genug hat, und der Bruder oder die Schwester gerade mal so über die Runden kommt.

Übertragen wir die einmal auf unserer Großfamilie der Christen. Wenn ich ein Dach über dem Kopf habe, dann habe ich die Pflicht mich derer anzunehmen, denen es eben nicht so gut wie mir geht.

Wenn ich Porsche fahre und ich sehe einen anderen, der sich mit einem Niedriglohnjob und zwei Minijobs so gerade eben über Wasser hält kann ich nicht sagen: Ist halt sein Schicksal. Da bin ich als Christ gefragt, auch wenn es unbequem klingt.

In unserer großen Familie soll einer für den anderen da sein. Das heißt aber auch, dass der Nehmende nicht despektierlich behandelt werden darf. Eine Familie und erst recht die Familie der Christen lebt ja gerade vom gegenseiteigen Nehmen und Geben.

Es geht aber eben nicht nur um Geld. Wir können auch unsere Zeit teilen. Wieviele einsame Menschen leben unter uns, die kaum noch sozialen Kontakt zu der Außenwelt haben. Kümmern wir uns doch um diese Geschwister, damit auch sie wieder an der Gemeinschaft teilhaben können.

Wir können auch unsere Kenntnisse und Fertigkeiten teilen. Wenn ich sehe, dass sich mein Nachbar schwertut mit Behördengängen und diversen Anträgen, dann ist es doch meine Pflicht, ihm beizustehen.

3. Der Knackpunkt

Wenn wir in der Apostelgeschichte nur ein Kapitel weiterlesen, dann stoßen wir auf ein Ehepaar namens Hannanias und Saphira. Diese beiden wollten sich ein Hintertürchen offenhalten bei der Gütergemeinschaft. Für den Fall, dass die ganze Sache doch in die Hose gehen sollte, hatten sie sich von ihrem Besitz etwas an die Seite gelegt.

Ist ja auch verständlich. Nur, und das war das fatale an der Sache. Sie haben dann auch noch Gott angelogen. Und dieser Schuss ging dann für die beiden "Cleverles" mal so richtig nach hinten los.

Und von da an lesen wir in der Bibel auch kaum noch etwas von einer christlichen Gütergemeinschaft. Also machen wir den Deckel drauf und beenden damit die ganze Sache ?

Nein, das tun wir nicht. Die Gütergemeinschaft der ersten Gemeinden bleibt immer noch ein christliches Ideal für uns. Auch nach unserer Bekehrung bleiben wir arme Sünder, die täglich der Vergebung ihrer Sünden bedürfen.

Und genau deswegen sollen und müssen wir uns Tag für Tag an diese christliche Form des Zusammenlebens erinnern. Wir dürfen jeden Tag die Restart-Taste drücken und einen neuen Versuch wagen.

Den Himmel auf Erden werden auch wir nicht hinbekommen, aber wir dürfen unseren Mitmenschen, also unseren Schwestern und Brüdern helfen, ihr Leben auf Erden jeden Tag ein wenig einfacher zu gestalten. Wenn wir dies tun, dann sind wir als Jesu jünger stets auf dem rechten Pfad.

Bitten wir für die Umsetzung dieser Aufgabe unseren Herrn um seinen Beistand, indem wir zum Abschluss des heutigen Gottesdienstes gemeinsam in den ersten Vers des Liedes " Alles ist an Gottes Segen..." (EG 352) einstimmen, der da lautet, wie folgt:
Alle ist an Gottes Segen und an seiner Gnad gelegen
über alles Geld und Gut.
Wer auf Gott sein Hoffnung setzet, der behält ganz unverletzet
einen freien Heldenmut.

Der Herr segne dich und behüte Dich
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über Dir und sei Dir gnädig
Der Herr hebe sein Angesicht über Dich und gebe dir seinen Frieden

Amen.

Liebe Gemeinde,

ich wünsche Ihnen allen noch einen gesegneten Sonntag und einen guten Start in die neue Woche ausgestattet mit dem freien Heldenmut, den wir gerade besungen haben.

Es grüßt Sie alle ganz herzlich
Ihr

Ulrich Naber
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