ePredigt vom 19.05.2019 (Apostelgeschichte 16, 23-34) Liebe Gemeinde, ich begrüße Sie alle ganz herzlich am heutigen 4. Sonntag nach Ostern. Den Predigttext für den heutigen Sonntag finden wir im 6. Kapitel der Apostelgeschichte, die Verse 23-34. Lassen Sie uns diesen Text zunächst gemeinsam lesen: Paulus und Silas im Gefängnis Nachdem man sie hart geschlagen hatte, warf man sie ins Gefängnis und befahl dem Aufseher, sie gut zu bewachen. Als er diesen Befehl empfangen hatte, warf er sie in das innerste Gefängnis und legte ihre Füße in den Block. Um Mitternacht aber beteten Paulus und Silas und lobten Gott. Und die Gefangenen hörten sie. Plötzlich aber geschah ein großes Erdbeben, sodass die Grundmauern des Gefängnisses wankten. Und sogleich öffneten sich alle Türen und von allen fielen die Fesseln ab. Als aber der Aufseher aus dem Schlaf auffuhr und sah die Türen des Gefängnisses offen stehen, zog er das Schwert und wollte sich selbst töten; denn er meinte, die Gefangenen wären entflohen. Paulus aber rief laut: Tu dir nichts an; denn wir sind alle hier ! Da forderte der Aufseher ein Licht und stürzte hinein und fiel zitternd Paulus und Silas zu Füßen. Und er führte sie heraus und sprach: Liebe Herren, was muss ich tun, dass ich gerettet werde ? Sie sprachen: Glaube an den Herrn Jesus, so wirst du und dein Haus selig ! Und sie sagten ihm das Wort des Herrn und allen, die in seinem Hause waren. Und er nahm sie zu sich in derselben Stunde der Nacht und wusch ihnen die Striemen. Und er ließ sich und all die Seinen sogleich taufen und führte sie in sein Haus und deckte ihnen den Tisch und freute sich mit seinem ganzen Hause, dass er zum Glauben an Gott gekommen war. Liebe Gemeinde, diese Geschichte, die wir soeben gehört haben, hat auf den ersten Blick so gar nichts mehr mit Ostern zu tun, oder etwa doch? Lassen Sie uns dieser Frage heute morgen einmal gemeinsam nachgehen. 1. Die Nacht Wenn wir uns die Lebensgeschichte von Paulus anschauen, dann können wir mit Fug und Recht behaupten, dass dieser Mensch nach seiner Bekehrung schon so einiges mitgemacht hat. Und ich meine hiermit keine schönen Erlebnisse. Und das hier, die Verhaftung und die Verbringung in einen, wie wir heute sagen würden Hochsicherheitstrakt, setzt dem Ganzen dann noch die Krone auf. Kein Wunder, dass erst einmal Funkstille herrschte und sich die beiden auf die neue Situation einstellen mussten. Ich könnte mir gut vorstellen, dass sie auch ein wenig an dem zweifelten, was Jesus ihnen zugesagt hatte; nämlich immer bei ihnen zu sein. Wie vielen Menschen geht es heute genau so. Sie sind zwar nicht unschuldig inhaftiert, befinden sich aber in anderen Nächten des Lebens. Da hat jemand seinen geliebten Partner verloren und steht nun ganz und gar allein da. Da erhält jemand die Nachricht einer Erkrankung, die alles andere als harmlos verlaufen kann, und da ist der verlassene Partner, der von heute auf morgen einfach damit fertig werden muss, dass sein Lebenspartner sein Glück woanders sucht. Liebe Gemeinde, da hilft dann nicht mehr das berühmte "Schwamm drüber, wird schon wieder..." Aber trotzdem kommt es dann doch so nach und nach, das 2. Gotteslob Ganz langsam erscheint dann am Ende des Tunnels der Verzweiflung das Licht des Lebens. Anfangs sieht man vielleicht nur ein kleines Aufblitzen, aber dann wird es immer stärker und heller bis es alle Verzweiflung zu überdecken scheint. Dieses Licht des auferstandenen Herrn war niemals weg. Es war nur aufgrund unserer Umstände für uns passagär nicht wahrnehmbar, da uns andere Umstände gefangen genommen hatten. Dieses Licht, liebe Gemeinde, scheint in die Herzen der Menschen hinein, egal unter welchen Umständen diese leben. Es ändert nicht die Umstände, aber die Herzen der Menschen. Denken wir nur an die Christen in China, die trotz ihrer Inhaftierung nicht an dem Glauben verzweifeln. Gottes Liebe bleibt in ihren Herzen. Sie können gar nicht anders, als diesen Herrn, dem sie gehören immer wieder zu loben und zu preisen. Keine Macht der Welt kann dieses Licht in den Herzen dieser Menschen auslöschen. Das konnten selbst die Nazis nicht mit dem Licht, dass in Dietrich Bonhoeffer brannte. Selbst auf dem Gang zu seiner eigenen Hinrichtung trug es ihn durch diesen letzten Weg hindurch. 3. Es kommt noch besser Wenn ich Gott lobe, dann trete ich in die zweite Reihe zurück und gebe allein dem die Ehre, dem mein Leben gehört. Und dies hat ganz praktische Konsequenzen. Mein Gotteslob wirkt ansteckend. Die Mitgefangenen hörten ja auch das Gotteslob von Paulus und Silas. Und meuterten sie dagegen Nein, keinesfalls. Gottes Macht wirkt direkt. Wie wir gehört haben, ist die Macht Gottes stärker als alle Fesseln und Mauern. Gott macht frei von allen Fesseln, die auch uns scheinbar unwiederbringlich angelegt sind. Gott kann auch Mauern, die uns unüberwindlich erscheinen, ins Wanken und zum Einstürzen bringen. Die Mitgefangenen von Paulus und Silas haben dies ja am eigenen Leibe erlebt, wie Gott auch ihre Fesseln abstreifte und auch ihre Zellenwände einstürzten. Sind sie dann abgehauen? Nein, sie machten an der Stelle, wo Gott sie hineinversetzt hat das Beste aus ihrem Leben zu seiner Ehre. Gott hatte ihnen allen, und will auch uns allen, durch seine Macht und Kraft seinen göttlichen Frieden in unsere Herzen hineinlegen. Egal, wie auch immer unsere äußeren Umstände sein mögen, dieser tiefe innere Frieden wird niemals von uns weichen. Und damit ist auch ersichtlich, dass unsere Geschichte sehr wohl etwas mit Ostern zu tun hat. Denn diese Tür zu Gott, diese Türe hat unser Herr durch seinen stellvertretenden Kreuzestod für uns wieder aufgetan. Und wir, die wir heute beisammen sind, sind alle eingeladen, diese frohe Botschaft allen Menschen zu sagen, die sie noch nicht kennen. Wie nahe uns Gott jeden Tag ist beschreibt auch schon der Liederdichter Jochen Klepper in seinem Lied " Er weckt mich alle Morgen..." (EG 452), dessen 4. Vers lautet wie folgt: Er ist mir täglich nahe und spricht mich selbst gerecht. Was ich von ihm empfahe, gibt sonst kein Herr dem Knecht. Wie wohl hat's hier der Sklave, der Herr hält sich bereit, dass er ihn aus dem Schlafe zu seinem Dienst geleit. Der Herr segne Dich und behüte Dich Der Herr lasse sein Angsicht leuchten über Dir und sei Dir gnädig Der Herr hebe sein Angesicht über Dich und gebe Dir seinen Frieden Amen. Liebe Gemeinde, ich wünsche Ihnen allen noch einen gesegneten Sonntag und einen guten Start in die neue Woche. Es grüßt Sie alle ganz herzlich Ihr Ulrich Naber |