| ePredigt vom 23.08.2020 (Lukas 18, 9-14) Liebe Gemeinde, ich begrüße Sie alle ganz herzlich am heutigen 11. Sonntag nach Trinitatis. Den Predigttext für den heutigen Sonntag finden wir im Lukasevangelium, Kapitel 18, die Verse 9-12. Lassen Sie uns diesen Text zunächst gemeinsam lesen: Vom Pharisäer und Zöllner Er sagte aber zu einigen, die sich anmaßten, fromm zu sein, und verachteten die andern, dies Gleichnis: Es gingen zwei Menschen hinauf in den Tempel, um zu beten, der eine ein Pharisäer, der andere ein Zöllner. Der Pharisäer stand für sich und betete so: Ich danke dir, Gott, dass ich nicht bin wie die andern Leute, Räuber, Betrüger, Ehebrecher oder auch wie dieser Zöllner. Ich faste zweimal in der Woche und gebe den Zehnten von allem, was ich einnehme. Der Zöllner aber stand ferne, wollte auch die Augen nicht aufheben zum Himmel, sondern schlug an seine Brust und sprach: Gott, sei mir Sünder gnädig ! Ich sage euch: Dieser ging gerechtfertigt hinab in sein Haus, nicht jener. Denn wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden. Liebe Gemeinde, dieses Gleichnis kennen wir sicherlich alle. Die Überschrift möchte ich ein wenig abändern und sie "Tatort Tempel" nennen. Schauen wir uns doch einmal zusammen an, was an diesem Tatort alles passiert: 1. Der Pharisäer Wenn wir uns den Pharisäer einmal näher betrachten, dann scheint er ein ganz normaler Mensch zu sein. Vielleicht sogar noch besser, als wir alle. Denn er fastete zweimal in der Woche und gab von allem, was er hatte, den Zehnten. Ich gehe einmal davon aus, dass wir dies im Allgemeinen nicht machen. Er ist bestimmt in einem ordentlichen Elternhaus aufgewachsen; danach hat er sein Studium mit Bravour hinter sich gebracht und auch einen steile theologische Karriere hingelegt. Doch schauen wir uns einmal an, was er macht. Gut, er fastet. Aber nicht für Gott, sondern für sich selber und damit er die Anerkennung seiner Mitmenschen erhält. Gut, er gibt den Zehnten. Aber dies, ohne jemals den sozialen Kontakt zu den Bedürftigen zu haben. Und natürlich dürfen alle wissen, was er für ein honoriges Kerlchen ist. Und dann dankt er Gott auch noch dafür, dass er eben nicht so ist, wie die Menschen um ihn herum. Grundsätzlich ist dagegen auch nichts einzuwenden. Ich bin auch froh, dass ich kein Räuber, Betrüger und Ehebrecher bin. Aber der Pharisäer benötigt andere, aus seiner Sicht kleinere Menschen, um selber groß zu erscheinen. In seinem Gebet dreht sich nichts um Gott und die Gnade der Vergebung der Sünden. In seinem Gebet geht es ausschließlich um ihn selbst. Eine Gebetsegaomanie in Reinkultur. Der Pharisäer geht also mit einer falschen Gesinnung zum Gebet. Und weil wir schon von Tatort reden, ist dies ein Verbrechen gegenüber unserem Herrn, welches bestraft werden muss und auch bestraft werden wird. 2. Der Zöllner Hier haben wir das absolute Gegenteil zu unserem Pharisäer. Die Zöllner waren schon eine ganz besondere Spezies. Sie trieben für die Besatzungsmacht die Zölle ein und setzten noch einen oben drauf, indem sie auch noch zusätzlich in die eigene Tasche wirtschafteten. Und doch muss ihn irgendetwas geritten haben, dass er, der Betrüger und Kollaborateur der Besatzungsmacht in den Tempel geht um zu beten. Er hatte erkannt, dass er der minderwertigste Mensch vor Gott war. Und deshalb traut er sich im Tempel auch nicht die übliche, nach oben gerichtete Gebetshaltung einzunehmen. Betrübt von seiner eigenen Sünde schaut er nach unten. Zudem steht er nicht inmitten des Tempels, sondern abseits in irgendeiner Ecke, um ja nicht von den honorigen Gemeindemitgliedern gesehen zu werden. Er sucht Vergebung von ganzem Herzen. Er legt sein ganzes verkorkstes Leben Gott vor die Füße. Er macht auch nicht andere Menschen für sein Schicksal verantwortlich. Er weiß, was er getan hat und wie er vor Gott dasteht. Und dann sagt er den entscheiden Satz. Gott, sei mir Sünder gnädig! Im Gegensatz zum Pharisäer stand Gott im Mittelpunkt seines Gebetes. Er plapperte auch nicht viel daher, sondern brachte sein Anliegen direkt vor Gott. Er legte also, um wieder beim Tatort zu bleiben, ein Geständnis ab. Auch wenn sich ein Geständnis strafmildernd auswirkt erfolgt dennoch eine Bestrafung. Doch diese Bestrafung, liebe Gemeinde, hat unser Herr am Kreuz auf sich genommen. Daher dürfen wir ihm alle unsere Sünden zu Füßen legen und ihn um Vergebung bitten. Und diese wird er uns gewähren, wenn wir in derselben Herzenshaltung wie der Zöllner zu ihm kommen. 3. Jesus Jetzt betritt Jesus den Tatort und spricht sein Urteil indem er uns sagt, dass der Zöllner gerechtfertigt nach Hause geht, und der Pharisäer in seinen Sünden bleibt. Wer sich selbst erhöht, der wird erniedrigt werden; und wer sich selbst erniedrigt, der wird erhöht werden. Klar, dass haben wir ja soeben zusammen erarbeitet. Was soll also dieser Satz zum Schluss? Jesus macht uns damit darauf aufmerksam, dass in jedem von uns auch ein Pharisäer und nicht nur der Zöllner steckt. Wie schnell sind wir versucht uns und unsere Gaben und Aufgaben in der Gemeinde in den Mittelpunkt zu stellen. Und wie schnell sind wir beleidigt, wenn unser Engagement nicht entsprechend gewürdigt wird. Wir leben in der ständigen Gefahr nach dem Motto zu leben: "Ich, mich meiner, mir, Jesus segne diese vier". Und darum sollen wir höllisch aufpassen, dass wir nicht mit einer solchen Einstellung in der Hölle landen. Nur wenn wir uns ständig bewusst sind, dass wir auch nach unserer Bekehrung arme Sünder sind und bleiben, nur wenn wir uns ständig bewusst sind, dass wir der ständigen Vergebung unseres Herrn bedürfen, nur wenn wir uns immer wieder bewusst sind, dass wir nur in der Gegenwart unseres Herrn die Seligkeit erlangen können, nur dann sind wir auf der sicheren Seite und werden, um noch ein letztes Mal bei dem Tatort zu bleiben, einen Freispruch erhalten. Um uns daran zu erinnern, dass unser Herr alle Sünder annimmt, lassen Sie uns zum Abschluss des heutigen Gottesdienstes gemeinsam in den ersten Vers des Liedes "Jesus nimmt die Sünder an..." (EG 353) des Liederdichters Erdmann Neumeister einstimmen, der da lautet, wie folgt: Jesus nimmt die Sünder an. Saget doch dies Trostwort allen, welche von der rechten Bahn auf verkehrten Weg verfallen. Hier ist, was sie retten kann: Jesus nimmt die Sünder an. Der Herr segne dich und behüte Dich Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über Dir und sei Dir gnädig Der Herr hebe sein Angesicht über Dich und gebe Dir seinen Frieden Amen. Liebe Gemeinde, ich wünsche Ihnen allen noch einen gesegneten Sonntag und einen guten Start in die neue Woche. Es grüßt Sie alle ganz herzlich Ihr Ulrich Naber |
|
| |
|