ePredigt vom 28.06,2020 (Micha 7, 18-20) Liebe Gemeinde,
ich begrüße Sie alle ganz herzlich am heutigen 3. Sonntag nach Trinitatis. Den Predigttext für den heutigen Sonntag finden wir bei dem Propheten Micha im 7. Kapitel, die Verse 18-20. Lassen Sie uns diesen Text zunächst gemeinsam lesen: Wo ist solch ein Gott, wie du bist, der die Sünde vergibt und erlässt die Schuld denen, die übrig geblieben sind von seinem Erbteil; der an seinem Zorn nicht ewig festhält, denn er ist barmherzig ! Er wird sich unser wieder erbarmen, unsere Schuld unter die Füße treten und alle unsere Sünden in die Tiefen des Meeres werfen. Du wirst Jakob die Treue halten und Abraham Gnade erweisen, wie du unsern Vätern vorzeiten geschworen hast. Liebe Gemeinde,
was für eine Verheißung, die wir da bereits im Alten Testament hören. Viele unserer Mitmenschen sind ja sehr auf das Neue Testament fixiert und sehen in dem Alten Testament nicht mehr als ein teils grausames Geschichtsbuch. Aber schon im Alten Testament tat Gott den Propheten mit, was dereinst passieren sollte.
Lassen Sie uns daher den zentralen Satz aus unserem heutigen Predigttext einmal etwas intensiver betrachten:
1. Er wird sich unser wieder erbarmen
In der Liturgie singen wir es fast jeden Sonntag, das "Herr erbarme dich...". Haben wir uns eigentlich schon einmal Gedanken darüber gemacht, was sich hinter dem Wort "erbarmen" verbirgt ?
Nun, wenn wir uns den Urtext anschauen, dann finden wir dort das Wort "raham". Raham bedeutet die liebevolle, helfende und schützende Zuwendung einer Mutter.
Liebevoll, so betrachtet uns unser Vater im Himmel. Er liebt alle seine Geschöpfe, auch wenn sie noch nicht seine Kinder geworden sind. Liebevoll schaut er auf sie und wartet sehnsüchtig darauf, dass sie sich zu ihm bekehren.
Unser Vater will uns aber auch helfen, wenn wir unser Leben mit ihm gehen. Die helfende Zuwendung geschieht auch durch unsere Geschwister im Glauben, die uns zur Seite stehen, wenn wir Hilfe benötigen. ER lässt seine Kinder jedenfalls niemals im Regen stehen.
ER will uns schützen und beschützen auf unserem gesamten Lebensweg. Schützen wovor ? Zum einen davor, dass wir in die Irre gehen und zum anderen vor den Fallen die uns der Teufel immer wieder aufstellt. Die Fallen, die uns der Teufel stellt dürfen wir uns durchaus als ein Minenfeld vorstellen. Den Kompass, den wir benötigen, um sicher durch dieses Minenfeld zu gelangen, den schenkt uns unser Herr.
Raham bedeutet aber noch mehr. Es bedeutet auch eine lebensfördernde und verantwortungsvolle Fürsorge.
Wenn wir uns nur an das vorher gesagte erinnern, dann könnte man fast meine, wir seien Gottes Marionettentheater, welches er autark dirigiert. So ist es sicherlich nicht. Die lebensfördernde und fordernde Fürsorge besteht darin, dass Gott uns zwar den Weg zeigt, gehen müssen wir ihn aber schon selber.
Verantwortungsvolle Fürorge bedeutet, dass uns unser Herr auch loslässt und uns alleine marschiren lässt, aber niemals ohne uns daran zu erinnern, dass ER stets nur ein Gebet weit von uns entfernt ist.
2. Er wird unsere Schuld unter die Füße treten
Wenn ich Pappkartons entsorge, dann kann ich sie manchmal nicht zerreißen. Also trete ich solange auf diesen herum, bis sie vollkommen platt sind und abtransportiert werden können. Man kann sie dann auch nicht mehr als das erkennen, was sie einmal waren.
Gott tritt unsere Schuld mit Füßen. Der große Sündenberg, der uns von Gott trennt, dieser große Berg wird zu einem kleinen Haufen zusammengetreten.
Dies tat unser Herr, als er unsere Schuld auf sich geladen hat, und am Kreuz stellvertretend für einen jeden unter uns gestorben ist.
3. Er wirft unsere Sünden in die Tiefe des Meeres
Wenn ich so an meine Pappkartons denke, dann liegen sie immer noch irgendwo rum und erinnern mich daran, dass ich sie abtransportiere.
Und jetzt kommen wir zu einem Phänomen. Viele Menschen nehmen zwar die Erlösungstat unseres Herrn gern im Glauben an. Aber sie schauen immer wieder und wieder auf ihre bereits vergebenen Sünden, obwohl der Herr bereits dafür bezahlt hat.
Also müssen diese Sünden für immer entsorgt werden. Das tut Gott, indem er sie in die Tiefen des Meeres wirft und ein Schild davor aufstellt mit der Aufschrift: "Fischen verboten".
Es hilft uns ellen denkbar wenig, wenn wir uns immer und immer wieder über Sünden Gedanken machen, welche bereits vor Gott als getilgt gelten. Das macht uns auf Dauer nur griesgrämig und miesepetrig. Und von einem fröhlichen Christenleben kann dann keine Rede mehr sein.
Gewiss, manchmal sind wir versucht, am Ufer des Meeres zu stehen, in dessen Tiefe unsere Sünden liegen. Dann soll uns Gottes Verbotsschild immer wieder sofort daran erinnern, dass wir umkehren sollen.
Daher dürfen wir auch bei neuerlich begangenen Sünden nachdem wir diese zu Gott getragen haben immer wieder einen fröhlichen Neuanfang wagen.
Lassen Sie uns dafür dankbar sein, indem wir zum Abschluss des heutigen Gottesdienstes gemeinsam in den ersten Vers des Liedes "Mir ist Erbarmung widerfahren..." (EG 355) des Liederdichters Philipp Friedrich Hiller einstimmen, der da lautet, wie folgt: Mir ist Erbarmung widerfahren, Erbarmung deren ich nicht wert; das zähl ich zu dem Wunderbaren, mein stolzes Herz hat's nie begehrt. Nun weiß ich das und bin erfreut und rühme die Barmherzigkeit. Der Herr segne Dich und behüte Dich Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über Dir und sei Dir gnädig Der Herr hebe sein Angesicht über Dich und gebe Dir seinen Frieden
Amen.
Liebe Gemeinde,
ich wünsche Ihnen allen noch einen gesegneten Sonntag und einen guten Start in die neue Woche.
Es grüßt Sie alle ganz herzlich Ihr
Ulrich Naber |